Job-Rad, Klima-Ticket und Co. : Nachhaltigkeit als Wettbewerbsvorteil: Karl Waser über Green Benefits

Karl Waser im Interview über Green Benefits in Unternehmen

Karl Waser im Interview über Green Benefits in Unternehmen

- © ICON

Nachhaltigkeit wird zu einem immer wichtigeren Element von Arbeitgebermarken. Unternehmen, die ihren – potenziellen – Mitarbeitern überzeugend darlegen können, dass Themen wie Umweltbewusstsein nachhaltig gelebt werden, haben im Wettbewerb um die besten Köpfe am Arbeitsmarkt klare Vorteile. Das Thema Green Benefits rückt daher immer mehr in den Fokus.

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Das Firmenfahrrad, die Übernahme von Ladekosten für ein E-Auto, die Nutzung von E-Car-Sharing oder der Aufbau einer Ladestation für Mitarbeiter mit E-Autos: Green Benefits – also Maßnahmen, die Mitarbeiter zu nachhaltigem Verhalten anregen, geraten immer mehr in den Fokus von Personalverantwortlichen der Industrie. Denn im Rahmen der Berichterstattung über die Nachhaltigkeitsmaßnahmen – für gewisse Unternehmensgrössen mittlerweile verpflichtend, von vielen Unternehmen freiwillig geleistet – sind solche Angaben höchst relevant.

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Für immer mehr Berufseinsteiger ist Nachhaltigkeit eines der wichtigsten Entscheidungskriterien für einen Job – und Green Benefits ein Einstiegsargument. Tatsächlich sind grüne Lohnbestandteile auch ein immer wichtiger werdendes Steuerinstrument im Personalwesen. Viele Maßnahmen – in Form von Lohnbestandteilen – gewährt, sind gleichzeitig auch steuerlich begünstigt. Wie lässt sich MItarbeitermotivation und steuerliche Optimierung auf einen Nenner bringen?

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Im Interview mit Karl Waser: Was versteht man unter Green Benefits?

Was Green Benefits sind, welche Möglichkeiten es in Österreich gibt und wie es im Ausland aussieht, erklärt Karl Wasner, Partner des Beratungsunternehmens ICON Wirtschaftstreuhand GmbH im Interview mit Rudolf Loidl.

Rudolf Loidl: Herr Waser, was versteht man unter Green Benefits?

Karl Waser, ICON Wirtschaftstreuhand GmbH:
Ganz generell geht es bei Green Benefits um Vergütungskomponenten, die Anreize bewirken sollen, dass sich Arbeitnehmer im betrieblichen Umfeld nachhaltig verhalten sollten. Denken Sie zum Beispiel daran: Ein Unternehmen hat sehr viele Arbeitnehmer, die tagtäglich mit dem Auto in die Arbeit pendeln. Das Unternehmen könnte daraufhin ein Prämiensystem schaffen, mit dem Mitarbeiter belohnt werden, wenn sie beispielsweise Fahrgemeinschaften bilden. Ein anderes Beispiel könnte sein, dass das Unternehmen sich das Ziel gesetzt hat, im Bereich der Produktionsprozesse nachhaltiger zu werden und dazu ein Prämienmodell aufsetzt, um Mitarbeiter zu belohnen, die hier entsprechende Vorschläge einbringen.

Rudolf Loidl
: Warum sollte ein Unternehmen Green Benefits anbieten?

Karl Waser:
Ja, da geht es letztlich um zwei Stoßrichtungen. Erstens können Green Benefits dazu beitragen, dass das Unternehmen seine Nachhaltigkeitsziele erreicht. Auch da ein konkretes Beispiel: Ein Unternehmen hat sich zum Ziel gesetzt, den CO2 Ausstoß der Mitarbeiter, die in die Arbeit fahren, um 20 % zu reduzieren. Man spricht da von sogenannten Scope 3-Emissionen, die reduziert werden sollten. Und da gibt es mehrere Möglichkeiten: Das Unternehmen führt ein Prämiensystem für die Nutzung von Fahrgemeinschaften ein oder stellt ein Öffi-Ticket zur Verfügung, damit die Mitarbeiter verstärkt mit öffentlichen Verkehrsmitteln anreisen. Das Unternehmen könnte auch selbst eine Werk-Verkehrs-Lösung für seine Mitarbeiter schaffen.

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Die zweite Stoßrichtung ist einfach die Stärkung der Arbeitgebermarke. Sehr viele Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen erwarten sich von ihrem Unternehmen, dass es sich ehrgeizige Nachhaltigkeitsziele setzt und auch an diesen Zielen dranbleibt. Und das kann man den Arbeitnehmern natürlich sehr gut durch entsprechende Vergütungssystems zeigen.

Rudolf Loidl
: Für welche Green Benefits gibt es Steuerbegünstigungen und wie sehen die aus?

Karl Waser
: Das ist ja interessant. Im österreichischen System drehen sich die meisten Steuerbegünstigungen bei den Green Benefits um das Thema Mobilität. Also vereinfacht gesagt darum, dass sich Arbeitnehmer im beruflichen, aber auch im privaten Kontext emissionsfrei bewegen. Sehr bekannt ist zum Beispiel die Möglichkeit, den Mitarbeitern ein Job-Rad oder ein E-Auto zur Verfügung zu stellen. Und das Ganze geht als Sachbezug aber eben lohnsteuerfrei.

