Robotik erlebt Evolution mit zweibeinigen Robotern : Die Zukunft der industriellen Robotik kommt auf zwei Beinen
2021 holte Tesla-CEO Elon Musk einen Mann in einem spartanischen Roboterkostüm auf die Bühne und wurde dafür verlacht. Innerhalb eines Jahres sollte die Vision zur Realität werden und Teslas „Optimus“ sollte die Gigafactories des Automobilherstellers bevölkern. Doch die Ankündigung war überambitioniert, der Einsatz von zweibeinigen Androiden in der Industrie schien zur gescheiterten Revolution zu verkommen.
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Doch der Siegeszug von künstlicher Intelligenz hat dem Roboter in den vergangenen Monaten kräftig unter die Arme gegriffen. Und so sind neben Tesla weitere Unternehmen in den Ring gestiegen, die die Zukunft der industriellen Automatisierung auf zwei Beinen sehen. Das Texanische Unternehmen Apptronik, dass bisher mit der NASA Robotiklösungen entwickelt hat, will im kommenden Jahr „Apollo“ auf den Markt bringen – den ersten humanoiden Roboter, der speziell für den Industrieeinsatz entwickelt wurde.
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Bis zu diesem Punkt in der Geschichte der Menschheit haben wir nur andere Menschen oder Tiere beschäftigt. Wir haben noch nie so etwas wie ein soziales Engagement mit intelligenten Maschinen gehabt, die das tun können, was Menschen tun. Das ist ein ganz neues Problem.Industriedesigner Mark Rolston
Was zeichnet Robot Apollo als anderen Industrieroboter aus?
Apollo ist 172 cm groß, wiegt 72,5 kg und soll bis zu 25 kg heben. Seine auswechselbare Batterie ermöglicht eine Betriebsdauer von vier Stunden. Der Roboter soll bis Ende 2024 auf den Markt kommen und preislich dem eines Neuwagens entsprechen. Das einzigartige Design stammt von Mark Rolston, der ein besonderes Augenmerk auf die Psychologie gelegt hat – denn eine der größten Herausforderung in der Interaktion zwischen Mensch und Maschine sieht er in der Akzeptanz der Roboter durch die menschliche Belegschaft.
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Der soziale Aspekt der Robotik
„Man muss sich Gedanken machen, z. B. über die Wärmeableitung, das Batteriemanagement, die Verpackung, mit dem Ziel, den Roboter insgesamt gut zu gestalten. Aus psychologischer Sicht geht es jedoch um eine Kombination aus attraktivem und freundlichem Aussehen, um die Akzeptanz sicherzustellen. Ich kann Ihnen gar nicht sagen, wie kompliziert es ist, einen Roboter freundlich aussehen zu lassen, ohne dass er dumm oder gemein wirkt“, so Rolston.
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Für Rolston liegt es auf der Hand, dass sich die Zweibeiner durchsetzen werden. Ausschlaggebend sei die soziale Komponente. „Bis zu diesem Punkt in der Geschichte der Menschheit haben wir nur andere Menschen oder Tiere beschäftigt. Wir haben noch nie so etwas wie ein soziales Engagement mit intelligenten Maschinen gehabt, die das tun können, was Menschen tun. Das ist ein ganz neues Problem. Nun ist diese Vision Realität und wir haben eine große Verantwortung, das richtig zu machen.“
Industrieller Alleskönner „Apollo“
Apptronik plant, Apollo zunächst in Lagerhäusern einzusetzen, um Kartons, Behälter und Kisten zu bewegen. Doch durch den Einsatz von Deep Learning soll der Android schon bald weitere Aufgaben im Shopfloor übernehmen – Apollo soll so zum industriellen Alleskönner werden.
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„Der Roboter muss beispielsweise in der Lage sein, eigenständig einen Karton zu erkennen und herauszufinden, wie er ihn aufnehmen kann. Künstliche Intelligenz leistet hier großartige Arbeit bei der Ausführung grundlegender mechanischer Aufgaben. Der andere Aspekt der generativen KI hilft bei der Entwicklung besserer Schnittstellen und bietet die Möglichkeit, einem Roboter unstrukturierte Anweisungen zu geben“, so Rolston.
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Der Industriedesigner geht davon aus, dass die Fähigkeiten von Apollo durch generative KI sehr schnell zunehmen werden und die Zweibeiner die Antwort auf die Anforderungen der flexiblen und modularen Produktion sind.
Die Zukunft der Robotik: China führt den Markt an
Auch in China spielen die Zweibeiner eine zunehmend wichtige Rolle. Die alternde Bevölkerung und der Fachkräftemangel haben zu einem Robotik-Boom gesorgt. Vor allem in der Pflege erhofft man sich durch den Einsatz von humanoiden Robotern Abhilfe. Aber auch in der industriellen Anwendung sollen die Androiden bald zum Einsatz kommen. Das Unternehmen Fourier Intelligence hat angekündigt, 2024 den ersten massenproduzierten humanoiden Roboter auf den Markt zu bringen.
„GR-1“ ist ein 1,64 Meter großer und 55 Kilogramm schwererRoboter und verfügt über eine Reihe von menschenähnlichen Fähigkeiten, darunter Gehen, Hindernisvermeidung und die Fähigkeit, körperliche Routineaufgaben wie das Heben von Gegenständen durchzuführen.
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Und wie sieht es bei Tesla aus?
Seit der misslungenen Ankündigung wurde es still um „Optimus“. Doch siehe da, vor wenigen Tagen wurde ein Update-Video veröffentlicht, in dem die neuen Fähigkeiten des Zweibeiners präsentiert wurden. Neben Yoga-Übungen kann der Roboter mittlerweile Objekte eigenständig sortieren, doch die Entwicklung schient noch in Kinderschuhen zu stecken. Das bestätigen auch Berichte, laut denen Tesla bisher nur eine Handvoll des Prototyps hergestellt haben soll. Der Grund soll ein Lieferengpass bei den Aktuatoren sein, die Tesla nun in Eigenregie selbst entwickeln will.