Auflösung : Haselsteiner kündigt Strabag Syndikat mit Deripaska (und Raiffeisen und Uniqa)

Hans Peter Haselsteiner

Die Strabag hat drei Kernaktionäre: Haselsteiners Privatstifung, die russische MKAO "Rasperia Trading Limited" (Deripaska) sowie die UNIQA und Raiffeisen. Mit dem Ausstieg aus dem Syndikatsvertrag ändert nichts an der Aktionärsstruktur, aber einiges an der Machtbalance.

- © Michael Hetzmannseder

Die Familien-Privatstiftung rund um Ex-Chef Hans Peter Haselsteiner steigt aus dem Syndikatsvertrag des Bauriesen Strabag aus. Die Kernaktionsstruktur verändert sich dadurch grundlegend. Haselsteiner habe seinen Vertrag mit der russischen Rasperia Trading, die dem Oligarchen Oleg Deripaska zuzuordnen ist, sowie mit der UNIQA- und der Raiffeisen-Gruppe gekündigt, nachdem alle Bemühungen, den russischen Anteil an sich zu ziehen, gescheitert seien, gab die Strabag bekannt.

Hintergrund sind der Ukraine-Krieg und die westlichen Sanktionen gegen Russland. Angesichts des Ukraine-Kriegs gehen der Baukonzern Strabag und Ex-Konzernchef Hans Peter Haselsteiner auf Distanz zum russischen Kernaktionär Rasperia Trading rund um den Oligarchen Oleg Deripaska. Großaktionär Haselsteiner kündigte den Syndikatsvertrag mit den anderen beiden Großaktionären Rasperia und UNIQA/Raiffeisen - zu dritt halten sie fast 86 Prozent an der Strabag. Der Konzern zieht sich zudem laut Eigenangaben aus Russland zurück und streicht Deripaska die Dividende.

Das Strabag-Syndikat, das seit 2007 bestand, ist mit der Aufkündigung durch Haselsteiner zerschlagen. Der Vertrag zwischen den drei Kernaktionären sah Konzernangaben von heute, Dienstag, zufolge die Nominierung von Aufsichtsratsmitgliedern und die Koordination von Abstimmungsergebnissen auf der Hauptversammlung vor. Es gab enge Absprachen innerhalb des Syndikats und es herrschte Einstimmigkeitsprinzip. Nun kann jeder der drei großen Anteilshaber eigenständig agieren und entscheiden - ein organisatorischer Umbruch.

"An der Eigentümerstruktur hat sich nichts geändert", betonte Konzernsprecherin Marianne Jakl am Dienstag im Gespräch mit der APA. "Als Unternehmen haben wir keine Eingriffsmöglichkeiten in die Aktionärsstruktur", stellte sie klar. Deripaska ist über die MKAO "Rasperia Trading Limited" nach wie vor Kernaktionär und hält einen Anteil von 27,8 Prozent an der Strabag. Der Privatstiftung der Familien Haselsteiner gehören 28,3 Prozent, der Versicherung UNIQA hält gemeinsam mit dem Finanzkonzern Raiffeisen 29,5 Prozent. Lediglich 14,4 Prozent befinden sich im Streubesitz. Das könnte sich künftig ändern.

Haselsteiner selbst wollte sich nicht weiter persönlich zu seinem heute bekanntgegebenen Schritt raus aus dem Syndikat äußern. "Kein weiterer Kommentar von meiner Seite - I am sorry", teilte er auf Anfrage der Austria Presse Agentur mit.

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Der russische Oligarch Deripaska steht vorerst nicht auf der EU-Sanktionsliste. Allerdings wird er bereits von Großbritannien und Kanada sanktioniert - zwei Märkte auf denen die Strabag aktiv ist und Gewinne generiert. Daher hat das Management auch die rechtliche Handhabe, dem Oligarchen die Dividende zu streichen. In den vergangenen Wochen hatte sich Haselsteiner bemüht, Deripaska dessen Strabag-Beteiligung abzukaufen, vergeblich. Deshalb setzte er nun den nächsten Schritt - die Auflösung des Syndikatsvertrages, "nachdem alle Bemühungen, den russischen Anteil an sich zu ziehen, gescheitert sind", wie es die Strabag in ihrer Aussendung formulierte.

