20 Manager über Trumps Handelsstreit : Trump vs China: "Europa muss seinen Platz finden"
Inhalt
- Trump: EU ist ein bösartiges "Mini-China"
- HPW Metallwerk: Zölle als Drohkulisse für Nickel-Geschäft
- Plansee: Strategie-Shift nach Decoupling
- Bekum Maschinenfabrik: Kunden zahlen bereitwillig für "made in USA"
- Beatrix Praeceptor, CEO Greiner Packaging: "Kulturell liegt uns der US-Markt natürlich näher"
- Knill-Gruppe: Heimmarkt Europa mit Problemen
- Herakles: Bärendienst der Gewerkschaft
- Rosenbauer: US-Gesellschaft als "natural hedge".
- Umdasch: China immer stärker versiegelt
- Wittmann Technology: Studium von Zolltarifnummern
- Lisec: USPs als Antwort auf US-Preispolitik
- Palfinger: Reindustrialisierung im großen Stil
- Engel-CEO Stefan Engleder: "Können Abhängigkeit von China dämpfen"
- Astotec Automotive: Produktionskapazitäten in China installiert
- Pöttinger: Neuordnung transatlantischer Handelsbeziehungen
- Kapsch TrafficCom: Lateinamerika abwartend
- SAG: Supply Chains nach China in Frage gestellt

Warum Europa im Handelskrieg USA vs China nicht lachender Dritter ist.
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Warum Europa im Handelskrieg USA vs China nicht lachender Dritter ist.
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"In der Ära Trump Eins ein Unternehmen in den Staaten gründen zu wollen war schon eine interessante Erfahrung, ich dachte eigentlich, in Amerika ist jeder willkommen": Doch die viel gepriesene Willkommenskultur der Staaten hielt dem Realitätscheck nicht stand. Das Vorhaben von SAG-Chefin Karin Exner-Wöhrer, vor einigen Jahren im Raum Detroit an einem Standort gebündelt Logistik und Gießereiwesen hochzuziehen, zerschellte an den Realitäten. Alles zog sich bei dem Vorhaben inmitten der Pandemie hin, SAG wollte einen europäischen Mitarbeiter implementieren, der lange - zu lange - keine Aufenthaltsgenehmigung erhielt. "Wir mussten die Pläne letztlich verwerfen und den Weg über Kanada gehen", sagt Exner-Wöhrer.
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Nun also die Ära Trump Zwei. "Lassen wir ihn einmal starten", sagt Exner-Wöhrer - wissend, dass es "jetzt womöglich nicht lustiger wird". Ein kalter Wirtschaftskrieg zeichnet sich ab, wirtschaftlich rechnet die Managerin für Europa bestenfalls mit einer Seitwärtsbewegung. Was Europa jetzt tun kann? Einen Schritt zurückzumachen", um festzustellen, dass nur durch den Abbau von Handelshemmnissen Wohlstand entstanden ist". Ihre Hoffnung: Keine europäische Eskalation über Sanktionen und Abschottung. "Heben wir uns wohltuend von China und USA ab".

Trump: EU ist ein bösartiges "Mini-China"
Europa sieht gebannt gen Westen: Wird Trump, der die EU im Wahlkampf als "Mini-China, das die USA nur ausnutzen wolle" bezeichnete, mit Strafzöllen ernst machen? Wird es China wirklich mit pauschalen Zöllen von 60 Prozent treffen - und plant die neue US-Administration auch "gigantische Vergeltungsmaßnahmen" für den allzu China-freundlichen Kurs Europas, wie die amerikanische Handelskammer es als ausgemacht sieht? Melanie Vogelbach, Bereichsleiterin Internationale Wirtschaftspolitik und Außenwirtschaftsrecht bei der DIHK, weiß um die Verflechtung Deutschlands mit USA und China: Mehr als 5000 deutsche Unternehmen seien in China tätig, knapp 6000 in den USA. "Unsere Lieferketten sind aufs engste über beide Regionen hinweg miteinander verflochten", sagt sie.
Dem Druck auf Europa, sich für eine Seite entscheiden zu müssen, müsse man standhalten: "Ohne China zu wirtschaften ist keine Option", sagt sie. Es brauche aber eine China-plus-1- oder -plus-2-Strategie. Was den Aufbau separater Kreisläufe bedinge, ein schmerzhafter, kostenintensiver Prozess. "Diversifikation von Lieferketten ist dennoch das Gebot der Stunde", sagt sie, weshalb sie sich auch einen Abbau von Bürokratie in Europa wünsche. Ihre Hoffnung: "Dass die EU-Kommission abgewogen und smart auf Drohszenarien reagiert". Und abschreckende Pläne für Abwehrzölle in der Schublade hat. Dort sollen sie im Idealfall auch verbleiben. "Ein Hochschaukeln einer eskalierenden Zollspirale ist für beide Seiten ein Minusgeschäft", sagt sie.

