Gasversorgung : IV-Präsident Knill: "Es braucht eine Entwöhnung von Subventionen"

Georg Knill

IV-Präsident Georg Knill: Wegen des auf 50 Euro pro Megawattstunde gesunkenen Gaspreises werde die Industrie die budgetierten 7 Milliarden Euro nicht in voller Höhe brauchen.

- © Marija Kanizaj

Der Chef der Industriellenvereinigung (IV), Georg Knill, drängt angesichts der zuletzt wieder gestiegenen Abhängigkeit Österreichs von russischem Erdgas darauf, auszusteigen. "Wir dürfen uns auf diese Quelle nicht mehr verlassen", sagte Knill am Sonntag in der ORF-"Pressestunde".

Angesprochen auf den Liefervertrag der OMV mit Gazprom, der von 2018 bis 2040 verlängert wurde, sagte Knill, man habe sich mit Russland "komplett verkalkuliert". Österreich sei, so Knill, "hinters Licht geführt worden".

Wo die Industrie das meiste Gas benötigt

Trotz wieder steigender russischer Liefermengen müsse Österreich weiterhin davon ausgehen, dass Russland von heute auf morgen kein Gas mehr liefern werde, so Knill. Entsprechend sei es wichtig, eine verlässliche und kostengünstige Gasversorgung für die nächsten Jahre sicherzustellen. Dafür brauche es andere Lieferländer wie Norwegen oder die Golfstaaten und eine Infrastruktur für den Import, etwa Flüssiggasterminals und Pipelines.

Knill schätzt, dass die staatliche Energieförderung nicht in vollem Umfang greifen wird. Wegen des auf 50 Euro pro Megawattstunde gesunkenen Gaspreises werde die Industrie die budgetierten sieben Milliarden Euro nicht zur Gänze benötigen, so Knill. Er zeigte sich zuversichtlich, dass die Unternehmen nicht mehr in die Situation eines Energiemarktversagens kommen werden.

Nach den massiven Staatshilfen, zuerst in der Corona- und dann in der Energiekrise, gelte es aber, von den staatlichen Geldern wegzukommen, sagte Knill. Man müsse wieder weg von der Hilfe und zurück zur Eigenverantwortung. Bei Forderungen nach mehr Hilfe werde sich die IV zurückhalten. "Wir müssen uns auch selbst bei der Hand nehmen", so Knill.

Den Arbeitsmarkt in Österreich bezeichnete der IV-Chef als "positiv angespannt". Es gebe mehr als 200.000 offene Stellen, die nicht besetzt werden könnten. "Wir haben quasi Vollbeschäftigung." Knill sagte, es gehe darum, alle Potenziale auszuschöpfen: Das größte Potenzial sieht er bei der Teilzeit. Er ortet hier auch Fehlanreize – dadurch, dass Teilzeitarbeit steuerlich bessergestellt werde als Vollzeitarbeit.

Ein weiteres Potenzial bestehe bei ausländischen Arbeitskräften. Notwendig sei eine verstärkte Einwanderung über die Rot-Weiß-Rot-Karte. Standortmarketing und aktives Anwerben von Arbeitskräften aus dem Kosovo und Bosnien sowie aus Südamerika und Südostasien seien notwendig. Knill warnte, dass in den nächsten Jahren mehr als 500.000 Arbeitskräfte fehlen werden.

Nie mehr eine wichtige News aus der Industrie verpassen? Abonnieren Sie unser Daily Briefing: Was in der Industrie wichtig wird. Täglich um 7 Uhr in ihrer Inbox. Hier geht’s zur Anmeldung!


Der Industrievertreter sprach sich auch für den Freihandel aus. Beim geplanten Mercosur-Abkommen mit Argentinien, Brasilien, Paraguay und Uruguay gehe es nicht nur um argentinisches Rindfleisch. Es gehe auch um Absatzmärkte für österreichische Exporteure. Als Argument für das Mercosur-Abkommen nannte Knill den Klimaschutz: Die Länder würden sich im Freihandelsabkommen auch verpflichten, das Pariser Klimaschutzabkommen einzuhalten. (apa/red)

Ein Gasspeicher des Energiekonzerns OMV
OMV-Gasspeicher: Österreich und die OMV haben "mit Russland komplett verkalkuliert" sagte IV-Präsident Georg Knill. - © YouTube/ OMV