Österreichische Chip-Strategie : Mikrochipsgipfel in Wien: Wie Österreichs Halbleiter-Industrie wachsen will

ABD0172_20230713 - WIEN - ?STERREICH: CEO, Infineon Technologies (Austria), Sabine Herlitschka am Donnerstag, 13. Juli 2023, w?hrend einer PK zum "Mikrochip-Gipfel - Ausbau nachhaltiger, innovativer Technologien und Infrastruktur" im Bundeskanzleramt in Wien. - FOTO: APA/GEORG HOCHMUTH

Sabine Herlitschka, Infineon, am Mikrochipsgipfel in Wien

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Die heimische Halbleiterindustrie steht gut da. Für weiteres Wachstum braucht es aber Milliarden. Die Stärkung der Branche stand im Mittelpunkt des "Mikrochip-Gipfels" im Bundeskanzleramt in Wien. Karl Nehammer (ÖVP) hatte dazu Branchenvertreter wie Infineon-Chefin Sabine Herlitschka und AT&S-Chef Andreas Gerstenmayer geladen. "Mikrochips in Österreich soll so ein Begriff werden wie Lipizzaner und Mozartkugeln" sagte der Bundeskanzler vor Journalisten.

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"Mikrochips sind auch die Motoren der Transformation", betonte Nehammer am Donnerstag bei der Pressekonferenz im Anschluss an das Treffen mit Blick auf Digitalisierung und Energiewende. "Klimaschutz geht nicht ohne Digitalisierung, Halbleiter sind essenziell für viele Klimaschutz-Technologien. Egal ob für Windkraft, Photovoltaik, E-Autos oder Energienetze - überall finden sich Chips", bekräftigte Klimaschutzministerin Leonore Gewessler (Grüne). "Chips machen möglich, dass wir in eine klimafitte Zukunft gehen."

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Sabine Herlitschka, Infineon, und Bundeskanzler Karl Nehmer, ÖVP

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Umsetzung des European Chips Act

In den vergangenen 15 Jahren habe das Klimaschutzministerium bereits mehr als 530 Millionen Euro an Fördermitteln investiert. "Wir haben investiert und wir wollen das auch weiterhin tun - der nächste Schritt ist der European Chips Act, die Umsetzung des European Chips Act." Die sogenannte erste Säule wird nun umgesetzt - ein Arbeitsprogramm zur Förderung von Forschung und Innovation mit einem Gesamtvolumen von 3,3 Mrd. Euro für den Zeitraum 2023 bis 2027. Die Summe wird im freien Wettbewerb vergeben. Das bedeute, dass die besten Projekte zum Zuge kämen.

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"Mikrochips halten unsere Welt am Leben und vor allem auch am Laufen", unterstrich der Bundeskanzler die zentrale Bedeutung der Mikroelektronik für die österreichische Standort- und Industriepolitik. Diese sei auch bereits im Regierungsprogramm verankert. Die Halbleiterindustrie, die derzeit rund 72.000 Arbeitsplätze schafft, will laut einer Potenzialerhebung des Industriewissenschaftlichen Instituts (iwi) bis 2030 knapp 7 Mrd. Euro am Standort Österreich investieren. Dadurch sollen 26.500 zusätzliche Arbeitsplätze und weitere knapp 10.000 Arbeitsplätze im laufenden Betrieb geschaffen werden.

Blick in den Sitzungssaal zum "Mikrochip-Gipfel" im Bundeskanzleramt

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Chips für den Klimaschutz

Dafür, so war man sich beim Gipfel einig, brauche es gute Rahmenbedingungen und eine Stärkung der Technologie-, Innovations- und Umsetzungskapazitäten. Als Herausforderungen hob Herlitschka die "Kombination hohe Energiekosten, Inflation und Fachkräftemangel" hervor.

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"Wir haben im vergangenen Jahr in Österreich rund 9 Milliarden Chips produziert. Damit haben wir dazu beigetragen, dass 7 Millionen Tonnen CO2 eingespart wurden - das entspricht der Hälfte der jährlichen Pkw-Emissionen in Österreich", unterstrich die Managerin, die auch Vizepräsidentin der Industriellenvereinigung und Obmann-Stellvertreterin des Fachverbandes der Elektro- und Elektronikindustrie (FEEI) ist, die Bedeutung der Branche für den Klimaschutz.

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Halbleiter werden laut Bundeskanzleramt einen Schwerpunkt im nächsten Budget bilden. Für die Branche sei eine gezielte Forschungs- und Wirtschaftsförderung im Rahmen des European Chips Act vorgesehen. "Im Rahmen der Budgetverhandlungen werden wir dafür ein Paket schnüren und im Herbst vorstellen", kündigte Nehammer an. Teil des "Halbleiterpakets" sollen auch nicht-monetäre Maßnahmen zur Verbesserung der Rahmenbedingungen sein. Ein Handlungsfeld sei auch die Stärkung der Resilienz entlang der Liefer- und Wertschöpfungsketten.

"Wichtiger Motor der Wirtschaft"

"Die Chipindustrie ist ein wichtiger Motor in der Wirtschaft und schafft Beschäftigung", hielt auch Wirtschaftsminister Martin Kocher (ÖVP) fest. "Wir sind ein führender Standort in der Welt, was die Produktion von Halbleitern und Mikrochips betrifft." Der heutige Gipfel sei der "Startschuss für die Umsetzung des European Chip Act. "Die Bundesregierung gibt ein klares Bekenntnis ab, die Branche zu stärken", so der Minister. Im Zuge des Treffens wurden die Potenziale Österreichs ausgelotet.

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Die Zeit dafür ist knapp. Denn im weltweiten Vergleich liegt Europa weit hinter anderen Weltregionen wie Asien zurück. Ziel der Europäischen Kommission ist mit dem European Chips Act die Steigerung des Anteils Europas am internationalen Halbleitermarkt von 10 auf 20 Prozent bis zum Jahr 2030. Für den Ausbau der Halbleiterindustrie sind europaweit insgesamt 43 Milliarden Euro vorgesehen. Der Großteil muss national, also in den einzelnen Mitgliedsstaaten, finanziert werden. "Deshalb ist es auch so wichtig, dass Österreich hier auch in die Gänge kommt", so Herlitschka.

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Mit einem Interessenbekundungsverfahren startet das heimische Wirtschaftsministerium den nationalen Förderprozess, der die Investitionen der Industrie begleitet. Unternehmen sind aufgerufen, ihr Interesse an einer Förderung ihrer Investition in Österreich online bekannt zu geben. "Das aws hat heute eine Website freigeschaltet", gab Kocher bekannt. "Danach beginnt der Prozess der Budgeterstellung." Parallel dazu wird eine Expertengruppe mit Vertretern aus Wirtschafts- und Umweltministerium, den Förderagenturen FFG und aws sowie dem Fachverband der Elektro- und Elektronikindustrie als beratendes Gremium eingerichtet, um die Expertise der Branche strukturell in den Prozess einzubinden. "Wir werden intensiv mit der Branche in Kontakt bleiben und uns auf Spitzenebene weiter austauschen", so der Wirtschaftsminister.