Kriegsfolgen : Wirtschaftsforscher und IV: Heimische Industrie wegen hoher Energiekosten existenziell bedroht

IV-Chef Georg Knill im Gespräch

IV-Präsident Knill: Dramatische Gefahr

- © Marija Kanizaj

IV-Präsident Georg Knill sieht sich angesichts der aktuellen wirtschaftspolitischen Lage zu einer drastischen Mahnung gezwungen. Steuert die Regierung bei den Energiepreise nicht gegen, sind ganze Industriezweige in akuter Gefahr: „Ich muss in aller Deutlichkeit sagen – die derzeitige Situation gefährdet den Industriestandort. Wenn die Politik nicht gegensteuert, werden wir unsere Industrie in der heutigen Form nicht aufrechterhalten können.“

Denn bereits vor der Invasion Russlands in der Ukraine sei die Situation am Energiemarkt unvergleichlich gewesen, die Ereignisse der letzten Wochen haben die Lage noch zusätzlich verschärft. „Österreichs Unternehmen – insbesondere die energieintensive Industrie – sehen sich derzeit nicht nur mit einer überschießenden Energiepreisentwicklung konfrontiert, sondern auch mit dem ständig schwebenden Damoklesschwert eines drohenden Gas-Stopps. Das treibt die Preise für Strom und Gas auf ein historisches Hoch und stellt viele Unternehmen vor die Frage des Abstellens der Produktion", sagt Knill

Wirtschaftsforscher alarmiert

Aktuelle Berechnungen des Wirtschafstforschung-Instituts Eco Austria unterstützen die dramatische Einschätzung. Eco Austria prognostiziert eine merklich höhere Arbeitslosenquote und eine niedrigere Wirtschaftsleistung. Die Ökonominnen und Ökonomen gehen dabei von einem Stopp der Exporte in Richtung Ukraine und Russland sowie einem deutlichen Anstieg der Gaspreise aus.

Sollten die Gaspreise sich in Zukunft so entwickeln, wie es sich derzeit an den Terminmärkten abzeichnet, dürfte die Beschäftigung 2022 und 2023 rund 0,8 beziehungsweise 0,9 Prozent unter dem Niveau liegen, das ohne Ukraine-Krieg zu erwarten wäre. Das entspricht laut Studie rund 40.000 Arbeitsstellen. Die Arbeitslosenquote (nach internationaler Definition) würde in beiden Jahren um rund 0,6 Prozentpunkte höher liegen. Gegenüber einer Welt ohne gestiegene Gaspreise dürfte es einen Verlust an Wirtschaftsleistung in Höhe von 5,5 Mrd. Euro geben, rechnen die Studienautoren vor.

In den Folgejahren würden sich die negativen Auswirkungen des Krieges langsam verringern. In einem zweiten Szenario gehen die Ökonomen hingegen von einer länger anhaltenden Krise aus, mit hohen Energiepreisen bis Ende 2023. In diesem Szenario fallen 2023 gar 60.000 Stellen weg. Die Arbeitslosenquote würde 0,8 Prozentpunkte über den Erwartungen ohne Krieg liegen. Zudem würden 8,1 Mrd. Euro an Wirtschaftsleistung verloren gehen. (apa/red/pd)