Start-Up Fisker kurz vor der Insolvenz : Fisker stoppt E-Auto-Produktion bei Magna in Graz

Henrik Fisker

Henrik Fisker, legendärer Autodesigner und Gründer des Startups Fisker

- © Fisker

Der in Geldnot geratene US-Start-up-Hersteller von Elektroautos, Fisker, stellt die Produktion seines Modells Ocean ein. Die Fertigung beim Auftragsfertiger Magna in Graz werde für sechs Wochen unterbrochen. Das teilte das Unternehmen am Montag mit. Zuvor hatte Fisker fällige Wandelanleihezinsen in Höhe von 8,4 Millionen Dollar nicht bezahlt. Nach Angaben des Unternehmens habe man sich bewusst für den Zahlungsausfall entschieden, um Zeit für Verhandlungen mit den Investoren zu gewinnen.

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Genügend Geld für die Zinszahlungen wäre eigentlich vorhanden gewesen. Doch die liquiden Mittel des Unternehmens waren bis Freitag auf 120,9 Millionen Dollar geschrumpft - weniger als ein Drittel dessen, was noch Ende vergangenen Jahres zur Verfügung stand. Frisches Geld sollen nun neue Wandelanleihen im Volumen von bis zu 150 Millionen Dollar in die Kasse bringen, die Fisker mit einem Abschlag an den polnischen Investmentfonds CVI Investment verkauft hat, wie aus Pflichtunterlagen bei der US-Börsenaufsicht SEC hervorgeht.

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- © Industriemagazin

In finanziellen Schwierigkeiten

Es sind keine guten Zeiten für E-Autohersteller: Nachlassende Kauflaune, Rabattschlachten und erdrückende Konkurrenz aus China verhageln den Unternehmen die Bilanzen. Während die großen Autokonzerne mit einem komfortablen Finanzpolster die derzeitige Durststrecke durchtauchen werden, trifft es junge Startups härter.

Fisker steckt seit längerem in finanziellen Schwierigkeiten und bereitet einem Bericht zufolge eine mögliche Insolvenz vor. Derzeit werde mit einem Autohersteller über eine Kooperation verhandelt, hieß es. Insidern zufolge handelt es sich dabei um Nissan aus Japan. Zuletzt hatte es geheißen, eine Vereinbarung könne noch in diesem Monat unterzeichnet werden. Das von dem dänischen Autodesigner Henrik Fisker gegründete Unternehmen kämpft seit geraumer Zeit damit, dass sich der Vertrieb der Fahrzeuge schwieriger gestaltet als ursprünglich geplant. Hinzu kommt, dass sich die Nachfrage nach Elektroautos insgesamt abkühlt.

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Das strauchelnde E-Auto-Startup Fisker bereitet, wie das Wall Street Journal berichtet, eine mögliche Insolvenz vor. Eine einschlägige Beraterfirma sei beauftragt worden, um bei einem etwaigen Antrag zu helfen, berichtet die Zeitung mit Verweis auf Insiderquellen. Bereits in der Vorwoche hat Fisker eine nach Aktienrecht verpflichtende Meldung vor einer drohenden Pleite abgeben müssen. Zuletzt äußerten sich Fisker-Führungskräfte zu "Marktgerüchten und Spekulationen" einer bevorstehenden Insolvenz: "Fisker konzentriert sich darauf, zusätzliches Kapital zu beschaffen und eine strategische Partnerschaft mit einem großen Autohersteller einzugehen."

Fisker produziert sein bisher einziges Modell, den Fisker Ocean ausschließlich bei Magna in Graz. Und wie aus den nun bekannt gewordenen Bilanzen von Fisker hervorgeht, wurde weniger als die Hälfte des ohnehin schon drastisch reduzierten Produktionsvolumens in Graz abgesetzt. Von den Plänen, 40.000 Stück des Fisker Ocean pro Jahr zu produzieren hat man sich längst verabschiedet. Derzeit läuft die Fertigung in einer Art Minimalbetrieb. Und man plant für einen Totalausfall.

Magna Fisker Produktion
Wie aus der Bilanz von Fisker hervorgeht, wurde weniger als die Hälfte des ohnehin schon drastisch reduzierten Produktionsvolumens in Graz abgesetzt. - © Grafik INDUSTRIEMAGAZIN
Sorgen bei Magna Steyr in Graz: Von den Plänen, 40.000 Stück des Fisker Ocean pro Jahr zu produzieren hat man sich längst verabschiedet. Derzeit läuft die Fertigung in einer Art Minimalbetrieb.

