KTM-Sanierung : Nach KTM-Insolvenz: Warum jetzt der Aufsichtsrat neu aufgestellt wird
Inhalt
- KTM-Insolvenz: Zahl der Mitarbeiter in Mattighofen reduziert
- KTM Hauptversammlung: Aktionäre stimmen gegen Entlastung von Stefan Pierer
- KTM Produktion startet wieder: Pierer Mobility warnt vor Umsatzrückgang 2025
- Milliardenverlust durch Produktionsstillstand: KTM-Sanierung soll Kehrtwende bringen
- KTM bekommt „zweite Chance“ – Neumeister setzt auf Stammsitz Mattighofen
- Krise bei KTM: Vom Wachstum in die Insolvenz
- Video: Machtwechsel bei Pierer Mobility

Die KTM-Zentrale in Mattighofen – auch nach der Krise bleibt sie das strategische Rückgrat des Unternehmens.
- © heikomandl.atNach dem Abschluss des Insolvenzverfahrens bei KTM zieht die Muttergesellschaft Pierer Mobility personelle Konsequenzen: Der Aufsichtsrat wurde neu besetzt. Stephan Zöchling, erst im Jänner zum Vorsitzenden gewählt, verlässt das Gremium – ebenso sein Stellvertreter Rajiv Bajaj sowie Friedrich Roithner. Neu im Kontrollorgan sind nun Bajaj-CFO Dinesh Thapar und die Juristen Ernst Chalupsky und Ewald Oberhammer.
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Der Rückzug Zöchlings erfolgt nicht nur aus eigenem Antrieb. Zuletzt soll es zu Spannungen mit Firmengründer Stefan Pierer gekommen sein, der sich bereits aus der operativen Führung von KTM zurückgezogen hat – und dies auch für Pierer Mobility angekündigt hat.
Wie berichtet hat Bajaj Auto International Holdings, ein Ableger des indischen Bajaj-Konzerns, 525 Millionen Euro in das marode Unternehmen gepumpt. Das Ziel: die Gläubiger bedienen und zugleich die vollständige Kontrolle über das Joint Venture Pierer Bajaj erlangen, das bereits 74,9 Prozent an Pierer Mobility hält.
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KTM-Insolvenz: Zahl der Mitarbeiter in Mattighofen reduziert
In der Hauptversammlung sprach CEO Gottfried Neumeister Klartext: Neben defizitären Bereichen wie MV Agusta und der E-Bike-Sparte seien vor allem riskante Kontokorrentkredite, gestiegene Produktionskosten und hohe Händlerlagerbestände verantwortlich für die Insolvenz. Zudem wurde über Monate hinweg Händlervorfinanzierung über bis zu 360 Tage gewährt – ein Drahtseilakt.
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Im Rahmen der Sanierung wurden Produktion und Personal in Mattighofen reduziert, Lagerbestände abgebaut und der Rückzug aus dem Fahrradgeschäft eingeleitet. Der Verkauf von MV Agusta soll im Sommer über die Bühne gehen, die X-Bow-Sparte wird an internationale Investoren abgegeben. Laut Neumeister läuft der Lagerabbau besser als erwartet, ein positiver EBIT wird ab 2027 angepeilt.
KTM Hauptversammlung: Aktionäre stimmen gegen Entlastung von Stefan Pierer
Der Interessenverband für Anleger (IVA) beantragte in der Hauptversammlung die Einzelentlastung von Vorstand und Aufsichtsrat. Dabei zeigte sich ein deutliches Stimmungsbild: Während CEO Gottfried Neumeister nur auf vergleichsweise geringen Widerstand stieß, traf sein Vorgänger Stefan Pierer deutlich mehr Kritik. Bei 2,17 Millionen abgegebenen Stimmen votierten rund 489.000 Aktionäre gegen Pierers Entlastung. Neumeister hingegen musste bei 1,8 Millionen gültigen Stimmen lediglich 85.450 Gegenstimmen hinnehmen.
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Für IVA-Vorstand Florian Beckermann war dieses Ergebnis angesichts Pierers Rolle in der Insolvenz naheliegend. Auch sonst brachte die HV wenig Überraschendes zutage. "Es war mehr eine Pflichtübung mit wenig Neuigkeiten", so Beckermann. "Die Gesellschaft muss nun in die Zukunft schauen. Die gesellschaftsrechtliche Abbildung des weiteren Einstiegs von Bajaj ist noch offen".
KTM Produktion startet wieder: Pierer Mobility warnt vor Umsatzrückgang 2025
Nach der Rettung des insolventen Motorradbauers KTM blickt die börsennotierte Pierer Mobility AG mit gedämpften Erwartungen ins Jahr 2025. Wie das Unternehmen am Mittwoch mitteilte, dürfte der Umsatz spürbar unter dem Vorjahresniveau liegen – unter anderem wegen länger andauernder Produktionsunterbrechungen.
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Trotzdem zeigt sich der Konzern vorsichtig optimistisch: Die Nachfrage halte an, und der Lagerbestand bei KTM sowie bei Händlern und Importeuren entwickle sich rückläufig. Die bislang erzielten Verkaufszahlen bewertet Pierer Mobility als erfreulich – vor allem, weil sie maßgeblich zum Abbau der übervollen Lager beigetragen hätten.
