Platform as a service : Lenze: "OEE ist keine Raketenwissenschaft, aber Bereitstellung braucht es"
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Timo Schuler ist Softwareingenieur und arbeitet seit gut zwei Jahren bei einem kleineren Sondermaschinenbauer auf der schwäbischen Alb. Er ist mit seinen „Digitalthemen“ zum Team des Kundenservice dazu gestoßen, kümmert sich aber eigentlich allein um digitale Geschäftsmodelle und Produktentwicklung. „Der Schwerpunkt unserer Arbeit liegt immer noch auf der Hardware“, erklärt Schuler. Seit einem halben Jahr bietet er seinen Anwendern digitale Zusatzangebote rund um „seine“ Maschine an.
In Bremen hat Klaas Nebuhr von Lenze sein Büro, am Digitalstandort des Hamelner Automatisierungsspezialisten. Er verantwortet das Lenze-Digitalgeschäft. Für ihn ist Schuler das Paradebeispiel für die Herausforderung vor allem vieler kleiner- und mittelständischer Maschinenbauer: „Es ist schon mal super, dass der Inhaber einen Softwareingenieur gefunden und sofort eingestellt hat. Das ist für einen kleinen Maschinenbauer wie ein Sechser im Lotto.“ Denn es fehle nicht an Ideen, sondern an Experten, Prozessen und Lösungen, die für den OEM wirtschaftlich sinnvoll und einfach zu adaptieren sind.
Applikationen adaptieren
In den großen Ökosystemen und auf den Plattformen der Automatisierungsgiganten finden sich die vielen kleinen und mittleren Maschinenbauer – ob nun in Deutschland oder international – oft nicht wieder, heißt es in Nebuhrs Team. So entstand eine Idee: „Die Maschine steht bei vielen im Mittelpunkt des Geschäftsmodells, deshalb wollen wir die Kerngeschäftsprozesse um die Maschine herum mit digitalen Geschäftsmodellen und Services unterstützen. Dafür bieten wir den OEMs eine Asset-„Platform as a Service“ (PaaS) an.“
Das Besondere: Die Plattform ist offen für Erweiterungen, Anpassungen und Integration. „Und das natürlich DSGVO-konform“, verspricht Nebuhr. Er versteht sich mit seinem auf Azure-laufenden PaaS-Angebot als Enabler für die KMU. Lenze liefert nicht nur die Komponenten, sondern auch die Sicherheit, die Infrastruktur und erste Applikationen auch aus Partnerunternehmen. Diese Applikationen könne der Kunden für seinen Maschinenkäufer individualisieren mit eigenen Funktionen und Designs rebranden.
„Anschließend kann er sie dann schlüsselfertig an seinen Kunden weitergeben und im nächsten Schritt gemeinsam mit dem Anwender verbessern.“ Lenze gehe mit dem Kunden den ersten Schritt hin zu digitalen Services. „Wir nehmen ihn an die Hand, weil wir dank unseres Asset Managements wissen, was für ihn und seine Kunden Sinn machen könnte. Wir sitzen mit unseren Komponenten direkt in der Maschine und kennen die Anwendungen sehr gut.“
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OEE-Berechnung als erste Anwendung
Nebuhr kommt ins Schwärmen: „Es geht um das Gesamtparket – analog zur Formel 1. Der Beste Fahrer reicht nicht, wenn das Auto oder die Boxencrew nicht zusammenpassen. Die OEE (Overall Equipment Effectiveness) beispielsweise können auch Wettbewerber ausrechnen, es geht um die Entwicklung von digitalen Produkten für die kleinen und mittelgroßen Maschinenbauer.“ Doch wie genau kann so ein digitales Produkt von Lenze aussehen?
„Wir starten gerade mit unserer OEE & Downtimetracking“-Applikation.“ Denn: Die OEE ist in vielen Unternehmen immer noch das Sorgenkind. Bei 80 Prozent sollte sie schon liegen, die Realität sieht oft anders aus. Es mangelt an Daten, aber viel öfter noch an der Transparenz dieser. Das ändert sich mit dem OEE & Downtimetracking. Das sorgt für mehr Transparenz im Produktionsprozess und das ohne zusätzliche Hardware oder Sensoren. Die Lenze-PLC berechnet die OEE. „Wir arbeiten an einer Lösung, die auch andere PLCs berücksichtigt. Die OEE-Lösung ist der erste Schritt für uns und unsere Kunden.“
Keine Raketenwissenschaft
Die Ergebnisse werden auf vorkonfigurierte Dashbords visualisiert. Das Downtime Tracking ist eine Ergänzung zur OEE-Lösung. Die OEE-Faktoren “Verfügbarkeit” und “Performance” werden im Detail betrachtet, heißt es bei den Entwicklerinnen und Entwicklern. Es werden sowohl maschinelle Stillstandszeiten, als auch organisatorische Stillstände getracked. Unter organisatorisch fällt dabei auch, wenn die Maschine manuell angehalten wird oder beispielsweise mit reduzierter Geschwindigkeit läuft.
Lenze setzt bei der Kommunikation auf OPC UA und MQTT – auf diese Weise wird die Anschlussfähigkeit für Zukunftstechnologien gewährleistet. Der Datenfluss von der Steuerung bis in die Cloud ist sichergestellt und auch ohne Cloudanbindung können die Live-Daten in Echtzeit auf ein Human Machine Interface für mehr Transparenz und Motivation der Belegschaft geschickt werden. „Lokal schaffen wir einen Drei-Schicht-Vergleich und in unserer Cloud können historische Daten über bis zu sieben Jahren analysiert werden“, erklärt Nebuhr.
Er und sein Team sind sich sicher: Für den Maschinenbauer ist die Applikation ein einfacher Weg, um Maschinenleistung und Maschinenverfügbarkeit entsprechend den Bedürfnissen der Endkunden darzustellen. „OEE ist keine Raketenwissenschaft, der Clou liegt in der Bereitstellung und Distribution der Applikation, der nahtlosen Integration in die Hardware und der Idee ein PaaS-Konzept aufzusetzen und dieses stetig weiterzuentwickeln.“ Der Endkunde kann dank der Daten seine Produktion erhöhen oder stabilisieren. Das OEE & Downtimetracking ist damit auch ein Weg, um Produktionsoptimierungen auf Basis von Daten durchzuführen.
Und Schulers Rolle? Er reicht die OEE-Applikation weiter an seinen Kunden, um gemeinsam in Zukunft die Maschine zu verbessern und darauf aufsetzend vielleicht sogar eigene Softwarebausteine zu entwickeln. „Wir wollen keinen Lenze Lock-In“, unterstreicht Nebuhr. Auch andere Unternehmen sind willkommen.
Dieser Beitrag erschien erstmals Dezember 2021. Aufgrund seiner nach wie vor hohen Aktualität und Relevanz haben wir ihn gerne für Sie aus dem Archiv geholt!