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Donald Trump mit Elon Musk beim Start der Megarakete Starship von SpaceX zu einem Testflug von der Starbase in Boca Chica, Texas am 19. November
- © Brandon Bell / AP / picturedesk.comDie Präsidentin der Europäischen Kommission, Ursula von der Leyen, und Südafrikas Präsident Cyril Ramaphosa unterhalten sich während einer Sitzung von Global Citizen Now am 17. November in Rio de Janeiro im Vorfeld des G20-Gipfels.
- © PABLO PORCIUNCULA / AFP / picturedesk.comChinas Präsident Xi Jinping erhält militärische Ehren, als er am 20. November zu einem Treffen mit Brasiliens Präsident Luiz Inacio Lula da Silva im Planalto-Palast in Brasilia eintrifft.
- © EVARISTO SA / AFP / picturedesk.comHPW Metallwerk: Zölle als Drohkulisse für Nickel-Geschäft
Ohio, South Carolina oder doch Tennessee? 2025 wird für HPW ein Wahljahr: Die Linzer werden die "site selection" in den USA vornehmen. Eigentlich wollte der Hersteller von isolierten Flachdrähten - Jahresumsatz 2023/24: 160 Millionen Euro - nach ursprünglichen Plänen bereits 2025 in Übersee mit der Serienproduktion starten. Doch es kam ein wenig anders. Am Vorhaben, nicht ohne Auftrag nach Amerika zu gehen, hat sich nichts geändert. Doch statt einer Großnominierung aus der Elektromobilität gibt es jetzt derer vier in überschaubarerem Rahmen. "Das Volumen verteilt sich damit auf mehrere Beine, das Klumpenrisiko ist gebannt", kann Harald Lackner, CSO des Unternehmens, dem einiges abgewinnen.
Der Deutsch-Mexikaner Jan Seumenicht, seit 20 Jahren im Automotive-Geschäft tätig und ein höchst erfahrener Mann im Aufbau von Werken wie zuletzt für ZKW in Mexiko, soll das HPW-Werk hochziehen. Um erstmal die Zeit zu überbrücken, leitet er ab Jänner in Österreich die Extrusionsfertigung. 2026 will HPW in den Staaten dann "Zug um Zug die Produktion aufnehmen" und das Werk auftragsbezogen ausbauen. Für Lackner, der in den USA lebte und das Land von innen gesehen hat, macht der Schritt - auch nach der Wahl Trumps - Sinn. "In punkto Energieverfügbarkeit und -kosten ist es günstiger in die USA zu gehen als nach Mexiko", sagt er. Und er erwartet infolge des republikanischen Sieges als lokaler Produzent keine großen Auswirkungen. Trump werde die lokale Industrie stützen. "Wir gehen davon aus, dass sich das auch in zusätzlichen Importzöllen niederschlägt". Die Entscheidung, den HPW-Standort in den USA aufzubauen, sei vor diesem Hintergrund "absolut richtig gewesen“, sagt Lackner.
Doch macht man einen Schritt heraus aus der E-Mobilität, ergibt sich für HPW ein völlig anderes Bild. Denn neben dem zweiten Geschäftssegment Wind - man liefert hier ausschließlich innerhalb Europas isolierte Kupferflachdrähte für die Errichtung von Windgeneratoren - unterhält man auch ein drittes Geschäftssegment Industry. Dieses traditionelle – und damit typisch europäische - Geschäft ist rund 60 Millionen Euro schwer, pro Jahr werden über 2.000 Tonnen Rund- und Flachdrähte aus Nickellegierungen vorwiegend in die Schweißindustrie exportiert. Auch nach China, dort sind die Absatzmengen aber gering. Das US-Geschäft dagegen macht 15 Prozent aus. "Hier fallen schon heute je nach Produkt Zölle in der Höhe von vier bis fünf Prozent an", rechnet Lackner vor. Nach dem Wahlabend ist klar: In den USA ist wohl mit einer restriktiven Handelspolitik zu rechnen. "Wir gehen davon aus, dass Zollerhöhungen in allen erdenklichen Bereichen diskutiert und umgesetzt werden", rechnet Lackner mit Handelshemmnissen im Segment Industry.
"Portfoliobereinigungen"
Ein Wettbewerbsnachteil, auf den Lackner just in diesem traditionellen Business mit "Portfoliobereinigungen" reagieren müsste. "Diese potenziellen Umsatzeinbußen wären für HPW zwar ärgerlich, auf der anderen Seite konsolidiert der Markt und bietet für uns als etablierter Spieler aktuell auch Chancen, weitere Marktanteile zu gewinnen", sagt Lackner. Insofern sei die Entwicklung auch hier nicht kritisch, auch wenn es sich um einen in der Tendenz gesättigten Markt handelt. Treiber für das weitere Wachstum von HPW ist und bleibt die Elektromobilität, „hier wird auch weiter die Musik spielen“, sagt Lackner.

Plansee: Strategie-Shift nach Decoupling
"Unsere Strategie war lange, Produkte wenn möglich nur einmal auf der Welt zu produzieren", sagt Karlheinz Wex, Vorstandsvorsitzender des Hochleistungswerkstoffherstellers Plansee. Logistikkosten? Waren bei dem Wert des Produkts, das die Reutter da auf die Reise schickten, in der Regel vernachlässigbar. Ausnahmen von dieser goldenen Plansee-Regel? Gab es überall dort, wo der freie Handel durch Barrieren stark beeinträchtigt war. Etwa am indischen Subkontinent Mitte der Neunziger. Speziell für den Werkzeugbereich war dieser durch Zölle hochgradig abgeschottet. "Durch eine lokale Produktion erarbeiteten wir uns eine sehr gute Marktposition", sagt Wex.
Was also ist passiert, dass sich die Tiroler von ihrer Strategie zum Teil lösten und heute in allen Wachstumsregionen – etwa im Werk Pennsylvania für die USA - immer mehr "local for local" produzieren? Schon unter der Trump-Administration 1 - und noch vor der Covid19-Pandemie - habe sich "ein Decoupling abgezeichnet", sagt Wex. Das läutete das Ende "der sehr fokussierten Produktionsstrategie" Plansees ein. Die Abschottung Chinas und den USA, dazu die Schwäche des europäischen Heimmarkts wirken jetzt - nur wenige Jahre später - als Brandbeschleuniger. "Natürlich versucht man in Europa weiter zu investieren", sagt Wex etwa über die Halbleiterindustrie. Doch das könne nicht darüber hinwegtäuschen, dass "nach Asien und Amerika und einer stornierten Intel-Fabrik in Deutschland sehr lange nichts kommt", so Wex. In Automotive und Maschinenbau durchlebe Europa wohl noch länger eine Schwächeperiode.
Relevante Wachstumsregionen
Aus dieser Basisannahme heraus identifiziert der Manager heute Nordamerika, China und Indien als die drei für sein Unternehmen relevanten Wachstumsregionen. "Wir werden dort investieren und Produktionskapazitäten ausbauen, wo wir schneller wachsen und wo es auf Abschottungstendenzen eine Antwort braucht", sagt Wex. Es braucht dazu gar nicht den Bau neuer Standorte, denn Plansee sei heute in diesen Ländern mit Werken gesetzt. "Je nach Bedarf investieren wir mehr oder weniger", sagt der Vorstandschef. In den USA müsse man "abwarten, ob bei all dem Protektionismus, der kommt, am Ende konjunkturell gesteigerte Dynamik zu erwarten ist".
Weil das Tiroler Unternehmen diese Entwicklungen frühzeitig antizipiert hat, sehe er, Wex, auch einer zweiten Amtsperiode Trumps - er hätte vor einem Jahr noch auf den Wahlsieg der Demokraten gewettet - gelassener entgegen. Zumindest solange dieser eher dahingehend agiere, die Zollpolitik gegenüber China zu verschärfen. "Das könnte einen Vorteil bringen", sagt Wex. Vorbereitet müsse man jedenfalls auf alle Szenarien sein. Dass Mexiko und Kanada nach dem USMCA Review 2026 ein sichererer Hafen bleiben werden, davon ist er fast sicher: "Trump hat USMCA 2018 unterzeichnet". Nicht unwahrscheinlich jedoch: Dass Trump das Review als Druckmittel verwendet, um "eigene Interessen durchzusetzen".

