VW in der Krise : Volkswagen plant massive Stellenstreichungen - bis zu 30.000 Arbeitsplätze in Deutschland gefährdet
Der Volkswagen-Konzern plant laut einem Bericht, das mittelfristige Budget deutlich zu kürzen, insbesondere im Bereich der Forschung und Entwicklung. Dies soll stärker ausfallen als bisher bekannt. Im Rahmen der Sparmaßnahmen könnten in Deutschland bis zu 30.000 Arbeitsplätze gefährdet sein, wie das "Manager-Magazin" am Donnerstag unter Berufung auf eigene Informationen berichtete. Volkswagen selbst hat diese Angaben jedoch nicht bestätigt.
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Eine Sprecherin erklärte: „Klar ist: Volkswagen muss an seinen deutschen Standorten seine Kosten reduzieren.“ Nur so könne das Unternehmen ausreichend Mittel für künftige Investitionen erwirtschaften. „Wie wir gemeinsam mit der Arbeitnehmervertretung dieses Ziel erreichen, ist Teil der anstehenden Gespräche“, fügte sie hinzu. Die genannte Zahl könne Volkswagen jedoch nicht bestätigen.
Verhandlungen mit Gewerkschaft beginnen bald
Der Autobauer steht bei seiner Hauptmarke VW Pkw unter erheblichem Kostendruck. Die bisherige Beschäftigungssicherung, die seit Jahrzehnten mit den Gewerkschaften bestand, wurde aufgekündigt, und nun stehen Werksschließungen sowie betriebsbedingte Kündigungen zur Diskussion. Markenchef Thomas Schäfer strebt an, die operative Rendite in den kommenden Jahren auf 6,5 Prozent zu steigern. Ab dem 25. September beginnen die Verhandlungen mit der Gewerkschaft IG Metall.
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Der Druck auf das Unternehmen scheint so groß zu sein, dass nun sogar tiefgreifende Einschnitte bei der Belegschaft diskutiert werden. Laut "MM" soll die Zahl der Beschäftigten in Deutschland von derzeit 130.000 um 30.000 reduziert werden. Auch Konzernchef Oliver Blume halte dies langfristig für realistisch. Sein Vorgänger, Herbert Diess, hatte ähnliche Pläne in Erwägung gezogen, war jedoch auf heftigen Widerstand gestoßen und musste diese wieder zurückziehen.
Besonders hart könnte es dem Bericht zufolge den Bereich Forschung und Entwicklung treffen. Von den rund 13.000 dort beschäftigten Mitarbeitern könnten nach einigen Prognosen 4.000 bis 6.000 ihre Stellen verlieren. Maßnahmen wie Altersteilzeit und Abfindungen würden hierfür nicht ausreichen.
Ausgaben für neue Technologien, Antriebe, Batterien und Software müssen sinken
Volkswagen hatte bereits im Rahmen der Investitionsplanung angekündigt, in den Jahren 2023 und 2024 erhebliche Ausgaben für neue Technologien, Antriebe, Batterien und Software zu tätigen. Danach sollte die Investitionsquote jedoch wieder sinken. Im vergangenen Jahr betrug der Anteil der Ausgaben für Sachanlagen sowie Forschung und Entwicklung 13,5 Prozent des Umsatzes im Autogeschäft, was rund 36,1 Milliarden Euro entsprach.
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Für das laufende Jahr hat Finanzchef Antlitz 13,5 bis 14,5 Prozent des Erlöses für diese Bereiche veranschlagt. Bis 2027 soll die Quote auf unter 11 Prozent sinken, und bis 2030 auf rund 9 Prozent fallen, wie Blume den Investoren im vergangenen Jahr zugesagt hatte. Diese kritisieren schon lange die hohen Ausgaben, da sie die Dividendenzahlungen an die Aktionäre einschränken.
