Maschinenbau : Engel: Wir kämpfen um jeden Auftrag
Wie der STANDARD aus Unternehmenskreisen des Maschinenbauers Engel erfuhr, sollen im Großmaschinenwerk St. Valentin, das hauptsächlich Maschinen für die Kunststoffverarbeitung in der Automobilindustrie herstellt, bis zu 400 Stellen abgebaut werden. Die Kapazitätsauslastung sei relativ gering, die Auftragslage nicht zufriedenstellend, die Automobilhersteller hielten sich mit Investitionen in ihre Fabriken zurück.
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Dabei sind die Dimensionen des Engel-Großmaschinenwerks imposant: 1.270 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter produzieren auf dem 127.000 Quadratmeter großen Areal in St. Valentin jährlich rund 700 Maschinen und erwirtschaften damit einen Umsatz von rund 500 Millionen Euro. Gegenüber dem INDUSTRIEMAGAZIN erklärte Engel, man werde uns jeden Auftrag zur Auslastung des Werkes in St. Valentin kämpfen. Wie viele Stellen genau auf dem Prüfstand stehen, dazu machte Engel keine Angaben.
Bereits 2023 Stellenabbau angekündigt
Bereits im Herbst 2023 wurde der Abbau von bis zu 40 Stellen im Werk St. Valentin angekündigt: „Seit geraumer Zeit merken wir einen Rückgang im Auftragseingang. Dieser Trend setzt sich leider aus heutiger Sicht fort. Teile unserer österreichischen Werke sind daher unterausgelastet, besonders betrifft dies aktuell das Großmaschinenwerk St. Valentin, weil in diesem Engel-Werk vorrangig Maschinen für die Automobilbranche gebaut werden“, so Michael Grininger, Bereichsleiter Human Resources bei Engel Austria, Ende September.
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Besonders in der Automobilindustrie werden derzeit verstärkt Investitionen und Aufträge zurückgehalten. Dies ist eng mit der schwachen Wirtschaftslage in Deutschland verknüpft. Die Unterauslastung im Werk St. Valentin wird äußerst vorsichtig verwaltet, und es wurden verschiedene Maßnahmen ergriffen.
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Im September gehört die Reduzierung von Zeitvorsorgekonten, die Nutzung von Urlaubstagen sowie der Abbau von Mitarbeitern zu den Maßnahmen. Vor allem sollten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus den Bereichen entlassen werden, die am stärksten von der Unterauslastung betroffen waren. Schon seit längerer Zeit zeichnete sich die schwierige wirtschaftliche Situation ab. Die Verhandlungen über einen Sozialplan zwischen Betriebsrat und Geschäftsleitung begannen bereits im Januar. Im Juli konnte dieser abgeschlossen werden.
Abbau von 35 Jobs wohl fix
Das Ausmaß des aktuellen Stellenabbaus bestätigt man bei Engel Austria mit Sitz im oberösterreichischen Schwertberg nicht. Das Unternehmen räumt aber gegenüber dem STANDARD ein, dass man sich "auf das verhältnismäßig niedrige Auslastungsniveau im Werk St. Valentin einstellen" müsse. "Wir managen die Unterauslastung behutsam", und man habe ein Bündel an Maßnahmen ergriffen. Über den Stand der Dinge wurde die Belegschaft am Freitag in einer Betriebsversammlung informiert. Betont wird, dass die Standorte Schwertberg und Dietach nicht betroffen sind.
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Der im Juli abgeschlossene Sozialplan sieht auch die Finanzierung von Aus- und Weiterbildungen vor. Im Werk St. Valentin sollen, wie das Unternehmen in einer schriftlichen Stellungnahme auf INDUSTRIEMAGAZIN-Anfrage bestätigt, in einem ersten Schritt 35 Arbeitsplätze abgebaut werden. Davon sind sowohl Leasingkräfte als auch Teile der Stammbelegschaften betroffen.
