Green Industry : Nachhaltigkeit in der Industrie: Diese 10 Menschen sollten Sie kennen
Aktive Mitgliedschaft erforderlich
Das WEKA PRIME Digital-Jahresabo gewährt Ihnen exklusive Vorteile. Jetzt WEKA PRIME Mitglied werden!
Sie haben bereits eine PRIME Mitgliedschaft?
Bitte melden Sie sich hier an.
Sie machen sich für die grüne Refinanzierung am Kapitalmarkt stark. Schrauben an der betrieblichen Energieeffizienz, in dem sie nicht nur Hallendächer und Parkflächen begrünen, sondern auch den Shopfloor grüner werden lassen. Oder sie gehen gleich unter die Gründer. INDUSTRIEMAGAZIN hat mit Österreichs Pionieren bei Energie, Umwelt- und Nachhaltigkeitsmanagement gesprochen. Vom hippen Start-Uper bis zum Konzernchef: Zehn Menschen vor, die man kennen sollte.
1. Birgit van Duyvenbode, Reeduce
Idee: Lärmschutzwände aus Schilf
Der Unternehmensname von Reeduce ist ein Wortspiel. Reed bedeutet auf Englisch Schilf. Mit Schilf will Reeduce die Lärmbelastung entlang von Straßen, Bahnterrassen aber auch in der Umgebung von industriellen Produktionsstätten reduzieren. Dazu verwendet das in Wien ansässige Unternehmen Schilf, der mit Thermoholz und Lehm verarbeitet wird. Das Schilf stammt aus dem Neusiedlersee-Gebiet, auch die anderen Stoffe verursachen keine großen Transportwege,
Der ökologische Mehrwert dieser Bauweise gegenüber herkömmlichen Konstruktionen besteht in einem deutlich reduzierten CO2-Abdruck. Der ergibt sich daraus, dass die biologischen Lärmschutzwände einerseits nur wenig Kohlenstoffdioxid bei der Produktion verursachen, andererseits aber auch daraus, dass sie in der Lage sind, CO2 zu binden – rund 60 Kilogramm pro Quadratmeter.
Lesen Sie auch: So steigert die Industrie die Nachhaltigkeit in der Produktion
Die Reeduce-Lärmschutzwände haben, je nach Produktvariante, eine Schallabsorption von 6 bzw. 14 dB, die Luftschalldämmung liegt bei 30 dB. Auf einer Teststrecke der Asfinag sind sie bereits erprobt worden und erwiesen sich als ihren klassischen Konkurrenten zumindest ebenbürtig. Nun befindet sich das Produkt in der Marktzulassungsphase. Nettes Detail an den Reeduce-Wänden ist, dass sie nebenbei auch als Bienen- und Insektenhotel dienen.
Entdecken Sie jetzt
- Lesen
- Videos
-
Podcasts
- KTM-Chef Pierer verkauft Automobilzulieferer Leoni AG an Luxshare nach China | IM News 25.09.2024
- VW, BMW, Mercedes: Wieviel Deutschland können sich Autohersteller noch leisten? | IM News 18.09.2024
- Die Talfahrt von Volkswagen: Verschärfung des Sparkurses, VW will erstmals Werke schließen | IM News 12.09.2024
2. Michaela Fraubaum, OMV
Idee: Gewinnung von synthetischem Rohöl aus Altkunststoff
Im Projekt ReOil hat die OMV eine Technologie entwickelt, die Altplastik aus dem Konsumerbreich und aus der Industrie zu synthetischem Rohöl verarbeitet. In der Folge kann dieses Rohöl bei der mehrheitlich zur OMV gehörenden Borealis zu neuen Kunststoffen verarbeitet werden. Das Verfahren, das in der Pilotanlage in der Raffinerie Schwechat eingesetzt wird, ist Pyrolyse, das recycelte Rohöl kann grundsätzlich zu jedem gewünschten Raffinerieprodukt weiter verarbeitet werden.
Lesen Sie auch: OMV wandelt sich zum Chemiekonzern
Die ReOil-Pilotanlage wurde bereits vollständig in die Raffinerie integriert und hat eine Verarbeitungskapazität von bis zu hundert Kilogramm pro Stunde, was hundert Litern synthetischem Rohöl entspricht. Seit ihrer Inbetriebnahme ist die Pilotanlage insgesamt 13.000 Stunden in Betrieb gewesen und half so, neue Erkenntnisse zur Verbesserung der ReOil-Technologie zu gewinnen.