Politische Unterstützung zugesagt
Der deutsche Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) hat dem kriselnden VW-Konzern politische Unterstützung zugesichert, dabei jedoch keine direkten staatlichen Hilfen in Aussicht gestellt. "Der Großteil der Aufgaben wird von Volkswagen selbst gelöst werden müssen", betonte Habeck am Freitagmorgen bei seinem Besuch im VW-Werk in Emden. Die Aufgabe der Politik sei es, zu prüfen, "ob wir Marktsignale richtig setzen oder noch verstärken können".
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Habeck wies auf bereits beschlossene Maßnahmen hin, die den schleppenden Absatz von Elektroautos ankurbeln sollen. Dazu gehörten Steuervergünstigungen für elektrisch betriebene Dienstwagen sowie verbesserte Abschreibungsbedingungen für gewerblich genutzte Elektrofahrzeuge. Diese Maßnahmen müssten nun umgesetzt werden.
Angesichts von Berichten über mögliche massive Stellenstreichungen bei VW erklärte Habeck, er könne diese Zahlen nicht bestätigen. Gleichzeitig appellierte er an den Konzern, die Produktionsstandorte zu sichern. In die konkrete Unternehmenspolitik, insbesondere in Bezug auf Personalfragen, könne er sich jedoch nicht einmischen: "Ich kann mich nicht einmischen."
Der Großteil der Aufgaben wird von Volkswagen selbst gelöst werden müssen.Robert Habeck, deutscher Wirtschaftsminister
Habeck warnte zudem eindringlich vor "einem Zickzackkurs" bei der Ausrichtung auf Elektroautos. "Die Elektromobilität ist die Zukunft", stellte er unmissverständlich klar. Deutschland und speziell VW lieferten in diesem Bereich "Spitzentechnologie". Während seines Rundgangs durch das Werk zeigte sich Habeck beeindruckt von den Produktionsprozessen und den dort gefertigten Modellen ID.4 und ID.7. In Zukunft sollen am Standort Emden ausschließlich Elektrofahrzeuge produziert werden. Neben dem Klimaschutz spreche auch "die Ökonomie für das E-Fahrzeug", so Habeck weiter.
Auch VW-Vertriebsleiter Martin Sander unterstrich: "Das Wichtigste ist, dass wir von der Politik ein klares Signal für die E-Mobilität bekommen." Sander bekräftigte, dass Volkswagen plane, diesen Sektor in den kommenden Jahren weiter stark auszubauen. Gleichzeitig forderte er von Habeck wettbewerbsfähige Energiepreise, um im internationalen Vergleich bestehen zu können.
Habeck lädt zu Autogipfel
Angesichts der aktuellen Krise in der Automobilbranche lädt der deutsche Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) für nächsten Montag zu einem "Autogipfel" ein. "Habeck habe zu einem Austausch mit der Automobilindustrie über die aktuelle Lage eingeladen", bestätigte eine Sprecherin des Ministeriums. Die "Bild"-Zeitung hatte als erstes darüber berichtet. Bei dem Treffen sollen neben dem Branchenverband VDA und der Gewerkschaft IG Metall auch die größten Automobilhersteller und Zulieferer vertreten sein.
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Die deutschen Autohersteller kämpfen mit sinkenden Verkaufszahlen und den hohen Kosten des Übergangs zur Elektromobilität. Das belastet die Gewinne spürbar. Volkswagen verzeichnete im ersten Halbjahr einen Gewinnrückgang von 14 Prozent, bei BMW schrumpfte der Überschuss um fast 15 Prozent und bei Mercedes-Benz sogar um knapp 16 Prozent. Auch die Automobilzulieferer spüren mittlerweile die Auswirkungen der Krise.
Seit der Einstellung der staatlichen Subventionen sind die Verkaufszahlen von Elektroautos stark zurückgegangen. Um den Absatz zu fördern, plant die Bundesregierung verstärkte steuerliche Anreize für elektrisch betriebene Dienstwagen. Das Kabinett hat entsprechende Maßnahmen bereits auf den Weg gebracht.