Bekum Maschinenfabrik: Kunden zahlen bereitwillig für "made in USA"
"Unsere nächsten größeren strategischen Investitionen werden wir nicht in Europa tätigen, sondern in den USA oder Asien", sagt Michael Mehnert. Er ist Geschäftsführender Gesellschafter der auf Extrusions-Blasformmaschinen spezialisierten Bekum Maschinenfabrik, im niederösterreichischen Traismauer domiziliert. Natürlich sei die Stagnation in Europa bedauerlich, als Familienunternehmen, das 2024 nur einen hauchzarten Gewinn im Europageschäft einfährt, "macht man sich natürlich so seine Gedanken", sagt Mehnert. Europa, erstarrt im Föderalismus, sei, so Mehnert, ein schwieriges Pflaster geworden. Das war nicht immer so. Lange Jahre habe der Handel zwischen den Blöcken Wohlstand gebracht. "Europäische Autos und Maschinen gingen nach China, im Gegenzug bekamen wir günstige Konsumwaren", sagt Mehnert. Damit ist es vorbei. Die chinesischen Maschinenbauer für Extrusions-Blasformmaschinen, etwa für die Herstellung von Shampooflaschen, haben technologisch viel zum Abstand europäischer Anbieter aufgeholt - „jedoch mit bis zu 50 Prozent Preisvorteil", so Mehnert.
Bei Standardgerät - also sozusagen der breiten Masse - kommt man in Ausschreibungen in Asien gar nicht mehr zum Zug. "Wir müssen schon in die technologische Spitze gehen wie den Pharma- oder Reinraumbereich, da verbleiben Chancen", sagt er. War die Entscheidung des 2022 verstorbenen Gründers Gottfried Mehnert, in China keine eigene Produktion hochzuziehen sondern nur ein Vertriebsbüro, womöglich falsch? Michael Mehnert glaubt das nicht. Vergleichbare Wettbewerber, die vor 20 Jahren mit einer Produktion nach China gingen, "mussten nur Geld zusetzen". Know-how wurde transferiert und Mitarbeiter wechselten sprunghaft den Arbeitgeber. Trotzdem ist sich Mehnert sicher, dass man heute Werke in den drei globalen Blöcken Europa, Asien und Amerika braucht. Die Übernahme eines Wettbewerbers scheiterte zuletzt übrigens am Preis - ein chinesischer Mitbewerber bot höher um Technologie und den Markennamen zu übernehmen. "Jetzt überlegen wir neu", sagt Mehnert.
Und der Westen? Muss Mehnert erst die geschlagene Wahl sacken lassen? Extraterritoriale Sanktionen, wie sie die US-Regierung etwa über den niederländischen Chipausrüster ASML und dessen Chinageschäft verhängte, seien aus europäischer Sicht "fragwürdig", sagt Mehnert. Er glaubt jedenfalls an die Realisierung einer deutlichen "America first"-Politik. Und Detailentscheidungen, die "sehr sprunghaft und überraschend ausfallen könnten", je nachdem, welcher Zollgruppe man angehört. Im Bekum-Werk in Michigan wurde 2020 um acht Millionen Euro ausgebaut. "Wir verdoppelten die Werksfläche", sagt Mehnert. Das Jahr 2025 soll vor allem durch das US-Geschäft gestützt werden. Schutzzölle auf chinesische Lieferungen in die USA schon eingerechnet, liege man in den Staaten preislich 15 Prozent über dem China-Mitbewerb. "Das sind US-Kunden angesichts unserer Technologie und "made in the US" auch bereit zu zahlen", sagt Mehnert.

Beatrix Praeceptor, CEO Greiner Packaging: "Kulturell liegt uns der US-Markt natürlich näher"
Beatrix Praeceptor, CEO Greiner Packaging, über Globalisierung und Europas Innovationsdilemma.
INDUSTRIEMAGAZIN: Frau Praeceptor, welchem Wandel unterliegt Ihre Globalisierungsstrategie?
Beatrix Praeceptor: Als Greiner verfolgen wir eine globale Wachstumsstrategie. Diese umfasst die kontinuierliche Expansion in neue Märkte, wobei ein besonderer Fokus auf Nordamerika liegt. Wir sehen darin Chancen für Greiner Packaging, da wir bereits am Markt präsent sind und die Nachfrage nach unseren Produkten sowie die makroökonomische Entwicklung in Nordamerika in den nächsten Jahren als positiv eingeschätzt werden.
Wie managen Sie Decoupling?
Praeceptor: Für uns bedeutet das natürlich, dass wir Strategien und Strukturen dementsprechend anpassen müssen. Was Greiner hier zugutekommt, ist, dass Diversifikation seit jeher ein wesentlicher Bestandteil der Unternehmensstrategie ist. Die breite, gruppenweite Aufstellung und die Präsenz in mehreren, unterschiedlichen Märkten verringert bereits jetzt Abhängigkeiten, die zu einem Risiko werden könnten. Nichtsdestotrotz brauchen wir in Europa Zugänge zu Rohstoffen aus anderen Teilen der Erde. Die Zusammenarbeit mit anderen Ländern sowie faire Spielregeln durch Handelsabkommen erachten wir daher als essenziell für die europäische Wettbewerbsfähigkeit.
In welchem Rahmen finden in Europa noch Investitionen statt?
Praeceptor: Der Großteil der Investitionen von Greiner wird seit jeher in Europa getätigt, wobei die meisten Mittel in die Modernisierung und Erweiterung von Maschinen und Anlagen gehen. Im Jahr 2024 haben wir gruppenweit über 100 Millionen Euro investiert – knapp die Hälfte davon in Österreich. Ein Beispiel aus der jüngsten Vergangenheit ist der Ausbau von Mediscan, einem Tochterunternehmen der Sparte Greiner Bio-One, in Kremsmünster. Der Standort wurde erst kürzlich, nämlich am 13. November 2024, eröffnet und gilt als das größte Sterilisationswerk Europas. Insgesamt betrug dieses Investitionsvolumen 22 Millionen Euro. Bei Greiner Packaging wird in Europa auch vermehrt in Anlagen investiert, welche recycelte Polymere verarbeiten können.
Bleibt Mexiko nach dem USMCA Review 2026 ein sichererer Hafen?
Praeceptor: Greiner Packaging ist mit der Business Unit Greiner Assistec in Mexiko vertreten. Aus heutiger Sicht ist es sehr schwierig, eine Einschätzung zum USMCA-Review abzugeben, da die Überprüfung im Jahr 2026 stattfinden wird und sich bis dahin noch viel ändern kann. Allerdings wurde das USMCA-Abkommen in der ersten Amtsperiode von US-Präsident Trump verhandelt und abgeschlossen – daher gehen wir nicht von einer kompletten Kehrtwende beim Review aus. Wir beobachten jedenfalls genau, wie sich die Situation zwischen der USA und China weiterentwickelt – sollte es hier zu Verschärfungen kommen, könnte das auch dazu führen, dass mehr US-Unternehmen ihre Produktionsketten verlagern werden. Das wäre sogar ein Vorteil für Mexiko, das bereits jetzt eine verlängerte Werkbank, aber auch ein wichtiger Absatzmarkt für die USA und Kanada ist.
Wie geht es mit dem Megamarkt China weiter?
Praeceptor: Greiner Packaging hat keine direkten Niederlassungen in China. Das wirtschaftliche und politische Kräftemessen zwischen der USA und China wird sich in naher Zukunft jedenfalls nicht ändern, und Europa muss hier seinen Platz finden. Kulturell liegt uns der US-Markt natürlich näher. China wird allerdings allein aufgrund seiner Größe, seiner Innovationskraft und seines Rohstoffvorkommens im internationalen Wettbewerb immer eine Rolle spielen.
Wie leben Ihre internationalen Organisationseinheiten Selbständigkeit im Entscheidungsprozess?
Um im Wettbewerb erfolgreich zu bestehen, ist es wesentlich, dass unsere Teams in verschiedenen Ländern die Möglichkeit haben, Entscheidungen zu treffen, die auf ihrem lokalen Wissen basieren. Dies fördert nicht nur die Innovation, sondern auch das Engagement der Mitarbeiter:innen. Das Headquarter und die Holding müssen dafür natürlich die notwendigen strategischen Ziele und Rahmenbedingungen definieren und dementsprechend an die internationalen Teams kommunizieren. So schaffen wir eine Balance zwischen zentraler Steuerung und lokaler Autonomie, die es uns ermöglicht, agil und wettbewerbsfähig zu bleiben. Ein Erfolgsfaktor für das Funktionieren in einem internationalen Netzwerk, ist in jedem Fall Offenheit und transparente Kommunikation, die ein Klima des Vertrauens schaffen, um gemeinsam die Herausforderungen der Zukunft meistern können.
Werden in Europa Innovationen durch Föderalismus gebremst?
Praeceptor: Es heißt nicht umsonst „The United States invents, China imitates – and Europe regulates“. Wobei China auch im Bereich der Innovationen auf Überholspur ist. In Europa müssen wir darauf achten, dass die Regulierungsanforderungen nicht überhandnehmen. Neben den EU-Regulatorien hat jeder EU-Mitgliedsstaat nochmal eigene Regulatorien. Zudem stehen die nationalen Eigeninteressen meist über den gemeinsamen Europäischen Interessen. Dieses Thema haben weder die USA noch China.