Nun soll eine größere Anlage mit einer Auslegungskapazität von 16.000 Tonnen pro Jahr errichtet werden. Der Produktionsstart ist für den Anfang des kommenden Jahres geplant. Bis 2025 will die OMV das Verfahren soweit weiterentwickelt und getestet haben, dass man eine Kapazität in industriellem Maßstab erreichen kann. Bis zum Jahr 2026, so die Pläne, soll ReOil zu einer kommerziell tragfähigen, großtechnischen chemischen Recyclingtechnologie werden, die eine Kapazität von 200.000 Tonnen pro Jahr erreicht.
3. Thomas Reisinger, Infineon Technologies Austria
Idee: Produktion von grünem Wasserstoff als Prozessmedium
Am Standort Villach errichtet Infineon eine Anlage für nachhaltig erzeugten Wasserstoff. Wasserstoff wird in der Chipproduktion als Prozessmedium gebraucht. Der Bedarf steigt kontinuierlich. Bislang wurde der benötigte Wasserstoff per LKW aus Deutschland geliefert, nun will ihn Infineon selbst vor Ort produzieren. Damit sich der Aufwand auch ökologisch rechnet, wird der Wasserstoff nach dem Einsatz in der Chip-Produktion für den Antrieb von öffentlichen Bussen aufbereitet. Mit rund 300 Kilogramm täglich, die so zur Verfügung stehen, könnten auf das ganze Jahr gerechnet rund 1.500.000 Buskilometer jährlich gefahren werden. Das reicht, um Villach gleich doppelt zu versorgen denn pro Jahr werden hier nur rund 750.000 Kilometer im öffentlichen Busverkehr zurückgelegt.
Die Anlage in Villach, die noch heuer in Betrieb gehen soll, ist die erste Anlage zur Vor-Ort-Erzeugung von grünem Wasserstoff in der Halbleiterindustrie. Geliefert und installiert wird sie von dem Wasserstoff-Weltmarktführer Linde. Linde bereitet das in der Anlage produzierte Gas in einem kryogenen Verfahren so auf, dass hochreiner Wasserstoff bereitgestellt werden kann. Die Infineon-Produktion ist an die Anlage durch ein Flüssigwasserstoff-Versorgungssystem angeschlossen.
4. Christian Skilich, Lenzing
Idee: Photovoltaik auf mehr als 50.000 Quadratmeter
In Lenzing wartet man noch auf die letzten Bewilligungen, dann soll der Bau einer Photovoltaik-Anlage starten, die es in Oberösterreich so noch nicht gegeben hat. Auf einer Freifläche von rund 55.000 Quadratmetern wird dann die größte PV-Freiflächenanlage des Landes entstehen und eine Leistung von 5,5 Megawatt liefern. Dazu will Lenzing 16.000 Module montieren, die pro Jahr rund 5.500 Megawattstunden erzeugen – ein Volumen, das dem durchschnittlichen jährlichen Strombedarf von mehr als 1.700 Haushalten entspricht.
Für den Faserhersteller Lenzing ist die Anlage ein wichtiger Zwischenschritt auf seinem Weg in Richtung Klimaneutralität – und zwar global, nicht nur in Österreich. Denn der Sonnenpark, den die Lenzing AG in Oberösterreich errichtet, ist ein wichtiger Teil ihres Energiekonzepts, das unter anderem auch auf eine konsequente Energieeinsparung setzt. Damit und mit der Nutzung von Strom aus erneuerbaren Quellen will das Unternehmen bis zum Jahr 2030 seinen CO2-Eintrag um fünfzig Prozent reduzieren und bis zum Jahr 2050 konzernweit klimaneutral werden.
Um dieses Ziel zu erreichen, wird daher nicht nur in Österreich an der Energieinfrastruktur des Unternehmens gearbeitet. Eine Reihe von Großinvestitionen, derzeit vor allem in Thailand und Brasilien, sollen für noch mehr Klimaschutz und erneuerbare Energie sorgen.
5. Gerd Pollhammer, Siemens
Idee: Mit einem Mininetz im Unternehmen erneuerbare Energie besser nutzen
Siemens hat auf seinem Unternehmensareal in Wien Floridsdorf mit einem Campus-Microgrid eine intelligente Netzlösung implementiert, die hilft, den Strom- und Wärmebedarf des Unternehmens besser zu steuern. Eingebunden in das Mininetz sind PV-Anlagen, die E-Ladeinfrastruktur, Stromspeicher und Microgrid-Controller. Ein erhöhter lokaler Energiebedarf, wie er zum Beispiel beim Laden der Elektroauto-Flotte vorkommt, lässt sich auf diese Weise managen, ohne mehr Energie beziehen oder den Netzanschluss ausbauen zu müssen.
