KTM-Comeback : Krise, Rettung, Neustart: So holt Gottfried Neumeister KTM 2025 zurück auf die Überholspur

KTM Gottfried Neumeister CEO

Gottfried Neumeister, neuer CEO bei KTM: Seit seinem Amtsantritt setzt er konsequent auf Konsolidierung statt Schnellkurswechsel, auf Stabilisierung der Abläufe statt öffentlicher Inszenierung.

- © KTM Sportmotorcycle

Als Gottfried Neumeister im Januar 2025 die Leitung der KTM AG übernahm, stand das Unternehmen an einem wirtschaftlichen Abgrund. Ein drastischer Umsatzrückgang von fast einem Drittel im Vorjahr, rückläufige Produktionszahlen und bedrohlich hohe Lagerbestände hatten den traditionsreichen Motorradhersteller an den Rand der Zahlungsunfähigkeit gebracht. Viele sprachen von einem Wendepunkt – doch wenige ahnten, wie schnell sich dieser tatsächlich vollziehen würde.

>>> Wer ist Gottfried Neumeister?

Bereits im Frühjahr 2025 gelang Neumeister ein erster strategischer Erfolg: KTM einigte sich im Rahmen eines gerichtlichen Sanierungsverfahrens in Eigenverwaltung mit den Gläubigern. Obwohl dieser Schritt zunächst Skepsis bei Investoren auslöste, erwiesen sich die Maßnahmen bald als wirksam. Ausschlaggebend war eine Kapitalzusage in Höhe von 800 Millionen Euro – ermöglicht durch den langjährigen Partner Bajaj. Diese finanzielle Absicherung legte das Fundament für die Wiederaufnahme der Produktion und den Fortbestand des Unternehmens.

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Produktionsstart in Mattighofen: Ein kleiner Meilenstein

Im März 2025 wurde die Produktion im KTM-Stammwerk Mattighofen nach einer Phase der operativen Unsicherheit zunächst wieder aufgenommen – allerdings nur im Einschichtbetrieb und unter strengen Auflagen. Es war ein erster, vorsichtiger Schritt, um den Betrieb unter neuen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen wieder in Gang zu setzen. Doch bereits Ende April musste KTM den Fertigungsprozess erneut unterbrechen: Lieferengpässe bei zentralen Bauteilen führten dazu, dass die Produktionslinien stillgelegt wurden – eine Entscheidung, die intern wie extern für Ernüchterung sorgte. Die Werke blieben mehrere Wochen außer Betrieb, während parallel intensiv an der Stabilisierung der Lieferketten gearbeitet wurde. Erst für Ende Juli wurde ein erneuter und umfassender Neustart in Aussicht gestellt, bei dem sämtliche vier Produktionslinien schrittweise wieder hochgefahren werden sollen.

Gleichzeitig wurden wichtige operative Ziele erreicht: Die übervollen Lagerbestände, die noch zu Jahresbeginn ein akutes Risiko darstellten, konnten deutlich reduziert werden – laut internen Zahlen um rund 40.000 Einheiten. Auch auf der Zuliefererseite verbesserte sich die Lage merklich: Lieferketten, die über Monate hinweg unterbrochen oder instabil gewesen waren, konnten schrittweise stabilisiert werden. Damit war ein entscheidender Grundstein gelegt – für die wirtschaftliche Erholung ebenso wie für das Vertrauen der Belegschaft, der Partner und der Kundschaft weltweit.

© KTM

Zahlen, die Mut machen: Die Bilanz zur Jahresmitte

Am 8. Juli 2025 veröffentlichte die KTM AG aktuelle Geschäftszahlen für das erste Halbjahr. Demnach wurden weltweit 100.391 Motorräder an Endkundinnen und Endkunden verkauft. Zusätzlich erfolgten Auslieferungen von 50.286 Einheiten an Händler und Importeure. Diese Zahlen beziehen sich auf die Marken KTM, Husqvarna und GasGas. Laut Unternehmensangaben konnte damit trotz der angespannten Ausgangslage eine stabile Nachfrage erzielt werden.

>>> Was bleibt von Stefan Pierers Imperium nach der KTM-Insolvenz? 

Im Zuge dieser Entwicklung kündigte das Unternehmen auch personelle Maßnahmen an. Am Standort Mattighofen sowie in internationalen Niederlassungen sollen neue Stellen geschaffen werden. Begleitend wurden mehrere strukturelle Initiativen vorgestellt, darunter ein „Dealer Excellence Center“ zur Stärkung des Händlernetzes und ein 15-köpfiger Kundenbeirat („Orange Board“) , der künftig als Schnittstelle zur Kundschaft fungieren soll. Diese Maßnahmen sind Teil eines umfassenden Programms zur Stabilisierung und Kundenbindung.

Seit seinem Amtsantritt setzt er konsequent auf Konsolidierung statt Schnellkurswechsel, auf Stabilisierung der Abläufe statt öffentlicher Inszenierung. Anstatt die Marke neu zu positionieren, stärkt er bestehende Strukturen – im Vertrieb, in der Kundenbindung und in der Produktion. Kennzeichnend ist auch seine sachliche Kommunikation: belastbare Zwischenberichte ersetzen vage Ankündigungen. Die Umsetzung der im Sanierungsverfahren vereinbarten Maßnahmen erfolgt schrittweise, aber systematisch.

Die im Juli 2025 veröffentlichten Maßnahmen und Geschäftszahlen sind direkte Folgen der Führungsstrategie von Gottfried Neumeister.