Eine weitere Möglichkeit ist das Klima-Ticket, damit Mitarbeiter verstärkt mit öffentlichen Verkehrsmittel fahren. Und ein gewisses Revival - das ist ganz interessant - erlebt momentan auch der Werks-Verkehr, den es früher nur für "klassische Schichtarbeit" gegeben hat. Viele Unternehmen machen sich wieder Gedanken, wie man einen steuerfreien Werk-Verkehr anbieten kann.

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Sehr interessant bei dem Ganzen: Die Nutznießer daraus sind letztlich meistens die Arbeitnehmer selbst. Sie zahlen weniger Lohnsteuer, sie zahlen weniger Sozialversicherung. Man darf aber bei dem Ganzen nicht vergessen, die meisten Steuerbegünstigungen schlagen auch auf die Lohnnebenkosten durch. Die Arbeitgeber zahlen dann entsprechend weniger Kommunalsteuer oder Dienstgeber-Beitrag. Und ist auch aus Sicht der Arbeitgeber ein unmittelbarer Benefit, den man dann lukrieren kann.

Rudolf Loidl:
Weil Sie gesagt haben, in Österreich geht es vorwiegend um Mobilität. Ist es im internationalen Ausland anders? Und wenn, wie?

Karl Waser
: Ja, die meisten Länder haben Benefits im Bereich der Mobilität geschaffen. Es gibt aber auch Länder, die zum Beispiel im Bereich der Mitarbeiterbeteiligung Systeme geschaffen haben: Dass Mitarbeiterbeteiligungen zum Beispiel steuerbegünstigt sind, wenn sie spezielle Ziele beispielsweise im Bereich der Nachhaltigkeit erfüllen. Es gäbe natürlich theoretisch auch die Möglichkeit, Begünstigungen anzubieten, wenn Mitarbeiter sich zu Hause beispielsweise für eine thermische Sanierung entschließen oder eine Gasheizung gegen eine Wärmepumpe austauschen. Auch da könnte der Arbeitgeber einen Zuschuss leisten, der steuerfrei wäre, aber das ist momentan nicht das österreichische Modell.

Rudolf Loidl:
Welche Arten von Green Benefits werden derzeit schon regelmäßig von Unternehmen in Österreich angeboten?

Karl Waser
: Wenn man sich anschaut, was hier ein sehr großer Trend ist und was sehr viele Unternehmen letztes Jahr umgesetzt haben, dann ist dies das Job-Rad. Das funktioniert so, dass das Unternehmen Räder least oder ankauft und den Mitarbeitern zur Verfügung stellt. Und diese Räder können die Mitarbeiter dann sowohl zur Anfahrt zum Betrieb nutzen, aber auch ganz normal, privat. Und das Ganze wird meistens verbunden mit einer sogenannten Bezugsumwandlung. Das bedeutet, der Mitarbeiter bekommt dieses Job-Rad und verpflichtet sich im Gegenzug, ein bisserl weniger Gehalt über die nächsten Monate zu bekommen, damit praktisch dieser Kaufpreis finanziert wird. Und das Spannende daran ist eben, das ist steuerlich anerkannt vom Finanzamt, aber auch von der Gesundheitskasse und mindert daher die Lohnsteuerbemessungsgrundlage als auch die Sozialversicherungsbeiträge.

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Ein zweiter großer Benefit, der sehr beliebt ist und sich sehr stark durchgesetzt hat, ist das Öffi-Ticket. Sehr viele Unternehmen bieten mittlerweile kleine oder große Klima-Tickets an. Dieses Ticket ist eine große Erfolgsgeschichte - und das hängt sicherlich auch damit zusammen, dass das Arbeitgebern einfach komplett steuerfrei zur Verfügung gestellt werden kann.

Rudolf Loidl
: Es ist relativ gleichgültig, wie teuer das Fahrrad ist. Es kann also auch ein High-End-Fahrrad sein?

Karl Waser
: Ja, richtig, genau. Das ist völlig individuell.

Rudolf Loidl
: Sie sind Partner in einem Unternehmen mit etwa 100 Mitarbeitern in Österreich und weltweit. Welche Green Benefits bieten Sie Ihren Mitarbeitern?

Karl Waser:
Wir haben in Österreich zwei Standorte einen Standort in Linz, einen Standort in Wien, und uns ist es natürlich wichtig, dass sich die Mitarbeiter sehr viel austauschen und auch immer wieder zu den anderen Standorten fahren. Und dafür stellen wir das Klima-Ticket den Mitarbeitern zur Verfügung - das ist natürlich perfekt, um von Linz nach Wien und in die andere Richtung zu fahren. Und die Mitarbeiter können das natürlich dann auch privat entsprechend nutzen.

Was wir neu ab demnächst ebenfalls anbieten werden, ist das Job-Rad-Modell: Wir haben sehr viele Mitarbeiter, die in einer guten Rad-Distanz zum Betrieb wohnen und wir möchten durch die Zurverfügungstellung die Mitarbeiter animieren, ein bisschen mehr mit dem Rad anzureisen, sportlich gut verbunden, schont die Umwelt und ist steuerfrei.

Rudolf Loidl:
Ein Hinweis an Ihre Mitarbeiter: Es kann auch ein sehr teures sein.

Karl Waser:
So ist es, genau. Dankeschön.