"Der Vorstand begrüßt den Schritt unserer Kernaktionärin, der Haselsteiner Familien-Privatstiftung, durch die Kündigung des Syndikatsvertrags klare Verhältnisse zu schaffen. Vonseiten des Managements sind wir bereit, alle rechtlich möglichen Maßnahmen zu ergreifen, um Schaden vom Unternehmen abzuwenden", hatte Strabag-Chef Thomas Birtel in einer Konzernmitteilung festgehalten. Dies beziehe sich "im Blick auf die aktuell von Großbritannien und Kanada erlassenen Sanktionen insbesondere auf die Auszahlung von Dividenden".

"Der Vorstand hat den Beschluss gefasst, keine Dividende an Rasperia auszuzahlen", bekräftigte Jakl gegenüber der APA. "Wir wollten damit - ebenso wie Herr Doktor Haselsteiner mit der Kündigung des Syndikats - ein klares Zeichen setzen."

Das bereits zusammengeschrumpfte Russland-Geschäft der Strabag - es habe inzwischen mit 0,3 Prozent der Konzernleistung eine untergeordnete Bedeutung - wird abgestoßen. Der Vorstand habe "den Entschluss gefasst, die Aktivitäten abzuwickeln", also sich aus dem Land zurückzuziehen, teilte das Management am Dienstag weiters mit.

"In Anbetracht der unendlichen Not der vom Krieg betroffenen ukrainischen Bevölkerung" habe die Strabag umfangreiche Hilfsmaßnahmen, insbesondere in den hauptbetroffenen Konzernländern Polen, Tschechien, Slowakei und der Republik Moldau initiiert bzw. finanziert. Diese Initiativen würden von Aktionariat, Vorstand und Mitarbeitenden "gemäß dem Wertekodex des Konzerns auch künftig mit Stolz fortgeführt".

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Aus Sicht von Anlegerschützern ist der Schritt Haselsteiners durchaus zu begrüßen. "Der Syndikatsvertrag ist erst mal weg - ein ärgerliches Kapitel bekommt nun eine neue Dynamik. Das ist hoffentlich positiv für das Unternehmen", sagte der Vorstand des Interessenverbands für Anleger (IVA), Florian Beckermann, in einer ersten Reaktion zur APA. "Es war eine Blockade, nun gibt es eine strategische Veränderung", so der IVA-Chef. "Wir hoffen auf einen größeren Streubesitz." Die Hoffnung der Anleger auf eine Expansion des Russland-Geschäfts sei jedenfalls schon seit längerer Zeit immer kleiner geworden. Nun dürfte sie endgültig begraben sein.

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Der russische Oligarch und die Sanktionen

Für Aufsehen sorgte vor einigen Tagen eine Recherche der ARD und der Wochenzeitung "Die Zeit", wonach der in Österreich stark vernetzte Oligarch Deripaska von ersten Entwürfen für Sanktionslisten der Europäischen Union gestrichen worden sei. "Es ist ein Rätsel, wie er von der Liste verschwunden ist", sagte ein ranghoher EU-Diplomat dem ARD-Magazin "Kontraste". Der Strabag-Anteilshaber kontrolliert den Fahrzeughersteller GAZ, der auch Panzer für die in der Ukraine wütende russische Armee herstellt. Der als Intimus von Kreml-Chef Wladimir Putin geltende Oligarchen ist auch potenter Geldgeber des politisch gut vernetzten Automanagers Siegfried Wolf.

Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) hat Medienberichte, wonach Österreich Sanktionen gegen den russischen Oligarchen Oleg Deripaska vereitelt habe, scharf zurückgewiesen. "Dazu ein klares Nein", betonte Nehammer am Rande eines EU-Sondergipfels am vergangenen Freitag. Die EU-Kommission lege die Sanktionsliste fest, "und dann soll es eine österreichische Intervention für einen Oligarchen auf dieser Liste gegeben haben? ... Das wäre ja total absurd". Ob Deripaska auf der Liste Österreichs gestanden sei, könne er nicht sagen: "Ich kenne unsere Sanktionsliste im Detail nicht, das ist nicht mein Aufgabenbereich." (dpa/red)