Automotive : Zulieferer oder Autobauer: Wer trägt Kosten in Autoindustrie?

Bosch Dieseleinspritzpumpe
© Bosch

Die Kosten für Autobauer steigen – und werden entsprechend an die Kunden weitergegeben. Das bedeutet nicht zwingend mehr Gewinn, sondern oft einfach nur Kostendeckung.

Funktioniert das gleiche Szenario in Grün? Die Zulieferer wollen die teils dramatisch gestiegenen Kosten zumindest teilweise an die Autobauer weitergeben. Doch ganz so leicht scheint das nicht zu gehen.

Wie das Handelsblatt berichtete, stießen die Zulieferer hier auf erheblichen Widerstand bei den Herstellern. Unter anderem würden Bosch, Conti und Mahle Gespräche mit den Abnehmern führen. Mann+Hummel hätten sogar schon mit Lieferstopps gedroht.

Eben diese wären wohl das Tüpfelchen auf dem i der bereits angespannten Situation in den globalen Lieferketten, die besonders die Autoindustrie trifft. Mit Grund, warum einige Produzenten Lieferstopps unbedingt vermeiden wollen und zumindest ein Stück weit auf die Zulieferer zukommen, was die Preisanpassungen betrifft.

Dabei spüren schließlich nicht nur die Abnehmer die Probleme in der Supply Chain, sondern auch ihre Zulieferer. Engpässe bei Komponenten, der kriegsbedingte Ausfall vieler Liefermöglichkeiten, weite Umfahrungen von Gebieten – all das macht die Logistik deutlich teurer. Dazu kommen hohe Energiekosten und die Inflation.

„Jedem ist klar, dass es verbindliche Rahmenbedingungen braucht, um in schwierigen Zeiten handlungsfähig zu bleiben.“
Markus Tomaschitz von AVL List

Zulieferer in Österreich – harte Verhandlungen

„Ein weiterer Aspekt ist die schwierige Versorgungssicherheit bei Stahl“, gibt Michael Ostermann zu bedenken. Ostermann ist Vorstand der Frauenthal Holding mit Hauptsitz in Wien und zuständig für die Division Automotive. „Viele disponieren wegen der gesetzten Sanktionen nicht mehr in Russland und der Stahlpreis geht durch die Decke, bei gleichzeitig verschlechterter Verfügbarkeit.“ Gemeinsam mit den Energiekosten würde diese Preissprünge maßgeblich belasten. Dass die Zulieferer Auswege aus der Misere suchen, überrascht wenig.

Lesen Sie hier das gesamte Interview mit Michael Ostermann!

Während in Deutschland also die Verhandlungen teilweise gar nicht laufen, teilweise schleppend, gibt es auch in Österreich Vorstöße in Richtung Kostenweitergabe an Autobauer. INDUSTRIEMAGAZIN fragte bei AVL List mit Sitz in Graz nach:

„Die Teuerungsrate und andere Konsequenzen der Lieferkettenengpässe sind laufende Themen im Austausch mit unseren Kunden, aber auch mit Lieferanten“, sagt Markus
Tomaschitz, Sprecher der Gruppe. „Aus unserer Sicht gibt es beidseitige Einsicht, dass Risiken nie einseitig getragen werden können und es einen partnerschaftlichen Schulterschluss braucht.“

Anders als in Meldungen aus Deutschland, laufen aus Sicht des Spezialisten für Antriebssysteme die Gespräche konstruktiv, „hart, aber fair.“

Bei Bosch Austria möchte man aus Vertraulichkeitsgründen derzeit keine tiefen Einblicke in die Gespräche geben. Doch, so das offizielle Statement, Preissteigerungen müssen an Kunden weiterverrechnet werden, um in der Branche Automotive auch in Zukunft profitabel bleiben zu können.

„Wie andere Zulieferer befindet sich auch der Bosch Unternehmensbereich Mobility Solutions durch gestiegene Preise für Rohstoffe, Energie und Halbleiter unter einem hohen Kostendruck. Teilweise haben sich die Preise seit 2020 fast verdreifacht“, heißt es vom Unternehmen. Die Expertenteams von Bosch Österreich würden sich „im engen Austausch“ mit den Kunden befinden.

„Die Profitabilität- und Margensituation ist in der gesamten Automobilzulieferindustrie extrem angespannt." Michael Ostermann von Frauenthal.

- © FRAUENTHAL

Wie entwickeln sich Kosten weiter?

„Jedem ist klar, dass es verbindliche Rahmenbedingungen braucht, um in schwierigen Zeiten handlungsfähig zu bleiben“, sagt auch Tomaschitz von AVL List. Wie lange eben diese Zeiten noch anhalten werden, lässt sich nicht prognostizieren, was die aktuellen Probleme entsprechend verschärft und schwer vergleichbar macht.

Laut Tomaschitz von AVL List hängen die weiteren Kostenentwicklungen 2022 vom Verlauf in der Ukraine ab, „von den Entzerrungen der Lieferketten und wohl auch von einer Entspannung bei den Rohstoffpreisen.“

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Der spekulative Hintergrund ist enorm und macht vermutlich auch die Lohnverhandlungen nicht leichter, durch die eine Lohn-Preis-Spirale verhindert werden soll. „Waren in der Vergangenheit Abrufe oder Prognosen noch relativ verlässlich, sind diese heute selbst in kurzfristigen Bereich extrem volatil“, so Ostermann von Frauenthal.

"Wir hatten in den letzten Monaten oft Situationen, dass Kunden von den für den aktuellen Monat prognostizierten Mengen während des Monats nur 70% abgenommen haben. Das macht Kapazitätsplanungen, Vormaterialdisposition und andere Elemente fast nicht seriös planbar. Die Unsicherheit über die tatsächliche Mengenentwicklung war nie größer als heute.“

Klar ist: Auch die Zulieferer leiden unter dem Kostendruck und der schweren, teils unmöglichen Planbarkeit. „Die Profitabilität- und Margensituation ist in der gesamten Automobilzulieferindustrie extrem angespannt“, weiß auch Ostermann von Frauenthal.

„Es ist daher unumgänglich, dass wir gestiegene Material- und Energiekosten an unsere Kunden weitergeben müssen.“ Der Weg, den Frauenthal dabei wählt: transparente und klare Kommunikation. Weiterverrechnet würden ausschließlich die tatsächlichen Mehrkosten.