Bauindustrie : Haselsteiner trennt sich von Deripaska: Was der Strabag jetzt erspart bleibt

Hans Peter Haselsteiner Frachtbahn

Strabag-Haupteigentümer Hans Peter Haselsteiner: Die Strabag SE hatte andere Pläne gehabt, in denen Deripaska keine kleine Rolle spielte.

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Wie am 15. März bekannt wurde, steigt Familien-Privatstiftung rund um Ex-Chef Hans Peter Haselsteiner steigt aus dem Syndikatsvertrag des Bauriesen Strabag aus. Die Kernaktionsstruktur - nicht jedoch die Eigentümerverhältnisse - verändert sich dadurch grundlegend. Haselsteiner habe seinen Vertrag mit der russischen Rasperia Trading, die dem Oligarchen Oleg Deripaska zuzuordnen ist, sowie mit der UNIQA- und der Raiffeisen-Gruppe gekündigt, nachdem alle Bemühungen, den russischen Anteil an sich zu ziehen, gescheitert seien, gab die Strabag bekannt. Das bereits zusammengeschrumpfte Russland-Geschäft der Strabag - es habe inzwischen mit 0,3 Prozent der Konzernleistung eine untergeordnete Bedeutung - wird abgestoßen.

Doch was bedeutet diese Entscheidung jetzt für einen der größten Baukonzerne Europas? Abgesehen von der gezogenen Reißleine, was die permanente Assoziation mit einem russischen Oligarchen in einem Kernaktionärssyndikat betrifft, hatte die Strabag SE unter ihrem Gründer Hans-Peter Haselsteiner ganz andere Pläne gehabt, in denen Deripaska keine kleine Rolle spielte, berichtet unser Schwestermagazin Solid in einer Analyse. Man hatte im Vergleich zum gedrängten Markt Europa beim Börsengang 2007 angekündigt, Russland als Schlüssel-Entwicklungsgebiet zu definieren, neben Österreich und Deutschland zum Kernmarkt zu machen, dort die Nummer Eins zu werden und entsprechend bis zu einem Drittel des Konzernumsatzes zu erwirtschaften.

2014 verabschiedete die Strabag SE sich offiziell von diesen Plänen, weil sie einfach nicht aufgingen – die letzte Gewissheit hatten die vergleichsweise äußerst kleinen Aufträge rund um die Olympischen Winterspiele in Sotschi gebracht. Hans-Peter Haselsteiner leitete noch die seit damals gültige und von seinem Nachfolger als CEO Thomas Birtel bis heute gut orchestrierte Diversifizierungs- und Risikoverteilungsstrategie ein und räumte dann den Vorstandsvorsitz, um sich ohne Umwege über den Aufsichtsrat auf das Dasein als Eigentümer zu beschränken.

Man möchte sich eher nicht vorstellen, was jetzt los wäre, hätte die damalige Strategie eingeschlagen.Hans-Peter Haselsteiners Sohn Klemens (seit 1.1.2020 im Strabag SE-Vorstand und dort für Digitalisierung und Unternehmensentwicklung verantwortlich) hat sich seine operativen Spuren im übrigen in Russland erarbeitet und im Exklusivinterview mit der Zeitschrift Solid im Februar 2020 noch durchblicken lassen, er hätte nichts gegen mehr Russland-Geschäft.

Auch die dortigen Techniker wurden in Diskussionen rund um Building Information Modeling immer wieder – nicht nur von Klemens Haselsteiner - gelobt. Seit Mai 2021 ist bzw. war (oder am besten: wird gewesen sein) Klemens Haselsteiner durch Übertragung einer Namensaktie im übrigen auch im Kernsydikat der Strabag SE-Eigentümer.

Doch was passiert jetzt mit der Strabag? Auf die Schnelle würde jetzt einmal überhaupt nichts geschehen, so die Analyse von Solid-Chefredakteur Thomas Pöll. Im April hält die Strabag SE ihre Hauptversammlung. Unter Umständen verkauft Deripaska bis dahin seine Aktien – falls er das überhaupt noch dürfen wird, wenn ihn nicht vorher EU-Sanktionen ereilen – und die Stimmverhältnisse ändern sich ein bisschen. Derzeit steht für die Hauptversammlung keine Wahl bezüglich des Aufsichtsrates an damit auch keine Änderung bezüglich der Wahl des Vorstandes durch den Aufsichtsrat an. Thomas Birtel (mit seiner Leadership, Beständigkeit und Kommunikationsbereitschaft ein bisschen – man möge mir die persönliche Bezeichnung erlauben – die Angela Merkel der Strabag SE) ist 67 und wird daher seinen CEO-Vertrag nicht mehr verlängern bzw. verlängert bekommen. Der neue CEO wird nach Strabag-Gepflogenheiten aus dem Unternehmen kommen und langjährige und breite Strabag-Erfahrung aufweisen müssen, was den Kreis einigermaßen einengt, aber für Kontinuität sorgen sollte.