Knill-Gruppe: Heimmarkt Europa mit Problemen
„Go west" lautet auch die Strategie von Rosendahl Nextrom, führend bei Produktionstechnologien für die weltweite Batterie-, Kabel- und Glasfaserindustrie, ein Unternehmen der Knill-Gruppe. Ab 2025 will das Unternehmen in Mexiko für einen Großkunden mit einem Büro Präsenz zeigen. "Wir sind schon mitten im Umbau des Standorts, um von dort aus den Mexikanischen Markt mit Präsenz vor Ort bestens betreuen zu können", sagt Christian Knill. Er hofft, dass Mexiko nach dem USMCA Review 2026 ein sichererer Hafen bleibt. Auch mit dem auf Hochspannungsarmaturen spezialisierten Unternehmen Mosdorfer, dessen Geschäfte Knill leitet, ist ein Schritt gen Amerika geplant: "Wir suchen eine Möglichkeit durch einen Zukauf oder eigene Investition vor Ort", sagt Knill.
Der Heimmarkt Europa habe viele Probleme, sagt der Obmann des Fachverbands Metalltechnische Industrie. Auch wenn die Knill Gruppe weniger davon betroffen wäre. Die Investitionen in den Energiebereich seien stabil, der Umstieg auf alternative Netze werde vollzogen. Doch insgesamt gilt: "Amerika innoviert, Asien produziert und Europa reguliert", musste eine Delegation des Verbands im Silicon Valley unlängst feststellen. Jetzt kommt es darauf an, ob Trump mit seiner America-first-Strategie ernst mache. "Falls ja, wird das die Situation in Europa nicht erleichtern", sagt Knill. Die USA sei für seine Branche zweitwichtigster Handelspartner, 2023 wuchsen die Ausfuhren um sieben Prozent, auch heuer gebe es wohl kontinuierliches Wachstum. Dass das Handelsabkommen mit den USA nicht existent sei und Mercosur verschleppt wurde, bedauert Knill. "Diese Abkommen würden uns jetzt helfen".

Herakles: Bärendienst der Gewerkschaft
Die "Dramatik der globalen Kostenunterschiede" würden laut Bernhard Morawetz, CEO von Herakles immer mehr Unternehmen erleben. Die Produktkostenrechnungen fielen atemberaubend aus und die Fälle, wo Unternehmen abgehängt werden, seien mittlerweile Legion. Selbe Leistung, selbes Produkt - und in Europa könne man dieses nur unter Mehrkosten von bis zu 35 Prozent herstellen, rechnet der CEO des Vertragspartners bei Beratungs- und Managementmandaten oder Beteiligungsprojekten vor.
"Schönen Dank auch an die Gewerkschaft und an Greta Thunberg", sagt Morawetz. Denn diese hätten der Mutter Erde einen Bärendienst erwiesen, wenn Business-Ethik und immer neu auferlegte legislative Bürden die Produktion letztlich dorthin verlagern würden, "wo es viel mehr aus dem Schornstein raucht als in Europa", meint der Manager. Staatliche Lenkungsversuche würden Europa zuhauf Standortnachteile bringen.

