Chemische Industrie : Lackindustrie vor großen Veränderungen

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Der Green Deal der EU bereitet der heimischen Lackindustrie Probleme.

- © Uwe - stock.adobe.com

Die heimische Lackindustrie steht vor großen Veränderungen: ausgerechnet der Green Deal der EU soll dafür verantwortlich sein. Die im Green Deal enthaltene Chemikalienstrategie fordert strengere Regulierungen, wonach die Verwendung bestimmter Stoffe eingeschränkt werden soll. Die dadurch notwendige Umformulierung von Lack-Rezepturen kommt den Unternehmen teuer zu stehen: "Die neue Chemikalienstrategie bringt uns gehörig unter Druck", sagte Branchenvertreter Klaus Schaubmayr am Dienstag auf einer Pressekonferenz.

"Wir können die Ziele aus dem Green Deal natürlich unterschreiben, wir müssen schauen, wie wir mit unseren Ressourcen umgehen", so Schaubmayr. Dennoch sind einige der Vorschläge zur strengeren Regulierung oft kurzfristig entstanden und deshalb - so der Experte - nicht gut durchdacht. Ziel der Lackindustrie seien sichere Lacke, bei denen das Risiko für die Umwelt und den Verbraucher so gering wie möglich ist. "Jeder, der in der Naturwissenschaft tätig ist, weiß, dass es ein Null-Risiko nicht gibt", so der Geschäftsführer der Berufsgruppe Lackindustrie im Fachverband der Chemischen Industrie Österreich.


Lesen Sie hier: Wie die Lackindustrie in Österreich unter dem Rohstoffmangel leidet.

"Wir können die Ziele aus dem Green Deal natürlich unterschreiben."
Klaus Schaubmayr, Branchenvertreter.

Umformulierungen der Rezepturen

Auch Lacke und Anstrichmittel leisten einen Beitrag zur Nachhaltigkeit, so Schaubmayr weiter. Sie seien beispielsweise in der Lage, den Spritverbrauch von Autos, Lkws, Zügen, Schiffen und Flugzeugen zu reduzieren, die Energieausbeute bei Windkraftanlagen zu erhöhen oder als Korrosionsschutz die Nutzungsdauer von Strommasten zu verlängern. "Wir sehen, dass enorme Kosten auf uns zukommen werden durch die Umformulierungen, die notwendig werden", viele Stoffe werde man nicht mehr nutzen können. Wie auch Industrievertreter den Green Deal nun ändern wollen, lesen Sie hier.

Der Lackindustrie stehen zwischen 2.000 bis 4.000 Stoffe für die Produktion ihrer Anstrichmittel zur Verfügung. Nach Schätzungen könnten nun 10 bis 15 Prozent der Zusatzstoffe durch die Regulierungen wegfallen. Dadurch sei auch die Verfügbarkeit vieler Farben, Lacke und Druckfarben zukünftig gefährdet, so Schaubmayr.

Für das Chemikalienrecht fordert die Lackindustrie deshalb Planungssicherheit: "Es müssen klare Aussagen gemacht werden, wo wir Rahmenbedingungen haben, mit denen wir arbeiten können", sagte der Obmann des Fachverbandes der Chemischen Industrie, Hubert Culik. Schaubmayer hofft, dass sich die Branche "da gut einbringen und mitgestalten" kann.

Erfolgreiches Jahr 2021

Das Jahr 2021 hat die österreichische Lack- und Anstrichmittelindustrie gut hinter sich gebracht. Das Geschäft habe sich positiv entwickelt, der Umsatz legte um 16,3 Prozent auf 551 Mio. Euro zu. "Wir konnten uns 2021 von der Coronakrise deutlich erholen", sagte Culik.

Preissteigerungen und Engpässe bei Rohstoffen hätten die Entwicklung allerdings gedämpft. Im heurigen Jahr 2022 habe sich die Rohstofflage etwas entspannt, einzelne Rohstoffe seien aber immer noch schwer verfügbar. Grund dafür seien vor allem die Lockdowns in China und der Krieg in der Ukraine. Die Preise würden sich nun auf einem hohen Niveau halten, aber nicht weiter steigen. Die Auslastung sei insgesamt gut, lediglich jene Betriebe, die die Autobranche beliefern, hätten Probleme, weil dort weniger produziert werde.

