Vier Tage-Woche Österreich : Siemens-Arbeitsdirektorin warnt vor Vier-Tage-Woche

Siemens AG

Judith Wiese, Vorstandsmitglied und Arbeitsdirektorin von Siemens, will auf lebenslanges Lernen statt einer Arbeitszeitverkürzung setzen.

- © Siemens AG

"Eine Diskussion über kürzere Arbeitszeiten können wir uns volkswirtschaftlich ganz klar nicht leisten", so Judith Wiese gegenüber der "Süddeutschen Zeitung". "Für ein Land wie Deutschland, das so schnell altert und in dem Fachkräfte fehlen, ist eine Debatte über kürzere Arbeitszeiten natürlich ziemlich heikel." Schon heute arbeiteten die Menschen in Deutschland rund 500 Stunden weniger im Jahr als etwa in den USA.

Vielmehr gehe es darum, wie Menschen durch lebenslanges Lernen beschäftigungsfähig bleiben und wie noch mehr Menschen in Arbeit gebracht werden können – "idealerweise in Vollzeit." Siemens ist mit rund 320.000 Beschäftigten einer der größten privaten Arbeitgeber in Deutschland. Unter anderem die IG Metall drängt in Deutschland derzeit massiv auf Vier-Tage-Woche.

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Siemens: Wenig Interesse an Vier-Tage-Woche trotz Fachkräftemangel

Bei Siemens gebe es schon heute die Möglichkeit, eine Vier-Tage-Woche zu realisieren, sagte Wiese der Zeitung, aber nur wenige machten davon Gebrauch. "Wir sehen bei Siemens keinen Trend zur Vier-Tage-Woche." In Deutschland seien 40 Prozent der Beschäftigten bei Siemens über 50 Jahre alt, ein Viertel sogar Mitte 50 und älter. "Vorausgesetzt, wir stellen auf dem gleichen Niveau ein wie in den letzten Jahren, benötigen wir in den nächsten zehn Jahren allein in Deutschland rund 20.000 neue Beschäftigte.

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" Der Konzern brauche "in jedem Fall Fachkräfte aus dem Ausland". Immerhin erhalte Siemens jedes Jahr weltweit 4,2 Millionen Bewerbungen. Auch jüngere Menschen müssten angesprochen werden. Wiese warnte davor, die gesamte Generation Z als arbeitsscheu abzutun. "Das erlebe ich hier bei uns nicht."

81 Prozent der Deutschen befürworten Vier-Tage-Woche

Die aktuell diskutierte Vier-Tage-Woche käme auch bei deutschen Angestellten gut an: Rund 81 Prozent der Vollzeiterwerbstätigen wünschen sich dies mit entsprechend niedrigerer Wochenarbeitszeit, wie aus einer Umfrage des WSI-Instituts der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung unter 2.575 sozialversicherungspflichtig Beschäftigten hervorgeht. Knapp 73 Prozent geben dabei an, eine Arbeitszeitverkürzung nur bei gleichem Lohn zu wollen. 17 Prozent der Befragten lehnen eine Vier-Tage-Woche ab, zwei Prozent haben ihren Vollzeitjob bereits auf vier Tage verteilt.

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Wer eine Vier-Tage-Woche grundsätzlich ablehnt, hat laut Umfrage sehr oft das Gefühl, dass sich an den Arbeitsabläufen nichts ändern würde oder die Arbeit in kürzerer Zeit nicht zu schaffen wäre. Etwa 86 Prozent derjenigen, die keine Vier-Tage-Woche befürworten, wollen ihre Arbeitszeit nicht verkürzen, weil sie Spaß an der Arbeit haben. Rund 69 Prozent dieser Gruppe kann die Arbeit nach eigener Einschätzung nicht einfach einen Tag ruhen lassen. Andere lehnen eine Vier-Tage-Woche ab, weil sie häufig für Kollegen einspringen müssten und rund ein Drittel der Gegner einer Vier-Tage-Woche hat demnach das Gefühl, bei verkürzten Arbeitszeiten beruflich nicht voranzukommen.

Streit um die 41-Stunden-Woche: Vorschlag stößt auf Kritik

In der österreichischen Industrie wird derzeit allerdings ein anderes Arbeitszeitmodell diskutiert: Die 41-Stunden-Woche. Die Industriellenvereinigung fordert eine 41-Stunden-Woche ohne Lohnerhöhung, um das Wirtschaftswachstum voranzutreiben. Eine Absage für den Vorschlag gab es von Bundeskanzler Karl Nehammer, der erklärte, dass eine Umsetzung des Vorschlags für ihn nicht infrage komme.

Auch die Gewerkschaften kritisieren den Vorschlag vehement. Reinhold Binder, Bundesvorsitzender der Gewerkschaft PRO-GE, sagt, der Vorschlag sei "total kontraproduktiv, völlig letztklassig". FSG-Chef Josef Muchitsch sieht in einer möglichen Umsetzung einen "Eingriff in die Geldtaschen der Menschen" und das komme damit einem "Lohnraub per Gesetz" gleich.

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