Handelsbeziehungen : IV-Experte Löwy: China wird Russland statt Europa beliefern

Die Nationalflaggen von Russland und China
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Das Verhalten Chinas wird eine entscheidende Rolle darin haben, wie stark sich die westlichen Sanktionen auf Russland auswirken. Das sagt Michael Löwy, Bereichsleiter für Internationale Beziehungen und Märkte bei der Industriellenvereinigung (IV), in einem Ö1-Sonderjournal am Freitag. Russland könne gewisse Produkte, die es nicht mehr aus Europa oder den USA erhält, durch chinesische Alternativen substituieren. Allerdings kann China nicht alles auffangen, so Löwy.

Es habe in den letzten Wochen einen Schulterschluss beider Länder gegeben, so der IV-Experte. Die Beziehungen Chinas und Russlands seien aber mit Blick auf die Geschichte nicht immer konfliktfrei gewesen. "Das heißt, auch hier, würde ich sagen, muss man sich aufeinander vielleicht nicht ganz verlassen", schätzt Löwy. "Aber in der näheren Zukunft wird China Russland stützen."

Taiwan mit seiner starken Halbleiter-Industrie schließt sich den westlichen Sanktionen gegen Russland derweil an. Das kündigte Ministerpräsident Su Tseng-chang an. Wirtschaftsministerin Wang Mei-hua sagte, man werde die Exporte nach Russland "streng prüfen" und sich mit den Verbündeten über weitere Maßnahmen "abstimmen". Der weltgrößte Auftrags-Chiphersteller Taiwan Semiconductor Manufacturing Co (TSMC) erklärte, die Sanktionen mitzutragen.

Angesprochen auf Taiwans Sanktionen sagte der Sprecher des chinesischen Außenministeriums, Wang Wenbin, die Insel-Regierung lasse keine Gelegenheit aus, um "auf sich aufmerksam zu machen und zu versuchen, sich bemerkbar zu machen". "Aber diese Art von Trick wird sich nicht durchsetzen", fügte er hinzu. China verhängt keine Sanktionen gegen Russland mit der Begründung, solche Maßnahmen hätten noch nie Probleme gelöst. Russland ist kein wichtiger Markt für taiwanesische Waren. Die Insel hat allerdings einen Erdgasvertrag mit Russland.

Bisher nicht entschieden, aber im Gespräch ist ein Ausschluss Russlands aus dem internationalen Zahlungssystem Swift. Mehrere EU-Staaten, darunter Österreich, sind momentan gegen eine solche Maßnahme. Wie stark die Auswirkungen eines derartigen Schritts wären, ist dem IV-Experten Löwy nach, schwer abzuschätzen - "denn SWIFT ausschalten, heißt nicht alles ausschalten." Er verweist dabei auf den Iran, der trotz Sanktionen weiter mit Öl handelt.

Die jetzt beschlossenen Sanktionen des Westens dürften dem Experten Michael Löwy nach schnell wirken. Die Strafmaßnahmen betreffen unter anderem die Bereiche Energie, Finanzen und Transport. Bei den Sanktionen gegen den Transportsektor geht es vor allem darum, die russische Luftverkehrsbranche von der Versorgung mit Ersatzteilen und anderer Technik abzuschneiden. Damit könne man mit relativ kleinem Aufwand riesige Wirkung erzielen und sogar ganze Flotten stilllegen, hieß es am Donnerstag in Brüssel. Die Exportkontrollen für Hightech-Produkte und Software sollen es auch anderen russischen Schlüsselindustrien schwer machen, sich weiterzuentwickeln. Dabei könne das Land mittel- und langfristig schwer getroffen werden, hieß es in Brüssel. (apa/red)