Sechs Monate lang stand die Motorradproduktion still. Eine vollständige Wiederaufnahme ist für Ende Juli 2025 geplant. Dennoch sei es laut Unternehmen „nicht möglich, die entstandenen Rückstände aufgrund der Saisonalität des Geschäfts vollständig aufzuholen“.
Milliardenverlust durch Produktionsstillstand: KTM-Sanierung soll Kehrtwende bringen
Der monatelange Produktionsstopp hat tiefe Spuren in der Bilanz von Pierer Mobility hinterlassen: Für das Geschäftsjahr 2024 weist das Unternehmen ein operatives Minus (EBIT) von 1,184 Milliarden Euro aus. Für 2025 setzt der Konzern jedoch auf einen Sanierungsgewinn von rund 1,2 Milliarden Euro – genug, um das operative Ergebnis wieder in die Gewinnzone zu führen.
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Auch das stark belastete Eigenkapital, das zuletzt auf minus 193,7 Millionen Euro gefallen war, soll sich infolge der Sanierung wieder deutlich erholen – in den „hohen dreistelligen Millionenbereich“, wie es heißt. Die Produktionsstandorte Mattighofen und Munderfing sieht das Unternehmen dank früherer Investitionen langfristig abgesichert.
KTM bekommt „zweite Chance“ – Neumeister setzt auf Stammsitz Mattighofen
Nach den tiefgreifenden Einschnitten bei Pierer Mobility richtet der neue KTM-Chef Gottfried Neumeister den Blick nach vorn. „Heute erhalten wir die Gelegenheit, die KTM-Erfolgsgeschichte fortzuschreiben“, erklärte er in einer Stellungnahme. Dreh- und Angelpunkt bleibe das Stammwerk Mattighofen/Munderfing: „Diese Standorte sind das Fundament unseres künftigen Erfolgs.“
Neumeister zeigte sich zugleich dankbar und kämpferisch: Er verspüre „tiefe Dankbarkeit und Demut“ gegenüber allen, die dem Traditionshersteller „diese neue, zweite Chance“ eröffnet hätten. Besonderen Dank richtete er an Stefan Pierer, der „den Grundstein für eine der bekanntesten Motorradmarken der Welt gelegt“ habe.
Krise bei KTM: Vom Wachstum in die Insolvenz
Anfang 2024 wirkte bei KTM noch alles stabil: Die Pierer Mobility AG, Mutter des traditionsreichen Motorradherstellers, präsentierte solide Verkaufszahlen, starke Markenwerte und eine gefestigte Marktposition im internationalen Zweiradgeschäft. Branchenkenner zählten KTM weiterhin zu den innovativsten Akteuren der Branche.
Doch hinter der Fassade verdichteten sich bereits die Warnzeichen. Ab dem Frühjahr geriet das Unternehmen zunehmend unter Druck. Hohe Investitionen in Entwicklung und Marktausbau trafen auf eine spürbare Abkühlung des globalen Motorradmarkts. Vor allem Europa – ein Kernabsatzmarkt – kämpfte mit Konsumflaute und wirtschaftlicher Unsicherheit.
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Hinzu kamen anhaltende Lieferkettenprobleme, steigende Rohstoffpreise und die Auswirkungen der weltweiten Inflation. Während die Umsätze nachgaben, blieben die Ausgaben hoch – eine gefährliche Schieflage. Die Schuldenlast stieg, die Liquidität schrumpfte.
Im Herbst 2024 wurde das Ausmaß der Krise sichtbar: Die Verbindlichkeiten überstiegen 1,8 Milliarden Euro, Zahlungsverzögerungen bei Zulieferern häuften sich. Die wirtschaftliche Lage war nicht mehr haltbar – der Weg in ein gerichtliches Sanierungsverfahren wurde unausweichlich. Das Landesgericht Wels eröffnete schließlich das Insolvenzverfahren. Der Schritt kam für viele überraschend: KTM und CEO Stefan Pierer galten lange als Garanten für Stabilität und unternehmerischen Weitblick.
Der Schock war tief – bei Beschäftigten, Partnern und einer treuen Fangemeinde weltweit. Pierer zog persönliche Konsequenzen und trat als CEO zurück. Damit begann eine Phase grundlegender Umstrukturierung. Das Unternehmen wurde intern verschlankt, Führungspositionen neu besetzt, und eine strategische Neuausrichtung eingeleitet. Auch die Verlagerung von Produktionsteilen ins Ausland stand zur Diskussion. Parallel begann die Suche nach neuem Kapital zur Stabilisierung des laufenden Betriebs.
Die Insolvenz bedeutete eine historische Zäsur – für KTM und für die österreichische Industrie insgesamt. Ein Name, der jahrzehntelang für Aufstieg und Innovation stand, wurde plötzlich zum Symbol für die Risiken aggressiven Wachstums in einem volatilen Marktumfeld.
Video: Machtwechsel bei Pierer Mobility
Nach Jahrzehnten an der Spitze zieht sich Stefan Pierer aus der Führung der Pierer Mobility AG zurück – ein markanter Einschnitt für das österreichische Industrieunternehmen. Der Rückzug folgt auf die dramatische Insolvenz des Motorradherstellers KTM, dessen finanzielle Schieflage zu einem milliardenschweren Sanierungsprozess führte. Der neue Hauptinvestor, Bajaj Auto aus Indien, übernimmt mit einer Kapitalzufuhr von 600 Millionen Euro nicht nur die finanzielle Rettung, sondern auch die Kontrolle über das Unternehmen.