Stahlindustrie : Voestalpine verdoppelt Quartalsgewinn
Der Stahlkonzern Voestalpine hat Umsatz und Gewinn im ersten Quartal 2022/23 in einem schwierigen Umfeld kräftig gesteigert. Das Ergebnis nach Steuern erhöhte sich von 259 auf 615 Mio. Euro, wie das Unternehmen Donnerstagfrüh bekanntgab. Trotz Ukraine-Kriegs, massiv gestiegener Energiepreise, internationaler Lieferengpässe und anhaltender Einschränkungen in der Logistik hätten sich alle Geschäftsbereiche positiv entwickelt. Der Vorjahresgewinn wird heuer aber nicht erreicht. Bereits im Juni hatte die Voestalpine die guten Jahresergebnisse von 2021 bekanntgegeben.
"Die voestalpine hat im ersten Geschäftsquartal ein außergewöhnlich starkes Ergebnis vorgelegt - wir sind uns aber der möglichen Risiken, die aufgrund der schwer einschätzbaren wirtschaftlichen Entwicklung im zweiten Halbjahr 2022 auf uns zukommen können, bewusst und haben uns darauf gut vorbereitet", so Konzernchef Herbert Eibensteiner.
Bleiben die Risiken in Zukunft beherrschbar?
Im Verlauf des ersten Quartals seien die Konjunkturprognosen zunehmend pessimistischer geworden. Das Unternehmen dämpfte daher die Gewinnerwartung für 2022/23: Das Management rechnet aus heutiger Sicht mit einem Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (EBITDA) von 2 Mrd. Euro. Im abgelaufenen Geschäftsjahr 2021/22 hatte die Voest das EBITDA noch auf 2,3 Mrd. Euro verdoppelt.
Aufgrund des sich eintrübenden Sentiments könne heuer trotz des hohen aktuellen Auftragsstandes im Konzern "nicht von einer Fortsetzung der Ergebnisentwicklung auf dem Rekordniveau des ersten Geschäftsquartals für das restliche Geschäftsjahr 2022/23 ausgegangen werden", wurde betont.
Und selbst diese vorsichtige Guidance setzt voraus, dass Europa weiterhin ausreichend mit Erdgas versorgt wird "und auch zusätzlichen, derzeit kaum quantifizierbaren, Risiken - Konjunkturentwicklung, Störungen der Lieferketten, Kundenbedarfs-, Rohstoff- und Energiekostenentwicklung - weiterhin beherrschbar bleiben".
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Für das zweite Halbjahr 2022/23 erwartet der Vorstand jedenfalls "eine deutliche Abkühlung der Konjunktur mit einer entsprechenden Auswirkung auf die Ergebnisentwicklung des Unternehmens".
Im ersten Geschäftsquartal legte der Umsatz den Angaben zufolge noch um 37,7 Prozent von 3,4 auf 4,6 Mrd. Euro zu. Das EBITDA stieg um 68,5 Prozent auf 879 Mio. Euro, das operative Ergebnis (EBIT) verdoppelte sich von 332 auf 693 Mio. Euro und der Gewinn vor Steuern (EBT) wuchs von 311 auf 670 Mio. Euro.
Die Verschuldungskennzahl Gearing Ratio (Nettofinanzverschuldung im Verhältnis zum Eigenkapital) verbesserte sich im Jahresvergleich von 43,8 auf 29,8 Prozent - die Nettoverschuldung sank um 12,8 Prozent auf 2,3 Mrd. Euro, das Eigenkapital erhöhte sich um 28,5 Prozent 7,7 Mrd. Euro. Die voestalpine beschäftigte weltweit 49.900 Vollzeitkräfte.
Gas-Speicherziel erreicht!
Inmitten der sich zuspitzenden Energiekrise infolge des Ukraine-Kriegs hat sich der Stahlkonzern Voestalpine reichlich mit Gas eingedeckt. Die Speicher sind gefüllt. "Wir haben jetzt unser Einspeicherziel von 1,5 Terawattstunden erreicht und denken, dass das eine sehr gute Vorbereitung für eine Krise bedeutet - drei Monate Vollproduktion erachten wir im Moment für eine sehr gute Voraussetzung für das restliche Geschäftsjahr", betonte CEO Herbert Eibensteiner.
Nach zuletzt noch Rekordgewinnen trotz Coronakrise und Ukraine-Kriegs rechnet die voestalpine für den weiteren Jahresverlauf mit einer "deutlichen Abkühlung" der Konjunktur und somit auch des Geschäftsverlaufs. Der Gewinn vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (EBITDA) dürfte mit voraussichtlich 2 Mrd. Euro unter dem Vorjahreswert zu liegen kommen, erwartet das Management.
Wie Gas zum größten Problem der Industrie wurde.
Mit der nunmehr gespeicherten Gasmenge, die für ein Vierteljahr Produktion unter Vollauslastung reicht, sieht sich der Konzernchef für "ein Worst-Case-Szenario, einen Gasstopp" aus Russland gewappnet. Das würde bedeuten, dass wir in dieser Zeit einen eingeschränkten Bedarf haben, wir könnten Kunden noch beliefern und Anlagen runterfahren ohne Beschädigungen zu haben", umriss Eibensteiner die Lage bei einem kompletten Lieferstopp von russischem Gas. Aufträge könnten also noch abgearbeitet und die betroffenen Produktionsbereiche kontrolliert heruntergefahren werden.
Wo die Industrie das meiste Gas benötigt.
Die Voest, die für die Herstellung ihrer Produkte überdurchschnittlich viel Energie benötigt, ist dabei auf Gas angewiesen. "Gas ist für uns Prozessgas - das ist schwer zu ersetzen, das ist ja auch der Grund, warum wir eingespeichert haben", erklärte Eibensteiner. "Gleichzeitig haben wir uns Gas von nicht-russischen Quellen gesichert, um sicherzustellen, dass wir nicht zu 100 Prozent von russischem Gas abhängig sind."
Für den konzerneigenen Gasvorrat wurden bereits andere Quellen angezapft. Der Konzern bezieht dem CEO zufolge Flüssiggas (LNG, Liquid Natural Gas) aus Terminals in Südeuropa sowie Gas aus nordafrikanischen Quellen. Wieviel Prozent des Bedarfs nun bereits nicht-russischer Herkunft sind, wollte der Konzernchef nicht beziffern - es sei aber "schon eine wesentliche Menge".