Rosenbauer: US-Gesellschaft als "natural hedge".
"Sehr froh, unsere US-Gesellschaft im Sommer 2022 vollständig übernommen zu haben", ist Rosenbauer-CEO Sebastian Wolf. 50 Prozent Minderheitenanteile von zwei US Gesellschaftern wechselten zu dieser Zeit in den Besitz des oberösterreichischen Feuerwehrausrüsters, als das Ergebnis des Feuerwehrausstatters alles andere als berauschend ausfiel. Strategisch war das aber die richtige Entscheidung: Etwas über 900 Mitarbeiter erwirtschaften in South Dakota, Minnesota und Nebraska knapp 400 Millionen Euro Umsatz. Dieses Geschäft sei durch den "natural hedge" gegen drohende Zölle und Fremdwährungsrisiko abgesichert, sagt Wolf. Sein Leitsatz: Auf geopolitische Risiken "durch Erhöhung der eigenen Fitness" zu reagieren. Etwa auch dadurch, schneller in den Durchlaufzeiten geworden zu sein. Selbst Vendor Monitoring direkt bei wichtigen Single-Source-Lieferanten wird praktiziert. Und Make-or-Buy-Entscheidungen denkt Wolfs Mannschaft seit einiger Zeit radikal neu. Etwa die Tankfertigung, die in Eigenregie erfolgt. Ebenso Chassisumbauten in Europa und den USA, seitdem in punkto Lieferfähigkeit der Flaschenhals nicht mehr vorderhand bei den Chassisherstellern, sondern den Umbaupartnern liegt.
Dass Trump die Körperschaftssteuer laut einer Ankündigung von 21 auf 15 Prozent für all jene senken will, die ihre Produkte im US-Inland herstellen, würde Wolfs US-Strategie in die Karten spielen. Auch energiekostenseitig erwartet Wolf eine Reduktion der Belastung - "drill, baby, drill" war Trumps Leitspruch im Wahlkampf, der eine Rückkehr zu einer lockereren Energiepolitik zum Ausdruck brachte. Außenpolitisch ist Wolf jedenfalls gewarnt: "Trump ist ein Dealmaker, er verhandelt bilateral und sucht nicht ganzheitliche Lösungen", sagt er. Die Folge: Neue US-Zölle etwa auf chinesische Einfuhren könnten auf Umwegen auch Rosenbauer treffen. „Der chinesische Markt wird sich dann noch weiter verschließen", glaubt Wolf.
Dessen Versiegelung ist schon heute eine -Herausforderung für den Feuerwehrausrüster. "Im September lieferten wir unser letztes Fahrzeug nach China", sagt Wolf. Aufgrund des Protektionismus ist die Einfuhr von kompletten Fahrzeugen praktisch aussichtslos. Deshalb fährt Rosenbauer eine neue Strategie: Im Vergleich zu Complete Body Units liefert man –Komponenten oder Bausätze, entweder in der Variante "Completely Knocked Down" (CKD) oder "Semi Knocked Down" (SKD). "Den früheren Joint Venture-Partner in China können wir so beispielsweise vorerst weiter beliefern", sagt Wolf.

Umdasch: China immer stärker versiegelt
Wesentliche Teile der Wertschöpfung in den Produktionswerken in Amstetten und der Slowakei, Vertriebsniederlassungen ohne wirkliche weiße Flecken auf der globalen Karte: Lange war das die Erfolgsstrategie des Schalungstechnikherstellers Doka, die für stetes Wachstum sorgte. Im Vorjahr zogen sich die beiden Eigentümer Hilde Umdasch und Alfred Umdasch aus dem Aufsichtsrat der Umdasch Gruppe zurück, die Eckpfeiler der Weiterentwicklung des Unternehmens waren da freilich schon eingeschlagen: "Wichtig ist den Eigentümern, dass die Unternehmensgruppe zusammenbleibt, dass Tugenden wie Fleiß und Loyalität in der Unternehmenskultur auch in diesen Zeiten forciert werden und unser Wachstum sich nachhaltig profitabel gestaltet", sagt Wolfgang Litzlbauer, CEO der Umdasch Group.
Um solches künftiges Wachstum zu generieren, balancierte er ausgehend von 2021 die Gruppe neu aus und startete die Globalisierung. So stellte das Unternehmen sich neben Europaauch in den wichtigen ökonomischen Zentrum USA und Asien, stärker auf. In beiden wuchs das Unternehmen zuletzt kräftig organisch und anorganisch. Man übernahm etwa den führenden amerikanischen Gerüsthersteller AT-PAC aus Atlanta mehrheitlich. "Rückblickend ein genialer Schritt", sagt Litzlbauer, erfolgte dieser doch vor der Kaskade globaler Verwerfungen. Nachsatz: "Wären wir heute allein vom deutschen und österreichischen Markt abhängig, würden wir arm aus der Wäsche schauen". Das Unternehmen verbucht dort aktuell Rückgänge, die die wirtschaftliche Stagnation dieser Märkte widerspiegelt. In den USA erwartet Litzlbauer fürs erste einmal eine wirtschaftsfreundliche Politik: "Die Republikaner haben "all three powers" und können durchregieren".
Und wie hält es Litzlbauer, der in den Nuller- und Zehnerjahren bei Miba die Errichtung dreier chinesischer Werke verantwortete, mit der Volksrepublik? Seine Entscheidung, unter der Präsidentschaft von Xi Jingpings am größten Baumarkt der Welt nicht in einen eigenen Standort investieren zu wollen, behält er bei. "Kein guter Platzfür freies Unternehmertum", sagt Litzlbauer, der Anfang des Jahres lieber in Kuala Lumpur investierte und dort ein großes Schalungsunternehmen mit Produktion kaufte, die sich komplementär zur Doka-Produktwelt verhält. Litzlbauer freilich weiß: "Für unsere ambitionierte Wachstumsvision braucht es früher oder später auch in China eine eigene Niederlassung".