Die Fisker-Sorgen von Magna Steyr in Graz

Es sind keine guten Nachrichten, die das kalifornische Statup Fisker in den letzten Wochen geliefert hat: Mit ungenügender Software ausgestattet hat das kalifornische Startup des Stardesigners Henrik Fisker die ersten Chargen seines Ocean an Kunden ausgeliefert. Katastrophale Reviews – fast ausschließlich die Software betreffend, waren die Folge. Auch wenn die einige der Bugs mittlerweile mit einem Softwareupdate gelöst werden: Die Reviews waren auch Hiobsbotschaften für Magna Steyr. Denn bei Magna in Graz wurde der Fisker in der Rekordzeit von 18 Monaten entwickelt und dort wird er auch produziert. Leider in viel geringeren Stückzahlen als geplant: Von den 40.000 Fahrzeugen die im Vorjahr als Produktionsvolumen in Graz eingeplant wurden, wurden nur 10.000 Stück produziert. Und von diesen wurden bislang nur rund 4700 verkauft. Insgesamt sitzt Fisker derzeit auf insgesamt über einer halben Milliarde Dollar an produzierter Autos und Zulieferteilen, wie aus den Bianzzahlen von Fisker hervorgeht.

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Schuld an den katastrophalen Absatzzahlen dürften jedoch weniger die Softwareprobleme, sondern das Absatzmodell von Fisker sein: Das Startup ging ohne Händlernetz in den Markt, wollte, wie Tesla, übers Internet verkaufen. Was für Tesla in einer Zeit niedriger Zinsen und hohem Neuigkeitswert für E-Fahrzeuge vor Jahren gelang, ist heute, auch angesichts der angespannten E-Auto-Konjunktur eine Herkulesaufgabe. Hastig versucht Fisker jetzt ein Händlernetz in den USA und in Europa aufzubauen – und die Firmenwerte in Höhe einer haben Milliarde Euro loszueisen.

Fisker Ocean Graz Steyr
© Fisker

Händler in Österreich gefunden

Einige Händler in den USA sollen schon angebissen haben. "Der Plan, die Direct-to-Consumer-Strategie auf ein Händlermodell umzustellen, ist auf Kurs" heisst es bei Fisker. In Österreich, so wurde vor wenigen Tagen bekannt, wird der Linzer Nissan-Händler Sonnleitner, mit Filialen in Wien und Graz für Österreich den Vertrieb von Fisker übernehmen.

Ob die lokale Kooperation mit einem Nissan Händler in Österreich ein gutes Omen für Grösseres ist, ist unklar: Denn der japanische Autobauer Nissan dürfte die letzte Hoffnung auf eine Rettung des kalifornischen Startups sein. Im Rahmen einer Vereinbarung, die derzeit verhandelt wird, könnte Nissan ab 2025 den geplanten Elektro-Pickup Kayak von Fisker neben seinem eigenen Modell bauen – und vor allem: Kurzfristig mit dem bestehenden Händlernetz den Absatz des Fisker Ocean ankurbeln. Das ist zumindest der Plan.

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Für Magna Steyr haben die Gespräche vorderhand keine Auswirkungen, obwohl Magna mit einem symbolischen Anteil von rund acht Prozent am kalifornischen Startup beteiligt ist. Derzeit läuft die Produktion von Fisker in Graz in einer Art Notbetrieb. Bereits Ende vergangenen Jahres, in Kenntnis der schlechten Abrufzahlen, hat man bei Magna in Graz angkündigt, von einem Zweischicht- auf einen Einschichtbetrieb umzustellen. 450 Mitarbeiter, vorwiegend Leihpersonal, sind in der Produktion betroffen.

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Für 2024 stellt Fisker derzeit eine Auslieferung von bis zu 22.000 Ocean-Fahrzeugen in Aussicht – den Grazern wurde eine Produktion von 10.000 Stück und ein Hochfahren der Produktion ab Mai angekündigt. Doch die Lücke, die Fisker bei Magna in Graz reisst, ist selbst bei diesen derzeit optimistisch scheinenden Abrufzahlen nicht unbeträchtlich: Denn damit werden heuer in Graz zwischen 20.000 und 30.000 weniger Autos der Marke Fisker produziert als projektiert. Zusätzlich läuft die Jaguar-Produktion des Kompakt SUV E-Pace und des Elektro-Crossovers I-Pace wie geplant Ende 2024 aus. Verhandlungen mit einem chinesischen E-Autohersteller für eine Produktion in Graz laufen zäh. Zwar wird der BMW Z4 und der Toyota Supra noch bis Anfang 2026 produziert, doch die Vorlaufzeiten für Neuaufträge sind beträchtlich.

Hoffnung auf Volumen gibt es erst für 2027 wieder: Das E-Auto Startup Ineos des britischen Chemie-Multimillionärs Jim Ratcliffe lässt derzeit in Graz den Elektro-Geländewagan Fusilier entwickeln. Mehr als hundert Ingenieure sollen bei Magna Steyr derzeit an dem Projekt arbeiten. Projektiertes Produktionsvolumen ab 2027: 30.000 bis 50.000 Stück.

Fisker Rabattaktion
Fisker Rabattaktion: Die Suche nach lokalen Händlern dürfte erfolgreich laufen. - © Fisker