Energiepreise : Was laut Matthä (ÖBB) am Merit-Order-Prinzip nicht passt

Bahn Verkehr Infrastruktur Wien Andreas Matthä
© APA/HERBERT NEUBAUER

Es gibt viele große Stromverbraucher in Österreich – welche Branchen besonders energieintensiv sind, lesen Sie hier –, doch einer der größten unter ihnen sind die ÖBB.

Mit rund 2,2 TWh ist der jährliche Stromdurst der Bundesbahnen vergleichbar mit Linz. Aufgrund der hohen Strompreise versuchen sie also, immer mehr Strom selbst zu produzieren. Das bestätigte ÖBB-Chef Andreas Matthä am Rande des Forum Alpbach. Allerdings kritisierte er auch das Merit-Order-Prinzip, das die Strompreise festlegt, als veraltet und forderte mehr Energiesubventionen.

Das Merit-Order-Prinzip besagt, dass sich die Strompreise nach dem teuersten Erzeuger richten. Heute sind das Gaskraftwerke – und Gas ist aufgrund geopolitischer Entwicklungen immer knapper und damit extrem teuer geworden. Auf der ersten Stufe der Strommarktliberalisierung, so Matthä, sei dieses Prinzip sinnvoll. Aber: "In der aktuellen Situation ist dieses System nicht mehr zeitgemäß." Schließlich würde jetzt mehr Strom aus erneuerbaren Energien produziert, als das zu Beginn der Liberalisierung der Fall war.

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Die ÖBB produzierten im vergangenen Jahr rund 750 GWh Strom in eigenen Kraftwerken, unter anderem Wasserkraftwerken. Daraus resultiert eine Eigenproduktion, die mehr als ein Drittel des Jahresbedarfs deckt. "Weitere 450 GWh unseres Jahresbedarfs werden durch langfristige Partnerverträge (mit dem Verbund, Anm.) aus Wasserkraft abgedeckt", so der ÖBB-Chef.

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Bleiben 40 % Strombedarf, die die ÖBB über den Markt decken müssen. "Diese Lücke versuchen wir in den nächsten Jahren durch den Ausbau unserer Eigenproduktion und durch neue Partnerschaften deutlich zu verkleinern", sagt Matthä.

Bis 2030 werden die Bundesbahnen eine Milliarde Euro dafür ausgeben. Die Eigenproduktion soll um etwa 270 GWh pro Jahr wachsen, aus den erneuerbaren Energiequellen Wasser, Sonne und Wind. Dabei wird nicht nur Bahnstrom mit 16,7 Hz erzeugt, sondern auch 50-Hz-Strom zur Versorgung von Betriebsgebäuden und Stationen. "Das heißt, wir versuchen unseren Bedarf an Bahnstrom zu einem Gutteil selbst beziehungsweise gemeinsam mit Partnern zu produzieren", wird in Alpbach in Tirol erklärt. "Das macht das Bahnsystem unabhängiger und stärker - und es entlastet den Strommarkt. Denn jede Kilowattstunde erneuerbarer Energie, die wir nicht aus dem öffentlichen Netz brauchen, steht für Haushalte oder für die Industrie zur Verfügung."

Es kommt noch ein großes Aber: "Das Bahnstromsystem ist als 'nicht öffentliches Stromnetz' derzeit aufgrund der Renewable Energy Directive und des Erneuerbaren Ausbau-Gesetzes von Förderungen für ausgenommen." Das sei „problematisch“ und gehe "an der Realität vorbei". Schließlich stehe der Ökostrom mit 16,7 Hz allen Bahnwerken im ÖBB-Netz zur Verfügung. Zudem würden Millionen Fahrgäste und Fracht klimafreundlich transportiert und die ÖBB seien mit ihrem aktuellen Netz "ein wichtiger öffentlicher Leistungsträger".

"Mit mehr Investitionsförderungen für Bahnstromanlagen könnten wir unseren aktuell geplanten Zuwachs in der Eigenerzeugung von 125 MWp aus Photovoltaik und Wind bis 2030 verdreifachen auf 375 MWp" so Matthä. Dafür brauche es eine Förderungen für die ersten 2 MWp bei Photovoltaik und für Windkraftanlagen mit bis zu 5 MW. (apa/red)

Andreas Matthä ist einer der Top-Manager Österreichs, die auch auf LinkedIn aktiv sind. Das INDUSTRIEMAGAZIN hat nachgefragt, wie und wofür er die Plattform nutzt.