Wittmann Technology: Studium von Zolltarifnummern
New England, genauer Torrington in Connecticut, ist Michael Wittmann ans Herz gewachsen. "Wir sind dort historisch gewachsen", so der Geschäftsführer von Wittmann Technology. Und als die Industrie vom Nordosten der USA, in den Mittleren Westen und in den letzten zwei Jahrzehnten verstärkt in den Südosten weggezogen ist, "sind wir New England treu geblieben", sagt Wittmann. Auch deshalb: Gut ausgebildetes technisches Personal ist in dieser Region der USA einfacher verfügbar. Produziert werden in unserem US Produktionswerk Automatisierungssysteme, auch als Gesamtanlagen mit unseren Spritzgießmaschinen. Außerdem erfolgt hier die Auslegung und Ergänzung von Schüttguttechnikanlagen für Kunststoffverarbeiter in den USA, also eine Anpassung der Produkte, die in Europa und unserem kanadischen Produktionswerk assembliert und importiert werden. USA als größten Markt noch vor Deutschland, dahinter auf Rang Drei Mexiko, wo man zuletzt beständig gewachsen sei: Für den Spritzgießmaschinenbauer hätten protektionistische Tendenzen in der Region Folgen.
"Wir werden uns in den nächsten Monaten die Zolltarifnummern vermehrt ansehen, die unter ein zukünftiges Einfuhrzollregime fallen, wenngleich wir das für CBAM schon tun müssen", sagt der Geschäftsführer. An den worst case glaubt Wittmann freilich nicht, denn Trump hat, auch wenn er das Freihandelsabkommen Nafta einmal als den "schlechtesten Deal aller Zeiten" nannte, seinen Sanktus zur Neuauflage des Abkommens 2019 gegeben. "Wenn es zu einem Bruch des Handelsabkommens käme, müssten wir stärker in die lokale Wertschöpfung in den USA oder Kanada switchen", sagt Wittmann. Aber er hält den Fall für unwahrscheinlich. "Sollte es tatsächlich zu Handelsbeschränkungen zwischen Mexiko und den USA kommen,dann würde das auch die USA sehr wohl spüren", sagt Wittmann. Der größte Widerpart protektionistischer Tendenzen sei immer noch die Vollbeschäftigung in den USA.
"Wollen die USA tatsächlich mehr im eigenen Land machen, müssen sie sich die Frage gefallen lassen, mit wem, also mit welchen Personalreserven das gelingen soll", sagt der Wittmann-Chef. Was er indes beobachtet: Dass Nearshoring in Mexiko als Folge de Decouplings China und den USA zunimmt. "Produktionskapazitäten für die Erzeugung von Haushaltsgeräten oder Power Tools gehen von China nach Mexiko", sagt er. Selbst Automobilteile, die bisher teils über den Pazifik geschickt wurden, werden jetzt lokaler produziert. An seiner Globalisierungsstrategie will Wittmann festhalten. "Wir bespielen weiterhin den globalen Markt, ansonsten kommen wir nicht auf das notwendige Volumen für innovative Produkte", sagt er. Europas Reglementierungswut sieht er in dem Zusammenhang skeptisch: "Jeder Tag, an dem aus Europa kein neuer Eingriff kommt, ist ein guter Tag", sagt er.

Lisec: USPs als Antwort auf US-Preispolitik
"Unsere Branche ist größenmäßig relativ überschaubar, einen Umsatz in der Höhe von 300 Millionen Euro erzielen wir nur deshalb, weil wir den gesamten Weltmarkt abdecken", sagt Gottfried Brunbauer, CEO des Glasbearbeitungsmaschinenbauers Lisec. In den USA trachten die Niederösterreicher danach, ihre Präsenz - derzeit produziert man hier nicht, sondern unterhält Vertrieb und After Sales - zu verstärken. Man denke über Wertschöpfung im Lande nach. Nicht durch ein Greenfield-Projekt, sondern einen Einstieg in ein gut performendes lokales Unternehmen. "Wenn, dann wollen wir bei einem erfolgreichen Unternehmen einsteigen und nicht bei einem Sanierungsfall", sagt Brunbauer. Zugleich schließt die Strategie der Seitenstettener ein, die Emerging Markets - von Südamerika über Nordafrika, den mittleren Osten und die Tigerstaaten bis Zentral- und Südostasien - besser abzudecken. Diese steuern heute bereits ein Drittel des Geschäftsvolumens bei. Binnen eines halben Jahres wolle das Unternehmen durch eine nennenswerte Investition in Produktionskapazitäten in Südostasien den Kurs auf weiteres Wachstum setzen.
Und Trump? Etwaige Zölle bzw. eine stärkere Abschottung der USA sieht Brunbauer ambivalent. Grundsätzlich nicht begrüßenswert - wie Argentinien zeigte, das lange eine restriktive Devisenpolitik fuhr und Importe nahezu verunmöglichte. Doch wären US-Zölle im Falle des Maschinenbauers aus Niederösterreich nicht allzu kritisch, würden diese doch alle Importeure gleichermaßen treffen. "Im oberen Preissegment, in dem wir tätig sind, gibt es in den USA keinen lokalen Wettbewerber", sagt Brunbauer. Und schon bisher kompensiere man Preisnachteile gegenüber Dritten mit USPs - etwa integrierten Automatisierungslösungen inkl. einer ERP-Branchenlösung.
Massiv Sorgen bereite ihm, wohin sich Europa wirtschaftlich entwickle. "Durch die zunehmend dogmatische Politik auf europäischer Ebene kehrt wieder mehr und mehr Nationalfokus der Einzelstaaten ein, jeder versucht, für sich das Beste herauszuholen. Und das schwächt Europa", sagt Brunbauer.

Palfinger: Reindustrialisierung im großen Stil
Als sich Palfinger 2021 vertraglich aus seiner Kreuzbeteiligung mit dem chinesichen Wettbewerber Sany löste, sorgte das für Aufsehen. "Alle gehen nach China, und ihr geht raus", hörte CEO Andreas Klauser nicht nur einmal. Heute generiert der Kran- und Technologiehersteller gerademal drei Prozent vom Umsatz in China. Dagegen in Nordamerika: Stattliche 27 Prozent. Ob das so bleibt? "Trump ist nicht vom Himmel gefallen wie Covid19", sagt Klauser. Dieser sei ein Dealmaker, mit dem Europa "level to level" sprechen könne und das auch von seinem Gegenüber erwartet. Fakt sei aber auch: Globalisierung müsse heute neu gedacht werden. Es geht um Volatilitäten, um modularere Produktentwicklung. Man müsse die Sache viel komplexer denken als "low cost" nach China zu shiften, sagt der Manager. Der Marinebereich, der lateinamerikanische Markt - dort winkt auszugsweise gerade das Neugeschäft. Und in Europa.
Genauer: Am Balkan. Palfinger hat in Serbien neu gebaut, in Slowenien plant das Unternehmen die Errichtung einer weiteren Produktionsstätte. "Das ist Reindustrialisierung im großen Stil. Jedoch mehr in Europa als in Österreich", sagt Klauser.
Eine, die ganz nebenher auf die Nachhaltigkeitsstrategie einzahlt. Und die Europa bitter nötig habe. Mit den Arbeitskosten in Mitteleuropa sei man nicht mehr wettbewerbsfähig. "In Sachen Wohlstandsverlust sei ein kritischer Moment erreicht", sagt Klauser. Gemanagt wird bei Palfinger übrigens mit einer globalen Matrixorganisation, der GPO (Globale Palfinger Organisation) die das Unternehmen schneller in der Entscheidungsfindung macht. Der wohl verheißungsvollste Markt derzeit: Indien. "Dort trifft man chinesische Player in den Ausschreibungen", sagt Klauser. Mit local content und wichtigen Partnern wie Plasser & Theurer könne man selbst gegen diese Konkurrenz bestehen.

