Textil-Industrie : Stellenabbau und Senkung der Personalkosten: Wie Lenzing sparen muss

Lenzing Standort in Thailand

Lenzing: auch das Werk in Thailand ist von hohen Abschreibungen betroffen

- © Lenzing

Der börsenotierte Faserhersteller Lenzing schreibt wegen veränderter wirtschaftlicher Rahmenbedingungen den Wert von fünf Produktionsstandorten um 465 Millionen Euro ab. Insgesamt rechnet der Konzern mit einem Nettoverlust von 593 Millionen Euro. Wie der Konzern am Freitag mitteilte, habe das negative Marktumfeld das Geschäftsergebnis stark beeinflusst. Zum Vergleich: Für 2022 wird ein Ergebnis nach Steuern von minus 37,2 Mio. Euro erwartet.

>>> BWB beantragt Strafen für Lenzing und Palmers wegen insolventer Hygiene Austria

Die Lenzing-Werke, die von den Abschreibungen betroffen sind, befinden sich in Indonesien, Österreich, China, Thailand und in den USA. Gründe für die außerplanmäßigen Abschreibungen sind laut dem oberösterreichischen Faserhersteller einerseits die anhaltenden Unsicherheiten im wirtschaftlichen Umfeld und andererseits die weiterhin steigenden Rohstoff- und Energiekosten sowie höhere Diskontierungssätze aufgrund des geänderten Zinsumfeldes.

Nie mehr die wichtigsten News aus Österreichs Industrie verpassen? Abonnieren Sie unser Daily Briefing: Was in der Industrie wichtig wird. Täglich um 7 Uhr in Ihrer Inbox. Hier geht’s zur Anmeldung!

Folgen Sie uns doch für mehr News aus Österreichs Industrie auf unserem neuen WhatsApp-Kanal: einfach Code scannen und auf "abonnieren" klicken!

- © Industriemagazin

Abbau von 500 Stellen

Das Unternehmen hat sich auf die Verarbeitung von Holz zur Herstellung von Fasern für modische, gewerbliche, kosmetische und sanitäre Anwendungen spezialisiert. Der Umsatz des Konzerns blieb im vergangenen Jahr mit 2,5 Milliarden Euro nahezu unverändert. Das Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (EBITDA) konnte im Vergleich zum Vorjahr um ein Viertel auf 303,3 Mio. Euro gesteigert werden.

>>> Nachhaltiges Branding: Diese 5 Trends formen Ihr betriebliches Image

"Ab dem zweiten Halbjahr 2022 gab es einen 'perfect storm', weil die Textilunternehmen auf sehr viel Bestand gesessen sind und die Faser-Nachfrage eingebrochen ist", sagte Lenzing-Chef Stephan Sielaff zur APA. "Die erwartete Erholung der für die Lenzing Gruppe relevanten Märkte blieb bisher aus." Nachfragezurückhaltung und höhere Rohstoff- und Energiekosten hätten 2023 zu einem Ergebnis geführt, mit dem man "nicht zufrieden" sei. "Die Eigenkapitalquote sank trotz der Verluste nur von 37,8 Prozent (Ende 2022) auf 34,7 Prozent (Ende 2023), weil Lenzing Mitte 2023 rund 400 Mio. Euro mit einer Kapitalerhöhung bei Aktionären eingesammelt hat", sagte Lenzing-Finanzchef Nico Reiner.

>>> Das sind Österreichs 10 grünste Fabriken

Derzeit läuft bei Lenzing noch der im November angekündigte Abbau von weltweit 500 Vollzeitstellen. Dazu zählen Pensionierungen und Nichtnachbesetzungen. Davon betroffen sind 80 Arbeitsplätze in Österreich. "Der Stellenabbau ist weit fortgeschritten, aber nicht abgeschlossen. Darüber hinaus ist derzeit kein Abbauprogramm geplant", so der Konzernchef. Ende 2023 wird der Faserhersteller weltweit rund 7.900 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter (Vollzeitäquivalente) beschäftigen.

Sielaff Lenzing CEO Lächelt in die Kamera
Stephan Sielaff - © Sielaff LinkedIn
Ab dem zweiten Halbjahr 2022 gab es einen 'perfect storm', weil die Textilunternehmen auf sehr viel Bestand gesessen sind und die Faser-Nachfrage eingebrochen ist.
Stephan Sielaff

Kostensenkungsprogramm läuft

Sielaff sagte bei der Bilanzpressekonferenz, die Senkung der Personalkosten sei Teil eines Kostensenkungsprogramms, das insgesamt mehr als 1.000 Initiativen umfasse. 100 Millionen Euro müsse der Konzern einsparen, die Hälfte davon werde heuer wirksam, die andere Hälfte bis Ende 2025. Lenzing erschließe neue Absatzmärkte, optimiere Prozesse und versuche zu sparen, etwa bei den Lagerkosten in China, indem man künstliche Intelligenz einsetze oder den Dampfverbrauch im thailändischen Werk reduziere, nannte Sielaff Beispiele.

>>> So fördert die EU Textil-Recycling von Lenzing

Die stark schwankende Nachfrage nach Textilfasern für Mode, Heimtextilien und Outdoor-Bekleidung hat Lenzing in den vergangenen Jahren deutlich zu spüren bekommen und musste den Personalstand anpassen. Um die Geschäftsschwankungen etwas zu reduzieren, soll der Faserbereich für Kosmetik- und Hygieneprodukte (Nonwovens) weiter ausgebaut werden, kündigte der Firmenchef an. An der Wiener Börse musste die Lenzing-Aktie in den vergangenen zwölf Monaten kräftig Federn lassen, der Kurs sank um knapp 50 Prozent auf rund 30 Euro. Auch am Freitag reagierte die Aktie auf die Zahlen mit einem Kursverlust von knapp 9 Prozent bis Mittag.

>>> Wie Lenzing seine Klimaziele erreichen will

Entwarnung für 2024 will der Lenzing Vorstand aber vorerst nicht geben. Die Ergebnisvisibilität bleibe "insgesamt stark eingeschränkt", man gehe aber "von einem höheren EBITDA im Vergleich zum Vorjahr aus". Mittelfristig rechnet Lenzing mit einer steigenden Nachfrage nach umweltfreundlichen Fasern für die Textil- und Bekleidungsindustrie sowie für den Hygiene- und Medizinbereich. Lenzing bietet Spezialfasern unter anderem unter den Markennamen Tencel, Ecovero und Veocel an. "Die Erholung wird kommen. Wir wissen auch, dass das Niveau nach der Krise oberhalb des Niveaus vor der Krise liegen wird", sagte der Lenzing-Chef. Der Vorstand will heuer weiter den Fokus auf Free-Cashflow-Generierung, die Stärkung des Umsatz- und Margenwachstums sowie das Kostenmanagement legen. "Der Textilmarkt ist derzeit noch schwer prognostizierbar, aber wir sind bereit für den Turnaround", so Sielaff.