- © KTM

Aufbau statt Abbau: Neue Jobs und internationale Expansion

Die im Juli 2025 vorgestellten Maßnahmen zur Schaffung neuer Arbeitsplätze markieren eine bewusste Kehrtwende in der Personalpolitik der KTM AG. In den Monaten vor und während der Krise 2024 war das Unternehmen gezwungen, Personal in mehreren Bereichen abzubauen – sowohl in der Produktion als auch in Verwaltungs- und Vertriebsfunktionen. Nachdem das Unternehmen 2024 bereits rund 500 Stellen am Standort Mattighofen gestrichen hatte und weitere 300 Stellen bis Anfang 2025 entfielen – überwiegend kurzfristig Beschäftigte zum Ende befristeter Verträge – wurden Anfang 2025 erneut etwa 300 Vollzeitstellen binnen kurzer Zeit abgebaut. Diese Maßnahmen waren Teil eines umfassenden Sanierungsplans mit dem Ziel, die Fixkosten um mindestens 25 % zu reduzieren und die Liquidität zu sichern. 

Seit seinem Amtsantritt im Januar 2025 verfolgt Neumeister eine neue Personalstrategie. Mit Stabilisierung der Produktion und Rückkehr zur operativen Normalität sollen neue Arbeitsplätze geschaffen werden – sowohl am Standort Mattighofen als auch in internationalen Niederlassungen. Ziel ist es, durch gezielten Personalaufbau kritische Kernkompetenzen im Unternehmen zu sichern, erfahrene Fachkräfte zurückzugewinnen und zusätzliche Ressourcen im Kundenservice sowie im Aufbau und der Betreuung des Händlernetzes bereitzustellen.

Diese Entscheidung folgt auf den erfolgreichen Abschluss des gerichtlichen Sanierungsverfahrens und die Finanzierungszusage von 800 Millionen Euro durch Bajaj. Neue Stellen an strategischen Punkten sollen helfen, Stabilität und Wachstum gleichermaßen zu fördern. Damit verdeutlicht Neumeisters Fokus: Weg von kurzfristigem Sparkurs, hin zu einer langfristig tragfähigen, strukturellen Erholung der KTM AG.

Neumeisters Führungsstil: Sachlich, strategisch, erfolgreich

Auffällig bei Gottfried Neumeister ist sein klar strukturierter, sachlicher Führungsstil. Im Gegensatz zu seinem deutlich öffentlichkeitsaffinen Vorgänger Stefan Pierer verzichtet Neumeister weitgehend auf aufsehenerregende Auftritte und setzt den Fokus auf interne Prozesse und operative Stabilität. Ein markantes Beispiel dafür war sein erster offizieller Auftritt beim MotoGP-Wochenende in Brünn im Juli 2025. Dort zeigte er sich bewusst zurückhaltend, betonte jedoch unmissverständlich das fortbestehende Engagement von KTM im Motorsport – verbunden mit einem klaren Hinweis auf wirtschaftliche Vernunft: Motorsport ja, aber nicht um jeden Preis. Motorsportdirektor Pit Beirer erklärte anschließend, der Besuch Neumeisters habe den Teams mehr Stabilität gegeben und signalisiert, dass KTM "vollumfänglich weitermachen wird – mit vier Motorrädern in der MotoGP". 

Neumeisters Auftritt in Brünn bedeutete damit nicht nur symbolisch eine Rückkehr zu den Wurzeln von KTM und ein öffentliches Bekenntnis zur Marken-DNA im Rennsport, sondern war auch strategisch bedeutsam: Er sendete ein Signal nach innen wie außen – an die Mitarbeiter, Partner und die treue Community –, dass KTM trotz der harten Restrukturierungsphase am Motorsport festhält, zugleich aber eine ausgewogene Balance zwischen sportlicher Ambition und wirtschaftlicher Verantwortung wahrt.

Pol Espargaro, Reb Bull/KTM, beim MotoGP 2025 in Brno, Tschechien

- © KTM

Zwischenbilanz mit Perspektive

Mit der schrittweisen Wiederaufnahme der Produktion – bis Ende Juli sollen alle vier Fertigungslinien wieder laufen – und einer Reduktion der Lagerbestände um etwa 40.000 Einheiten sendet KTM ein deutliches Signal: Die Talsohle scheint durchschritten. Parallel dazu konnten laut Unternehmensangaben auch die Lieferketten stabilisiert und die Auslastung in der Endmontage sukzessive erhöht werden. Ob daraus eine nachhaltige Trendwende wird, bleibt abzuwarten – entscheidend wird sein, wie sich Nachfrage, Materialverfügbarkeit und Personalentwicklung in den kommenden Monaten entwickeln.

Fest steht jedoch: Gottfried Neumeister hat in kürzester Zeit viel bewegt – ohne große Worte, aber mit klaren Ergebnissen. Sein sachlicher, prozessorientierter Führungsstil hat dazu beigetragen, das Unternehmen in eine kontrollierte Phase der Konsolidierung zu führen. KTM befindet sich damit auf einem Weg, der nicht spektakulär, aber substanziell ist – und genau das könnte in der aktuellen Lage zum entscheidenden Vorteil werden.

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Video: Wie Gottfried Neumeister KTM aus der Krise führt

In einem öffentlichen Auftritt betont KTM-CEO Gottfried Neumeister die Bedeutung wirtschaftlicher Stabilität und kündigt eine Rückkehr zur Vollproduktion bis Ende Juli an. Gleichzeitig bekräftigt er das Engagement im Motorsport, hebt jedoch hervor, dass Effizienz und Markenstärkung künftig Vorrang vor kostspieligen Prestigeprojekten haben werden.