Metalltechnische Industrie : Metaller-KV: 32.000 Metaller erhalten weniger Lohn als vereinbart

Christian Knill

Christian Knill: "Wir befinden uns in einer strukturellen Nachfragekrise."

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Die Rezession, die die Metallbranche seit letztem Sommer erfasst hat, dürfte auch dieses Jahr anhalten. Das geht aus einer Konjunkturumfrage des Wifo im Auftrag des Fachverbandes hervor. Rund 120 Unternehmen mit insgesamt 32.000 Beschäftigten werden nun die so genannte Wettbewerbssicherungsklausel anwenden, die - wie von den Sozialpartnern vereinbart - eine etwas geringere Erhöhung der Löhne und Gehälter ermöglicht, als es der Kollektivvertragsabschluss grundsätzlich vorsieht.

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Gewerkschaft und Arbeitgeber haben die Wettbewerbs- und Beschäftigungssicherungsklausel im Tarifvertrag verankert. Sie ermöglicht es Unternehmen, die im internationalen Wettbewerb stehen und einen hohen Personalkostenanteil haben, die vereinbarten KV-Erhöhungen auf sieben bzw. 8,5 Prozent zu reduzieren.

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VIDEO: Wettbewerbssicherungsklausel - 32.000 Metaller erhalten nicht so viel Lohn wie vereinbart

"Die Rezession setzt sich in der Branche fest."

Bei den 120 Unternehmen, die nach derzeitigem Stand die Klausel anwenden wollen, handelt es sich überwiegend um KMU mit weniger als 500 Beschäftigten. Bis Ende Februar werden auf betrieblicher Ebene entsprechende Lösungen ausgehandelt. Ohne von der möglichen Klausel Gebrauch zu machen, ist vorgesehen, die durchschnittlichen Löhne um 8,6 Prozent brutto zu erhöhen. Die unteren Einkommensbezieher erhalten durch eine Staffelung zehn Prozent mehr. Der Abschluss hat eine Laufzeit von zwei Jahren, im zweiten Jahr wird die rollierende Inflation mit einem Prozent berücksichtigt.

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Fachverbandsobmann Christian Knill monierte am Mittwoch in einer Aussendung, dass alle Befürchtungen, die seitens der Arbeitgeber vor Beginn der KV-Verhandlungen genannt wurden, sich bewahrheitet hätten. "Die Rezession setzt sich in der Branche fest", so der Unternehmer (Knill-Gruppe). "Wir befinden uns in einer strukturellen Nachfragekrise."

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Von den 1.200 Unternehmen der Branche macht inzwischen etwa jedes zehnte von der Wettbewerbsklausel Gebrauch. Bis Ende Februar wird für rund 32.000 der rund 137.000 Beschäftigten in der Metallindustrie die konkrete Ausgestaltung der Klausel auf betrieblicher Ebene im Detail vereinbart. "Das gibt den Unternehmen mehr Flexibilität, um besser auf die jeweilige Wettbewerbssituation zu reagieren. Für die Beschäftigen bedeutet dies mehr betriebliche Mitsprache, Arbeitsplatzsicherheit und Verständnis für die spezifische Lage ihres Betriebes", argumentiert Knill.

Christian Knill
Christian Knill: Wettbewerbsklausel gibt den Unternehmen mehr Flexibilität. - © ROBERT JAEGER / APA / picturedesk.com
Das ist ein giftiger Cocktail, den die Branche derzeit schlucken muss.
Christian Knill

Rückgang der Produktion

In den letzten drei Monaten ist die Produktion nach Angaben des FMTI weiter zurückgegangen. 43 Prozent der Unternehmen meldeten für das letzte Quartal des Jahres 2023 einen Rückgang, im Oktober 2023 waren es noch rund 36 Prozent. Im Vergleich zum Maschinenbau ging die Produktion in der Metallindustrie besonders stark zurück. Die Produktionsaussichten bleiben negativ. Knapp ein Drittel der Unternehmen rechnet in den nächsten drei Monaten mit weiteren Rückgängen. Nicht einmal ein Zehntel erwartet einen Produktionsanstieg. Die Auftragseingänge in der Metallindustrie befinden sich seit Mitte 2022 in einem stetigen Abwärtstrend. Die Auftragsbestände werden von fast der Hälfte der Unternehmen als nicht ausreichend bezeichnet. Die Talsohle des Abschwungs ist damit noch nicht erreicht.

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Schwierig sind auch die internationalen Rahmenbedingungen. Auf dem wichtigsten Exportmarkt Deutschland herrscht derzeit eine Rezession. Die Branche erwirtschaftet etwa 80 Prozent ihres Umsatzes durch Exporte. Zudem wird die heimische Wettbewerbsfähigkeit durch die höhere Inflation in Österreich geschwächt. Am heutigen Mittwoch wies die Statistik Austria darauf hin, dass die Teuerung im Jahr 2023 in so gut wie allen Ländern der Eurozone im Vergleich zu Österreich stärker gesunken ist. Die Energiekosten belasten auch heimische Betriebe besonders stark. Knill kommentierte: "Das ist ein giftiger Cocktail, den die Branche derzeit schlucken muss."

Ausgleich von Wettbewerbsnachteilen

Erstmals gibt es eine Wettbewerbs- und Beschäftigungssicherungsklausel, um Wettbewerbsnachteile auszugleichen. Betriebe mit hohen Personalkosten haben damit die Möglichkeit, die Erhöhung des KV um bis zu 3 Prozent zu reduzieren. Abhängig von der Personalkostenbelastung und dem Betriebsergebnis kommt die Klausel zur Anwendung.

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Die Formel zur Berechnung der Personalkosten basiert auf der Bruttowertschöpfung, welche sich aus den Personalkosten, Abschreibungen und Gewinnen zusammensetzt. Abhängig von der Höhe des errechneten Wertes wird die IST-Erhöhung in zwei Stufen reduziert, entweder um 10 Prozent mit einem Deckel von 400 Euro, 8,5 Prozent mit einem Deckel von 340 Euro oder 7 Prozent mit einem Deckel von 280 Euro. Im Rahmen eines Interessenausgleichs auf betrieblicher Ebene wird eine einmalige Kompensation der errechneten Reduktion in Form von Einmalzahlungen, Freizeit oder Aus- und Fortbildung vereinbart. Der FMTI zählt insgesamt 1.200 Firmenmitglieder, die knapp 140.000 Mitarbeiter beschäftigen.

Streik in der Metallindustrie Österreich Eine ?ffentliche Betriebsversammlung der ARGE Aufz?ge im Rahmen von Warnstreiks bei der Metalltechnischen Industrie (FMTI) nach dem Scheitern der vierten Verhandlungsrunde um den Metaller-KV am Montag, 6. November 2023, in Wien.
Der Einigung im Herbst ist ein langer Streik vorausgegangen - © ROLAND SCHLAGER / APA / picturedesk.com