Noch in der vergangenen Woche war in Belegschaftskreisen noch von 65 Stellen gesprochen worden, die dem Sparstift zum Opfer fallen sollten. Der Grund für den geringeren Abbau dürfte in dem Maßnahmenmix liegen, mit dem der weltweit führende Hersteller von Spritzgießmaschinen für Kunststoffteile auf die Auftragsflaute reagieren und die Einschnitte so weit wie möglich hinauszögern will. Solche Maßnahmen werden von den Sozialpartnern begrüßt, weil sie der Sicherung von Arbeitsplätzen dienen. Sie sind jedoch nicht geeignet, den Abbau von Arbeitsplätzen auf Dauer zu begrenzen oder gar zu verhindern.
Die rund 1.270 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter haben in den konjunkturell guten Jahren zum Teil erhebliche Überstunden auf ihren Zeitkonten angehäuft. Diese Stunden können nun wie Urlaub abgebaut werden. Außerdem gibt es eine betriebliche Teilzeitregelung, wobei die Arbeitszeit um 20 Prozent reduziert wird, der Arbeitgeber aber die Hälfte des Lohnausfalls zahlt.
Metaller-Streiks auch bei Engel
Im Rahmen der Verhandlungen um den neuen Kollektivvertrag für die Metalltechnische Industrie wurde im November an den drei Engel-Standorten Schwertberg, St. Valentin und Dietach gestreikt. Allein in Schwertberg beteiligten sich 1.000 Beschäftigte an einem Protestmarsch. Nach acht Verhandlungsrunden und Streiks wurde Ende November in der Metallindustrie, im Bergbau und in der Nichteisenmetallindustrie ein Abschluss erzielt. Darin ist eine durchschnittliche Erhöhung der Löhne und Gehälter um 8,6 Prozent brutto vorgesehen. Durch eine Staffelung erhalten die unteren Einkommensgruppen zehn Prozent mehr.Der Abschluss hat eine Laufzeit von zwei Jahren, wobei im zweiten Jahr ein Prozent auf die rollierende Inflation aufgeschlagen wird.
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Der neue Bruttomindestlohn beträgt 2.426,23 Euro. Bis zu einem Bruttoeinkommen von nunmehr - ab 1. November 2023 - knapp 4.200 Euro gilt die Erhöhung von 10 Prozent, danach schmilzt sie auf ein Plus von maximal 400 Euro pro Monat ab. Bei knapp 8.000 Euro beträgt die Einkommenserhöhung 5,5 Prozent brutto. Im ersten Lehrjahr steigt das Einkommen mit dem neuen Kollektivvertrag um 1.000 Euro. Im Tarifvertrag verankert haben Gewerkschaft und Arbeitgeber die Wettbewerbs- und Beschäftigungssicherungsklausel. Damit wird es Unternehmen, die im internationalen Wettbewerb stehen und einen hohen Personalkostenanteil haben, ermöglicht, die vereinbarten KV-Erhöhungen auf 7 bzw. 8,5 Prozent zu reduzieren.
Großmaschinenfabrik St. Valentin Fabrik des Jahres 2023
Das St. Valentiner Großmaschinenwerk des Spritzgießmaschinenbauers Engel Austria hat im vergangenen Jahr den jährlich von Fraunhofer Austria und dem INDUSTRIEMAGAZIN ausgeschriebenen Produktions-Award Fabrik2023 gewonnen: „Das Siegerwerk von Engel zeichnet sich durch sehr gute beziehungsweise ausgezeichnete Ergebnisse quer durch alle Wettbewerbskategorien aus", hieß es in der Jurybegründung. So punktete der Maschinenbauer mit einer sehr stringenten Nachhaltigkeitsstrategie, zudem ist das Unternehmen bei der Digitalisierung sehr weit.
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Einzigartig im Sondermaschinenbau ist das Montageprinzip, bei dem Schließ- und Spritzseite der Maschine zunächst getrennt gefertigt und montiert werden. Mit den kürzlich umgesetzten Optimierungen konnte die Ausbringungsleistung der Anlage um 15 Prozent gesteigert und die Durchlaufzeit um 65 Prozent reduziert werden.