KTM-Motorräder : Trotz Rekordjahr bei Pierer Mobility: Stellenabbau in Österreich und Verlagerung der Produktion nach Asien

Pierer Mobility Produktion

Umsatztreiber für Pierer Mobility waren 2023 die Fahrräder und E-Bikes

- © Pierer Mobility

Während Seriensieger KTM bei der Rallye Dakar in der saudi-arabischen Wüste brilliert, werden daheim in Oberösterreich Hausaufgaben gemacht. Mit 157.358 E-Bikes und Fahrrädern wurden fast halb so viele Räder verkauft wie Motorräder (381.634 Einheiten, plus zwei Prozent). In Europa lag der Absatz bei rund 140.000 Motorrädern. Rund zwei Drittel der Motorräder wurden in den außereuropäischen Märkten verkauft, insbesondere in Nordamerika, Indien und Australien.

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Dennoch baut die Pierer Mobility (früher KTM Industries) des Industriellen Stefan Pierer kommendes Jahr in Österreich bis zu 300 Jobs ab. Als Grund führt der Unternehmensvorstand "die nachteiligen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen in Europa" an. "Um die Rentabilität der Gruppe zu sichern, wird das Management Kostenreduktionsmaßnahmen im Geschäftsjahr 2024 im zweistelligen Millionenbereich durchführen." Auch zwei Fahrradmarken sollen verkauft werden.

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- © Industriemagazin

Geringeres EBIT, gestiegener Umsatz

Der KTM-Mutterkonzern Pierer Mobility hat im vergangenen Jahr ein deutlich geringeres operatives Ergebnis (EBIT) erwirtschaftet, was auf die Restrukturierung der Fahrradsparte zurückzuführen ist. Die Kennzahl belief sich im abgelaufenen Geschäftsjahr auf 160 Millionen Euro und lag damit um 32 Prozent unter dem Wert des Vorjahres. Die EBIT-Marge betrug 6 Prozent. Auch das Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (EBITDA) ging um 15 Prozent auf 324 Millionen Euro zurück, wie das Unternehmen am Montag mitteilte.

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Neben der Restrukturierung der Fahrradsparte waren auch hohe Kosten für Händler im Motorradgeschäft ein Grund für den Rückgang. Trotz guter Nachfrage und deutlich gestiegener Zinsen seien die Kosten für die Lagerhaltung stark gestiegen, so dass Pierer seinen Händlern längere Zahlungsziele und höhere Rabatte einräumen musste.

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Auch bei den Lieferanten, die unter dem hohen Zinsniveau litten, musste Pierer zur Stabilisierung der Finanzsituation beitragen. Das schlug sich im Free Cashflow nieder, der von minus 3 Millionen Euro im Vorjahr auf minus 411 Millionen Euro sank. Der Umsatz stieg dagegen von 2,44 Milliarden Euro auf 2,66 Milliarden Euro.

"Und was China betrifft hat es dort gerade für die Mittelklasse bessere Rahmenbedingungen als in Europa."
Viktor Sigl, Finanzvorstand Pierer Mobility

Bessere Bedingungen in China

Doch trotz guter Absatz-Zahlen hält Pierer Mobility an den Plänen von 2023 fest: Am Standort Mattighofen-Munderfing sollen nach Jahren des Personalaufbaus bis 2024 rund 300 Arbeitsplätze abgebaut werden. Grund dafür sind Verlagerungen nach Indien und China. Dort unterhält das oberösterreichische Unternehmen Partnerschaften. Grund dafür sind die "ungünstigen Rahmenbedingungen" am heimischen Standort. Im Jahr 2022 waren noch 800 Arbeitsplätze hinzugekommen, so dass es zuletzt 5.200 waren.