Die Kernidee, die das ermöglicht, besteht darin, Verbräuche so aufeinander abzustimmen, dass es zu keiner Netzüberlastung kommt. Dazu sind einerseits Verbrauchsdaten nötig, die in Echtzeit analysiert werden, andererseits müssen aber alle Bestandteile eines Microgrids zuverlässig und störungsfrei miteinander kommunizieren können.
Für den Campus-Microgrid von Siemens wird daher ein privates Mobilfunknetz auf der Basis von Nokia-Technologie mit lizenzierten Frequenzbändern eingesetzt. Damit können die Informationen zwischen den Controllern und den Messstellen beziehungsweise Ladepunkten sicher und mit garantierter Datenrate ausgetauscht werden. In den Microgrid ist auch das Siemens Gebäudemanagementsystem Desigo eingebunden, damit bei Lastspitzen die Wärmebereitstellung im Hauptgebäude angepasst wird.
6. Walter Kreisel, Imhotep.Industries
Idee: Wasser aus der Umgebungsluft gewinnen
Wasser als eine Ressource zu sehen, die immer und jederzeit in beliebiger Menge zur Verfügung steht, ist ein verhängnisvoller Fehler. Schon jetzt zeigt sich, dass Wasser in einer nicht allzu fernen Zukunft weltweit zu einem der begehrtesten Rohstoffe werden wird. Knapp ist es an vielen Orten schon heute.
An diesem Punkt setzt das Wiener Start-Up Imhotep an. Als Antwort auf den weltweit steigenden Bedarf an sicherem und sauberem Trinkwasser entwickelt Imhotep atmosphärische Wassergeneratoren. Der Phantor, so heißt das Gerät, kondensiert Wasser aus der Umgebungsluft und erzeugt so bis zu 10.000 Liter reines Trinkwasser pro Tag.
Wichtig am Phantor-Projekt ist aus der Sicht der Gründer die hohe Energieeffizienz, die die Technologie erlaubt, und die Software, die man zur Betriebsoptimierung entwickelt hat. Der potentielle Einsatzbereich der Phantor-Wassergeneratoren ist breit: Sie können Trinkwasser für abgelegene Orte, für autarke Infrastrukturen oder für ökologische Landwirtschaft liefern, ohne dabei Abfall zu produzieren. Und sie tun es mit einem minimalen CO2-Fußabdruck. Der Prototyp des Phantor absolviert aktuell einen Langzeittest auf einer Hotelinsel in Dubai. An der Finanzierung des Phantor-Projekts ist Epoona beteiligt, ein Investor, der sich unter anderem in Start-Ups in der Seed-Phase engagiert.
7. Herbert Gösweiner, Blue Power
Idee: Eine Kleinwindkraftanlage für das Hausdach oder den Vorgarten
Eine Windkraftanlage, die auf Hausdächern, auf Gewerbebauten oder auch im Hausgarten aufgestellt werden kann – dieser Idee hat sich das steirische Start Up Blue Power verschrieben. Mit der BlueOne hat das Unternehmen jetzt eine Kleinwindkraftanlage mit einer Leistung von1 kW entwickelt. Das entspricht rund drei Viertel des Strombedarfs, den ein durchschnittlicher Haushalt pro Jahr hat.
Interessant an der Entwicklung von Blue Power ist unter anderem die geringe Windgeschwindigkeit, die es braucht, damit die BlueOne-Windturbine funktioniert: Der aerodynamische Mantel ermöglicht Stromerzeugung bereits ab Geschwindigkeiten von knapp über 10 km/h. Die Turbine richtet sich dabei selbst in die optimale Richtung aus und kann bei Temperaturen von - 25 bis + 60 Grad Celsius betrieben werden. Die Lebensdauer gibt Blue Power mit zwanzig Jahren an.
8. Stephan Bauer, RAG Austria
Idee: Speicherung von grünem Wasserstoff in ehemaligen Erdgaslagerstätten
Wasserstoff kann ein Schlüssel zur Energiewende sein – vorausgesetzt er wird aus erneuerbarer, nicht-fossiler Energie erzeugt und es gibt Lösungen um ihn so zu speichern, dass er zur Verfügung steht, wenn andere Energieformen nicht nutzbar sind. In dem Projekt „Underground Sun Storage 2030“ der RAG wird gerade daran gearbeitet. Gemeinsam mit Partnern aus Wissenschaft und Wirtschaft will die RAG dabei Wege finden, um Wasserstoff großvolumig in unterirdischen Gaslagerstätten zu lagern.
