Ende März war es auch in Österreich soweit. Auf Initiative des Bundesministeriums für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort und des Bundesministeriums für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie wurde der Gaia-X-Hub Österreich gegründet. Helmut Leopold vom Austrian Institute of Technology, Vorsitzender des Management-Boards, bestätigt Versäumnisse in der Kommunikation: „Es gibt in Sachen Kommunikation sehr viel nachzuholen. Wir müssen Missverständnisse ausräumen und zunächst ein Verständnis für das Projekt schaffen“. Man habe nun mit einer Kommunikationsoffensive gestartet, das erklärte Ziel ist eine Gaia-X-Community, in der sich die Akteure untereinander vernetzen und international Kontakte knüpfen können. Für den IT-Experten steht fest: Gaia-X wird sich durchsetzen – wer nicht mitmacht, wird abgehängt. Bisher gab es zwei Vernetzungstreffen mit Vertretern von Hubs aus benachbarten Ländern. So könnte innerhalb Europas ein eigener Cluster entstehen, in dem bestimmte Länder auf ihre gemeinsamen Stärken fokussieren.
Die Skepsis in der Industrie gegenüber dem digitalen Austausch von Daten versteht Leopold, er will aber mit gewissen Mythen aufräumen: „Aus den Chefetagen der Unternehmen hört man oft, dass man seine Daten niemals in eine Cloud hochladen würde. Doch die Realität ist eine ganz andere. Viele, die so argumentieren, haben ihre Daten schon längst irgendwo in der Cloud und wenn der ökonomische Druck da ist, weicht diese Haltung sehr schnell den wirtschaftlichen Überlegungen. Gaia-X setzt genau dort an – unsere Daten müssen sicher sein und der Missbrauch muss verunmöglicht werden. Wir müssen also Herr über unsere Daten werden – darauf beruhen letztendlich auch unsere Demokratie und Freiheitswerte.
“Die Kritik an der Rolle der Hyperscaler sieht Leopold gelassen: „Auf der einen Seite gibt es ein formales Normierungssystem, das sich oft durch eine gewisse Trägheit auszeichnet. Auf der anderen Seite gibt es Initiativen wie Gaia-X, die bottom-up aus der Industrie kommen, wo sich Unternehmen zusammensetzen und auf gewisse Spezifikationen einigen. Für solche Übereinkommen braucht es keine UNO-Sitzung, da reicht die Kraft des freien Marktes. Und wenn man sich auf offene und transparente Standards einigt, dann ist es doch in Ordnung, wenn die Hyperscaler da mitmachen.“
Vorbildfunktion mit globalen Ausmaßen
Die Absichten des Gaia-X-Projekts, die Datenhoheit wieder in europäische Hände zu legen, sind ambitioniert. Diese Kontrolle zurückzuerobern, erweist sich jedoch als leichter gesagt als getan. Die Komplexität des Projekts und die unterschiedlichen Prioritäten der Beteiligten in Verbindung mit einem sich ständig ändernden rechtlichen Umfeld verheißen nichts Gutes für seine Zukunft.
Als Vorbild wird die DSGVO-Verordnung genannt, die sich nicht nur auf die EU-Ebene ausgewirkt hat, sondern auf die ganze Welt. Doch das Projekt sieht keine rechtlich verbindlichen Anforderungen vor, der Anreiz sich zu beteiligen erschließt sich auf den ersten Blick nicht. Hinzu kommt, dass gerade in Deutschland, wo in Zusammenarbeit mit Frankreich die Idee zum Projekt entstanden ist, unlängst ein großer Fördertopf gestrichen wurde. Kein gutes Omen für das Emanzipationsprojekt.