Engel-CEO Stefan Engleder: "Können Abhängigkeit von China dämpfen"
Engel-CEO Stefan Engleder über Decoupling mit China und seine Triadenstrategie.
INDUSTRIEMAGAZIN: Herr Engleder, wie hat sich Ihre Globalisierungsstrategie gewandelt?
Stefan Engleder: ENGEL verfolgt eine Triadenstruktur mit Kernregionen in Europa, Amerika und Asien. So sind wir in allen wichtigen Märkten vertreten und können flexibel auf regionale Anforderungen reagieren. Wir investieren gezielt in regionale Technologiezentren, besonders in Europa. Das ermöglicht uns, unsere Kunden direkt vor Ort zu beraten und die maßgeschneiderten Lösungen zu testen – das stärkt die Kundennähe und unsere Anpassung an die Märkte. In wachstumsstarken Regionen wie Asien und Amerika richten wir die Produktentwicklung stärker auf lokale Bedürfnisse aus, um besser auf Veränderungen reagieren zu können.
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Wie managen Sie das stattfindende Decoupling?
Engleder: Wir sehen das Decoupling insbesondere in China. ENGEL reagiert darauf, indem wir stärker auf lokale Lösungen setzen und unsere Präsenz in anderen asiatischen Märkten wie Südostasien und Indien ausbauen. So schaffen wir neue Wachstumschancen und verringern Risiken, indem wir unsere Produktionsstandorte diversifizieren. Trotz dieser Maßnahmen bleibt jedoch die Abhängigkeit der gesamten Industrie von China hoch und wird auch weiter bestehen. Unsere Anpassungen können diese Abhängigkeit nur dämpfen, aber nicht vollständig beseitigen.
In welchem Rahmen finden derzeit Investitionen in Europa statt?
Engleder: Aufgrund steigender Lohnstückkosten erweitern wir die Produktionskapazitäten im DACH-Raum nicht. Jedoch investieren wir gezielt in Produktionstechnologien und vor allem KI-Projekte zur Produktivitätssteigerung. Ferner stärken wir unseren Standort in Kaplice, Tschechien, und erweitern unsere Supply Chain in Richtung Standorte außerhalb der EU. So prüfen wir angesichts der Deindustrialisierungstendenzen und strenger EU-Regeln auch alternative Investitionsstandorte wie die Balkanstaaten oder Nordafrika.
Bleiben Mexiko und Kanada nach dem USMCA-Review 2026 ein sicherer Hafen?
Engleder: ENGEL hat kürzlich einen neuen Produktionsstandort in Mexiko eröffnet, wo bereits Maschinen und Automatisierungstechnik produziert werden. Dieser Standort ist ein wichtiger Teil unseres ‚Solution Centers‘ in der Region und ermöglicht es uns, den lokalen Markt in Mexiko besser zu bedienen und Kunden Lösungen direkt vor Ort anzubieten.
Die Märkte in Lateinamerika, insbesondere Mexiko, sind stark, und eine lokale Präsenz ist für uns absolut gerechtfertigt. Wir werden die Entwicklungen bei Freihandelsabkommen und möglichen Strafzöllen genau beobachten. Wir gehen davon aus, dass Mexiko im Vergleich zu anderen Wirtschaftsräumen wie zum Beispiel China weiterhin bevorzugt bleibt.
Wie geht es mit China weiter?
Engleder: Der chinesische Markt bleibt für ENGEL, auch wenn dieser zunehmend herausfordernder wird, wichtig. Überkapazitäten und starker Preisdruck, vor allem im Automobilsektor, belasten den Markt, und die Erholung verläuft langsamer. Um diesen Herausforderungen zu begegnen, setzt ENGEL verstärkt auf lokale Lösungen in China und baut parallel seine Präsenz in anderen asiatischen Märkten wie Südostasien aus. Unsere Produktionswerke in China sind ein wesentlicher Bestandteil unseres Produktionsnetzwerks und werden das auch in Zukunft bleiben.
Wie leben Ihre internationalen Organisationseinheiten Selbständigkeit im Entscheidungs-prozess?
Engleder: Unsere Organisation ist stark matrixorientiert: Einerseits arbeiten wir in den Triaden-Regionen Amerika, Europa und Asien, andererseits gibt es zentrale Bereiche und Business Units, die alle eng zusammenarbeiten. So können wir gewährleisten, dass Entscheidungen immer an die regionalen Gegebenheiten angepasst sind. Gleichzeitig stellen wir sicher, dass wir eine Firma ENGEL bleiben, mit gemeinsamen globalen Standards und einheitlich hoher Qualität weltweit.
Wird Europa bei Innovationen durch den Föderalismus abgehängt?
Engleder: Europa ist aktuell noch Innovationsführer im Maschinenbau. Doch die Rahmenbedingungen verändern sich: Märkte verschieben sich, der Wettbewerb aus Asien wird stärker, und der fehlende faire Welthandel belastet die Ergebnissituation europäischer Maschinenbauer. Dadurch wird der Innovationsvorsprung kleiner. Entsprechend gilt es in Europa aufzuwachen und Rahmenbedingungen für die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Hersteller wieder herzustellen.
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Astotec Automotive: Produktionskapazitäten in China installiert
"Mit konventionellen Serienteilen hätten wir in China keine Chance, Fuß zu fassen", sagt Manfred Pock. Doch mit der richtigen Technologie - im Fall der Hirtenberger Astotec Automotive, deren Geschäfte Pock leitet, sind es pyrotechnische Sicherheitseinrichtungen wie Notstromabschaltungen für die E-Mobilität - "verhält sich China durchaus einladend, ein Werk im Land aufzubauen", sagt Pock. Im Juni eröffnet, starteten die Niederösterreicher vor wenigen Wochen die Produktion im neuen Werk in Changzhou. Damit bleibt das Unternehmen seiner globalen Strategie treu: In Hirtenberg die Basistechnologie entwickeln, auf den Weltmärkten diese Technologie ausrollen. Astotec produziert in China im ersten Schritt für einen US-amerikanischen OEM sowie einen chinesischen Player. Nicht auszuschließen: "Dass wir als Folge chinesischen Expansionsbestrebens früher oder später einem OEM aus China wiederum nach Europa folgen werden", sagt Pock. Sich auf China einzulassen, sei jedenfalls der Absicherung der Zukunft des Unternehmens geschuldet. "Wir wollen, ja müssen am größten Automobilmarkt der Welt als globaler Zulieferer mitpartizipieren", sagt er. Spielraum? Gibt es hier nur wenig.
Momentan sei global jedenfalls einiges in Bewegung, das Hochkochen von amerikanischen Protektionismus treffe auf einen aggressiven Wirtschaftskurs Chinas.
Das Ergebnis der US-Wahl deute auf Abschottung gegenüber China hin. Was Pock als Direktlieferant in die Staaten bedauert, bislang entfielen nur geringe Zölle in die USA. Zudem werde Europa "zerrieben zwischen der US-Marktmacht und den aufstrebenden Bereichen Chinas", sagt Pock. Europa werde dabei von Mitbewerbern bestenfalls noch als Markt, "nicht aber als Wettbewerber wahrgenommen", beoabachtet er. Überall dort, wo die Post abgeht, ob KI oder Startup-Kultur, "sind wir in Europa auf dem falschen Weg". Man brauche sich bloß nicht einbilden, auf dem alten Kontinent aus eigenen Kräften ein Batteriewerk hochziehen zu können. Ein Umstand, der auch der hiesigen Depression geschuldet sei: "Wir durchleben seit 2020 eine ständige Krise", sagt Pock.