In einer kleinen nicht mehr in Betrieb stehenden Erdgaslagerstätte im oberösterreichischen Gampern erforscht das Unternehmen bis 2025 unter realen Bedingungen, wie Sonnenenergie durch Elektrolyse in grünen Wasserstoff umgewandelt und dann gespeichert werden kann. Modellierungen des künftigen Gesamt-Energiesystems zeigen, dass gerade in Mitteleuropa durch den Ausbau der erneuerbaren Stromgewinnung in den Sommermonaten ein großer Überschuss an erneuerbarer Energie vorhanden sein wird. Zugleich wird es im Winter aber zu wenig davon geben. Großflächige, sichere Wasserstoffspeicher wären daher eine ideale Möglichkeit, um den Überschuss des Sommers im Winter nützen zu können.
Zwei Vorgängerprojekte haben bereits den Nachweis erbracht, dass ein Wasserstoffanteil von bis zu 20 Prozent in Erdgaslagerstätten gut verträglich gelagert werden kann. Laboruntersuchungen legen aber nahe, dass der Wasserstoffanteil auch auf bis zu 100 Prozent erhöht werden kann.
9. Marcel Alper, GreenBrakes
Idee: Grüne Bremse
Digitale Bremsen können hydraulische und pneumatische Bremsen ersetzen. Inzwischen sind viele solcher Bremsen entwickelt und auch im Einsatz. GreenBrakes hat allerdings eine Lösung entwickelt, die mit ihrem nicht-linearen Verlauf des Übersetzungsverhältnisses besonders ist. Denn aus diesem Verlauf resultieren maximale Betätigungsgeschwindigkeiten bei minimalen Motorgrößen. Die Motorleistung kann so im Vergleich zu anderen Lösungen um den Faktor drei bis vier verringert werden, was sich günstig auf Baugröße, Gewicht, Stromaufnahme und den ökologischen Impact auswirkt.
GreenBrakes können auch ohne Restschleifmoment laufen, indem sie die Bremsbeläge aktiv abheben. Das reduziert sowohl die Bildung von Feinstaub als auch den Treibstoffverbrauch und somit die CO2-Emissionen. Pro gefahrenen Kilometer verursachen Verbrenner mit GreenBrakes um 6 Gramm weniger CO2-Ausstoss als solche mit konventionellen Bremsen. GreenBrakes brauchen auch weder Bremsschläuche, noch Öl, noch Bremsflüssigkeit. Gefertigt werden die Bremsen aus Standardkomponenten, die im Maschinenbau zum Einsatz kommen. Neben dem PKW- und Nutzfahrzeugbereich können GreenBrakes auch eine Lösung für autonome Fahrzeuge, für Aufzüge oder in der Robotik sein.
10. Bernhard Puttinger, Green Tech Cluster
Idee: Anderen Ideen ermöglichen
270 Unternehmen, 2.000 Forscher, 600 Green-Tech-Lösungen, die von den am Cluster beteiligten Unternehmen entwickelt wurden. Darauf ist der Green Tech Cluster mit Sitz in Graz stolz. Der Cluster versteht sich als ein Ort an dem neue Ideen entstehen, wachsen und am Ende in Realität umgesetzt werden und fungiert daher auch als Trendscout. Er ist zugleich aber auch ein wirtschaftlicher Motor. Denn innerhalb von zehn Jahren konnten die Green Tech Unternehmen des Clusters die Zahl ihrer Beschäftigten verdoppeln und ihre Umsätze verdreifachen. Allein Im vergangenen Jahr war der Cluster an 34 Innovationsprojekten mit einem Kooperationsvolumen von 87 Millionen Euro beteiligt.
- #Nachhaltigkeit
- #Maschinenbau
- #Anlagenbau
- #Elektronik
- #Reeduce
- #OMV
- #Infineon
- #Lenzing
- #Siemens
- #Imhotep.Industries
- #Blue Power
- #RAG
- #GreenBrakes
- #Green Tech Cluster
- #Bernhard Puttinger
- #Marcel Alper
- #Stephan Bauer
- #Herbert Gösweiner
- #Walter Kreisel
- #Gerd Pollhammer
- #Christian Skilich
- #Thomas Reisinger
- #Michaela Fraubaum
- #Birgit van Duyvenbode