Faserspezialist : Lenzing weiter mit guten Aussichten

Lenzing CEO Stephan Sielaff

Neo-CEO Sielaff: Gute Zahlen für Lenzing

- © Lenzing AG

Analysten erwarten für das Auftaktquartal 2022 des oberösterreichischen Faserherstellers Lenzing ein klares Umsatzplus, verbunden mit einem Rückgang beim operativen Ergebnis. Lenzing wird die Zahlen am Mittwoch vorlegen.

Die Experten der Erste Group und der Baader Bank schätzen den Quartalsumsatz im Schnitt auf gut 561 Mio. Euro. Dies würde zum Vorjahreszeitraum einen Anstieg um 15 Prozent bedeuten. Das operative Betriebsergebnis vor Abschreibungen (EBITDA) sollte im Durchschnitt der Prognosen um sechs Prozent auf 89 Mio. Euro gesunken sein.

Das erwartete Umsatzplus begründet die Erste Group mit den positiven Effekten der gestiegenen Absatzpreise und der höheren Nachfrage nach den Spezialfasern von Lenzing. Der Anstieg der Energie- und Rohstoffpreise belaste jedoch die Gewinnmargen. Der positive Ausblick für die Jahre 2022 bis 2024 sollte nach Einschätzung der Baader Bank von Lenzing bekräftigt werden.

Beeindruckende Rückkehr

Lenzing hat bereits im Vorjahr nach einer schwachen Phase beeindruckende Zahlen vorgelegt. Trotz der Kostenanstiege bei Energie, Rohstoffen und Logistik hat der oberösterreichische Faserhersteller Lenzing seine Ergebnisse im abgelaufenen Jahr deutlich verbessert. Der Jahresüberschuss betrug 127,7 Mio. Euro, nach einem Fehlbetrag von 10,6 Mio. Euro im Jahr davor. Das Ergebnis vor Abschreibungen (EBITDA) stieg um 89 Prozent auf 362,9 Mio. Euro, das Betriebsergebnis (EBIT) versechsfachte sich auf 200,6 Mio. Euro. Für 2022 peilt Lenzing ein deutlich höheres EBITDA an.

Die Umsatzerlöse kletterten um 34 Prozent auf 2,195 Mrd. Euro, gab das Unternehmen mit zuletzt fast 7.960 Mitarbeitern am Donnerstag bekannt. Profitiert habe man vom Fokus auf holzbasierte Spezialfasern und dem überwiegend positiven Umfeld. Positiv ausgewirkt habe sich der anhaltende Preisaufschlag von holzbasierten Spezialfasern im Vergleich zu Standardfasern wie Baumwolle und Polyester.

Der zunehmende Optimismus in der Textil- und Bekleidungsindustrie durch den Impffortschritt und die anhaltende Erholung im Einzelhandel hätten vor allem zu Beginn des Berichtsjahres für einen starken Anstieg der Nachfrage und Preise am globalen Fasermarkt gesorgt, erklärte Lenzing.

Im Baumwollmarkt zeichne sich in der laufenden Erntesaison 2021/22 ein leichter Anstieg der Lagermengen ab. Die dynamischen Rohstoffmärkte und die globalen Lieferkettenprobleme dürften die Preise auch 2022 maßgeblich beeinflussen. Faserzellstoff verteuerte sich 2021 in der Spitze um über 50 Prozent.

Die geopolitischen Risiken müssten verstärkt im Auge behalten werden, heißt es im Ausblick. Vor allem der Ukraine-Krieg werde die Weltwirtschaft negativ beeinflussen. Lenzing sei zwar geschäftlich nicht unmittelbar von der militärischen Auseinandersetzung betroffen, indirekt erhöhe sich aber - wie für die gesamte Industrie - die Gefahr weiter steigender Energie- und Rohstoffkosten sowie negativer Effekte auf die Kapitalmärkte. Eine Abschwächung der Preisdynamik sei auf kurze Sicht nicht zu erwarten.

Strategisch bleibe Lenzing trotz der Herausforderungen der Pandemie auf Kurs. Mit dem vor wenigen Tagen erfolgten Produktionsstart des neuen Lyocellwerks in Thailand stärke man die führende Position als Anbieter umweltverträglicher Spezialfasern weiter. Mit einer Nennkapazität von 100.000 Tonnen pro Jahr sei das die weltweit größte Anlage ihrer Art. In Brasilien stehe unmittelbar die Fertigstellung eines Zellstoffwerks bevor. Die Investitionen (CAPEX) erhöhte Lenzing im Vorjahr um 26 Prozent auf 844,3 Mio. Euro, die Hälfte davon wurde über den Cashflow aus der Betriebstätigkeit finanziert.

Personelle Neuaufstellung

Zugkleich hat sich der Konzern personell neu aufgestellt. Der bisherige Technikvorstand und COO, Stephan Sielaff, übernahm am 1. April von Cord Prinzhorn, der diese Funktion seit September vergangenen Jahres interimistisch bekleidete. Prinzhorn kehrte in den Aufsichtsrat zurück und übetnahm dort den Vorsitz.

Sielaff amtierte seit März 2020 als CTO und COO der Lenzing AG. Dabei war er für die Aufarbeitung der Vorkommnisse rund um den Maskenskandal bei Hygiene Austria zuständig. "Stephan Sielaff hat seine Aufgaben zu Beginn der Corona-Krise aufgenommen und in den zwei Jahren eine herausragende Wirksamkeit gezeigt. Seine starke Präsenz und seine Führungsqualitäten haben den Aufsichtsrat überzeugt, ihm die Rolle des zukünftigen CEO anzubieten", kommentierte der Aufsichtsratsvorsitzende, Peter Edelmann, die Neubesetzung. Wobei Edelmann auf eigenen Wunsch, wie es in der Aussendung heißt, aus dem Aufsichtsrat ausscheidet und so Prinzhorn den Weg zum Vorsitz freimacht.

Darüber hinaus werde Finanzvorstand Thomas Obendrauf seinen bis Juni laufenden Vertrag nicht verlängern, hieß es in der Mitteilung. Der Aufsichtsrat arbeite bereits an einer zeitnahen Nachbesetzung.