Pöttinger: Neuordnung transatlantischer Handelsbeziehungen
Der Landtechnikhersteller Pöttinger erwirtschaftet rund zwei Drittel seines Umsatzes in Europa und ist unter anderem in den USA mit einer Vertriebsniederlassung präsent. Markus Baldinger, der CTO von Pöttinger und Vorsitzender des VDMA Österreich, erwartet nach der US-Wahl eine "Neuordnung in den transatlantischen Handelsbeziehungen zwischen der EU und den USA", betont aber die Notwendigkeit, diese sehr guten Handelskontakte aufrechtzuerhalten. Er stellt die Frage, ob man stärker lokal fertigen müsse, und regt an, dass Überlegungen von Unternehmen angestellt werden sollten, wie unter den neuen Rahmenbedingungen local content in den USA produziert werden könnte.
Positiv sei, dass Unternehmen, die vor Ort in den USA fertigen, als Amerikaner voll akzeptiert werden. Weiters wäre ein Mercosur-Abkommen für viele Maschinenbauunternehmen hilfreich, um beispielsweise am "Riesenmarkt Brasilien" voranzukommen. Baldinger merkt an, dass in die Anbahnung internationaler Handelsabkommen häufig zu viele Themenfelder und Absichten hineingesteckt werden – man müsse diese deutlich vereinfachen und „abspecken“, um exportorientierten Volkswirtschaften wie Österreich oder Deutschland faire Handelsbedingungen zu bieten.
Kapsch TrafficCom: Lateinamerika abwartend
"Wir wissen erst, wie Trumps angekündigter protektionistischer Kurs ausfällt, wenn er ins weiße Haus eingezogen ist", sagt Samuel Kapsch, Executive Vice President Latin America beim Mautsystemehersteller Kapsch TrafficCom. Neue Handelsbarrieren wie Importzölle für europäische Produkte würden das Unternehmen im US-Geschäft wohl in überschaubarem Ausmaß treffen. Schlichtweg deshalb, weil die Hardware zwar zum Teil aus der Produktion in Wien aber auch aus unserer Produktion in Kanada kommt und das gesamte Projektmanagement jedoch lokal im Land erfolge. Spannender ist für Kapsch die Frage, ob das Experiment Milei in Argentinien aufgehe:
Wenn er es schafft, das Land zu öffnen und wirtschaftlichen Erfolg hat, könnte das auf die Region abstrahlen in punkto Öffnung gegenüber den USA. Momentan suchen die links gerichteten Regierungen Lateinamerikas jedenfalls "nicht die unmittelbare Nähe zur USA", sagt Kapsch. Globalisierung sei veränderlich - das spürt Kapsch, obwohl auf südmaerikanischen Autobahnen chinesische Technologie noch eher rar ist. "Mein Vater hat mir mitgegeben, dass sich ein Unternehmen alle paar Jahre neu erfinden muss, um bestehen zu können ", sagt er. Wie sich das in der Kapsch-Welt zeigt? "Wir geben den Teams mehr Freiheiten, selbst Entscheidungen zu treffen", sagt er.

SAG: Supply Chains nach China in Frage gestellt
Innerhalb Europas wurden Deutschland und Österreich durch "Anspruchsdenken und KV-Abschlüsse" abgehängt, sagt SAG-Chefin Karin Exner-Wöhrer. In Spanien stünden die Zeichen auf Wachstum, in Frankreich auf Reindustrialisierung. In Italien hat man über mehrere Jahre auf Lohnerhöhungen verzichtet und es wurde die Inflation als Wohlstandverlust für alle hingenommen, mit dem Ziel, die Wettbewerbsfähigkeit zu verbessern. "Im deutschsprachigen Raum würden wir in einer herkömmlichen Industrie wie der Metallindustrie wohl nicht mehr investieren", sagt Exner-Wöhrer. Einzig dank der gut ausgebildeten, motivierten Menschen hätte man "hier noch eine Zukunft". Sie redet einer Lokalisierung das Wort. Schon einmal verlagerte SAG eine Produktion von Tanks aus Österreich nach Spanien, um Transportkosten und CO2 zu sparen.
Verschiebungen der Handelswege ortet sie infolge von Nearshoring-Tendenzen der USA und Chinas massiv. "Supply Chains nach China werden in Frage gestellt, was Mexiko zu einem starken Profiteur macht", sagt sie. Dort ist man mit zwei Produktionsstätten in Tlalnepantla und Monterrey und mehr als 470 Mitarbeitern als Tier-1-Lieferant von Leichtbaukomponenten für OEMs auf dem nordamerikanischen Markt vertreten. Ob Mexiko und Kanada nach dem USMCA Review 2026 ein sichererer Hafen bleiben werden? "Wir warten ab", sagt Exner-Wöhrer. Trump habe mit der neuen mexikanischen Präsidentin Claudia Sheinbaum jedenfalls ein neues Vis-a-vis.
"risk return"-Frage
An ihrer Globalisierungsstrategie will Exner-Wöhrer festhalten. In China sei man nicht vor Ort und habe es auch nicht vor - eine klassische "risk return"-Frage, sagt die Managerin. Auch die klassische EU-Osterweiterung habe man nicht mitgemacht. Aktuell setze man sich mit dem indischen Subkontinent auseinander. Dort gebe es eine stark gewachsene Mittelschicht, die Aluminium- und Leichtbauprodukte benötigen. Es gibt seitens SAG in Indien erste Kontakte, die Marktchancen sind klar umrissen, noch wurde aber nicht investiert. "Ein solcher Schritt will gut abgewogen sein", spricht Exner-Wöhrer von "gesunder Zögerlichkeit".
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