Energie : Verbund: Handelsgericht kippt Preiserhöhungen

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Die Preiserhöhung des teilstaatlichen Stromkonzerns Verbund vom Mai 2022 ist vom Handelsgericht Wien aufgehoben worden. Die Klausel zur Anpassung des Arbeitspreis für Strom sei überraschend und zum Nachteil der Kundinnen und Kunden, so der Verein für Konsumenteninformation (VKI), der im Auftrag des Sozialministeriums die Klage eingebracht hatte. Das Urteil ist nicht rechtskräftig, der Verbund hat bereits Berufung angekündigt.

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Der VKI erklärte, dass mit dem Urteil die Rechtsgrundlage für die seit Mai 2022 verrechneten erhöhten Tarife weggefallen sei. Die seit der Preiserhöhung auf Basis der Klausel verrechneten Entgelte sind nach Ansicht des VKI in Höhe des jeweiligen Erhöhungsbetrages zurückzuerstatten.

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Der Stromkonzern hat im Jänner 2023 eine weitere Preiserhöhung per 1. März 2023 angekündigt. Diese ist von der aktuellen Entscheidung des Handelsgerichts nicht betroffen. Auf 23,9 Cent netto pro Kilowattstunde (kWh) steigt dann der Arbeitspreis für Bestandskunden mit Standardlastprofil im Haushaltssegment.

Rund 450.000 Stromkunden betroffen

Der Verbund hatte im März 2022 eine Preiserhöhung für seine Haushalts- und Gewerbekunden per 1. Mai 2022 angekündigt. Laut Verbund erhöhen sich dadurch die monatlichen Energiekosten bei einem Stromverbrauch von 3.500 kWh um durchschnittlich rund 21 Euro, bei einer jährlichen Abnahmemenge von 15.000 kWh Gas um durchschnittlich rund 75 Euro. Die Anzahl der betroffenen Kundinnen und Kunden ist nicht bekannt. Ende 2021 hatte der Verbund rund 450.000 Strom- und 80.000 Gaskunden. Beim Strom berief sich der Verbund auf eine Klausel, die sich auf den börsenpreisabhängigen Österreichischen Strompreisindex (ÖSPI) bezieht.

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Der Verbund betonte bisher, dass jeder Kunde bei Vereinbarung dieser Klausel klar und verständlich informiert worden sei. Die Preisanpassungsklausel trug allerdings die Überschrift "Wertsicherung Arbeitspreis". Das Gericht entschied, dass der Verbraucher bei einer solchen Überschrift nicht damit rechnen könne, dass diese Klausel nicht dem Ausgleich der allgemeinen Teuerung diene, sondern eine Prognose des künftigen Großhandelspreises darstelle. Sie sei daher überraschend und für den Kunden nachteilig.

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Drohen dem Verbund Rückzahlungen?

Das Gericht führt weiters aus, dass nach den gesetzlichen Bestimmungen das ursprüngliche Wertverhältnis zwischen der Leistung des Unternehmens und der Geldleistung des Verbrauchers möglichst genau erhalten bleiben muss und daher keine "Zufallsgewinne" zugunsten eines Vertragspartners möglich sein dürfen. Eine Klausel, die den ÖSPI als Berechnungsgrundlage für Erhöhungen des Arbeitspreises heranzieht, sei im Falle des Verbund nicht geeignet, die Proportionalität zwischen Leistung und Entgelt zu wahren und daher unzulässig.

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"Der Verbund tritt gegenüber Verbraucher:innen als Stromerzeuger und Versorger auf. Die Kunden haben bewusst nicht nur einen Stromhändler als Versorger gewählt, sondern mit dem Verbund ein Unternehmen als Vertragspartner, das angibt, den Strom selbst aus 100 Prozent Wasserkraft herzustellen. Es gibt daher keine sachgerechte Grundlage, warum der Verbund die Börsenpreise als Maßstab für eine - vermeintliche - Wertsicherung heranziehen können sollte", sagte VKI-Jurist Maximilian Kemetmüller. "Wir fordern den Verbund auf, Rückzahlungen im Ausmaß des entsprechenden Erhöhungsbetrages an Betroffene vorzunehmen."

Der Verbund hat angekündigt, dagegen Rechtsmittel zu ergreifen.

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