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"Verlagert wird die preissensible Mittelklasse an Motorrädern mit einem Hubraum von 700 bis 900 Kubikzentimeter um unsere Wettbewerbsfähigkeit langfristig abzusichern", erläuterte Pierer-Mobility-Finanzvorstand Viktor Sigl nach Bekanntgabe des Stellenabbaues der vornehmlich über natürliche Fluktuation gelingen soll. Dazu nannte er zwei wesentliche Gründe: "Die Zuliefersituation ist deutlich billiger als bei uns und das bei einem deutlich niedrigeren Lohn-und Gehaltsniveau als in Europa." Der Zulieferkostenanteil sei wiederum wesentlicher Bestandteil der Kostenstruktur Pierer Mobility und damit KTM. Dies sei ein Problem der Zulieferer, denn irgendwo müsse die Produktion sein: "Und was China betrifft hat es dort gerade für die Mittelklasse bessere Rahmenbedingungen als in Europa."

Viktor Sigl Pierer Mobility Finanzvorstand
Pierer-Mobility-Finanzvorstand Viktor Sigl - © Pierer Mobility

"Kostenvorteile nutzen"

Die Verlagerung von Teilen der Produktion für bestimmte Modelle der Mittelklasse sowie bestimmter F&E-Aktivitäten an den strategischen Partner Bajaj Auto in Indien sowie an CFMOTO in Werke in China soll Kostenvorteile in diesen Regionen nutzen sowie Entwicklungs- und Industrialisierungsprozesse beschleunigen. Die Zahl der Leiharbeitnehmer soll von 350 auf 250 reduziert werden; weitere 150 bis 200 Stellen sollen im Rahmen der natürlichen Fluktuation abgebaut werden. "Aktive Maßnahmen" - also Entlassungen - würden "nur eine sehr geringe Zahl" betreffen, sagte der Manager im Dezember.

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Allerdings, so Sigl, seien die Rahmenbedingungen für die Zulieferung im "sportiven und performanten Offroad-Bereich" in Europa besser. "Letztendlich muss man sich ständig die Frage stellen, wo kann man so produzieren, dass man wettbewerbsfähige Preise im Markt unterbringt. Am Ende des Tages ist es der Kunde, der entscheidet. Er erwartet sich einen passenden Preis." Auf Nachfrage schätzt Sigl, dass ein komplett in Europa gebautes Mittelklassemotorrad um ein Drittel teurer wäre als bei einer Produktion auch in China.

Stefan Pierer auf KTM-Motorrad
Stefan Pierer - © Sebastian Reich / Verlagsgruppe News / picturedesk.com

Schärfung der Strategie

In einer Aussendung im Dezember wurde vor allem auch auf den Beschluss des Vorstandes zu einer Strategieschärfung hingewiesen. Diese beinhaltet die Fokussierung auf die Kernmarken KTM, GASGAS, Husqvarna sowie MVAgusta. Auf Basis dieses Beschlusses wurde der Verkauf der Marken R Raymon und FELT sowie die Trennung vom Non-E-Bike-Bereich durch den Vorstand in die Wege geleitet bzw. - im Falle von R Raymon - bereits abgeschlossen. Für FELT sei dies für 2024 geplant, teilte das Unternehmen weiter mit. Die Neuausrichtung des Fahrradbereichs werde zu einer deutlichen Belastung des Gesamtergebnisses in der Bilanz 2023 führen.

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"Die 2017 gegründete Fahrradmarke R Raymon soll künftig in neuer, unabhängiger Konstellation von Susanne und Felix Puello weitergeführt werden", schrieb Pierer Mobility in der Aussendung. "Weiters wurde der Verkaufsprozess der Fahrradmarke FELT an ein Konsortium rund um Florian Burguet ebenfalls eingeleitet, welcher in der ersten Jahreshälfte 2024 abgeschlossen werden soll." Das Geschäft mit Elektrofahrrädern der Marken Husqvarna und GASGAS wird dagegen Gegenstand einer Forcierung und Weiterentwicklung innerhalb der Gruppe sein. Aus diesem Grund werde es eine Neuordnung der Unternehmenssegmente geben. Das neue Segment "E-Mobility" umfasst künftig neben dem E-Bike alle elektrisch angetriebenen Zweiräder wie E-Motorräder, E-Minis sowie Stand-up-Scooter.