Bei der Auftragslage rechnet Culik nach dem Sommer mit einem Knick, erst dann würden die Auswirkungen des Ukraine-Krieges auf die gesamte Wertschöpfung voll durchschlagen. Eine Prognose für das laufende Jahr sei derzeit aufgrund der Unsicherheiten in Verbindung mit dem Krieg, den hohen Energiepreisen und den Problemen in der Lieferkette nicht möglich.

Klimaschutz vs. chemische Industrie?

Nach der Vorstellung des Green Deals der EU hat eine wissenschaftliche Studie die Bedeutung der chemischen Industrie für den Klimaschutz in einzelnen Sektoren nachgewiesen. Erstellt hat diese gesamthafte Analyse das WIFO im Auftrag des Fachverbands der Chemischen Industrie Österreichs (FCIO). Tenor dabei: der chemischen Industrie kommt eine Schlüsslrolle im Kampf gegen den Klimawandel zu. Die Abhängigkeit von fossilen Rohstoffen ist hoch, der Ukraine-Krieg verstärkt zudem die Notwendigkeit, diese Abhängigkeit zu reduzieren.

Studienautor Franz Sinabell, Forschungsbereichskoordinator für Umwelt, Energie und Landwirtschaft im WIFO, zu seinen Erkenntnissen: „Die chemische Industrie ist einer der wesentlichen Motoren der Transformation. Eine klimaneutrale Wirtschaft braucht Produkte, Technologien und Lösungen der Chemiebranche.“

Laut den Studienautoren haben die Unternehmen der Branche bereits viel in Richtung Klimaneutralität umgesetzt. Seit 1990 konnte die Chemieindustrie ihre prozessbedingten Emissionen bereits um über 50 Prozent senken. Die größten Herausforderungen stehen aber noch an und müssen von der Politik unterstützt werden: neben der Förderung von Investitionen und F&E für Zukunftstechnologien geht es vor allem um den Aufbau der notwendigen Infrastruktur – gerade im Energiebereich.

„Klimaneutralität in Österreich ist nur mit einer wettbewerbsfähigen Chemiebranche möglich. Dafür braucht es ausreichende Mengen erneuerbarer Energie zu konkurrenzfähigen Bedingungen, die vor Produktionsverlagerungen schützen, ebenso wie gut aufeinander abgestimmte rechtliche Rahmenbedingungen und den Investitionszyklen angepasste Zeit für die Transformation“, so der WIFO-Ökonom.

Lesen sie hier: Welche Industrien benötigen das meiste Gas?

Wie Kreislaufwirtschaft zu Klimaneutralität beitragen kann?

Insbesondere Kunststoffe sind aufgrund ihrer Leichtigkeit und der vergleichsweise ressourcenschonenden Produktion ein Schlüsselmaterial für den Klimaschutz. Im Vergleich zu anderen Materialien, brauchen sie auch weitaus weniger Erdgas bei der Herstellung, etwa bei Getränkeflaschen. Probleme gibt es bislang allerdings bei der Umsetzung einer konsequenten Recycling-Strategie: Mit einem umfassenden Ausbau von Kunststoffrecycling können die benötigten fossilen Ressourcen für Kunststoffprodukte noch einmal deutlich gesenkt und gleichzeitig jedes Jahr bis zu 2,4 Millionen Tonnen CO2 - allein in Österreich - eingespart werden.

Tipp der Redaktion: Österreichische Pioniere der Nachhaltigkeit.

Neue Technologien wie chemisches Recycling und Carbon Capture and Usage (CCU) könnten auch von Österreich aus den Umgang mit CO2 revolutionieren. „Das Potential der Kreislaufwirtschaft ist enorm. Mit einer umfassenden Etablierung könnten wir die für die Dekarbonisierung benötigte Energiemenge in der chemischen Industrie von 60 auf 30 TWh halbieren. Wenn die Politik hier einen Förder- und Ausbau-Schwerpunkt setzt, können wir im internationalen Wettbewerb um die effizientesten Klimaschutztechnologien vorne dabei sein“, sagt Helmut Schwarzl, stellvertretender Obmann das FCIO.

Über die österreichische Lackindustrie

Die 25 Betriebe der österreichischen Lack- und Anstrichmittelindustrie beschäftigen etwa 3.000 Mitarbeiter. Sie produzieren jährlich ca. 198.000 Tonnen Lack- und Anstrichmittel im Wert von rund 551 Millionen Euro. Die Branche gilt als sehr innovativ und investiert durchschnittlich 10 bis 15 Prozent des Umsatzes in Forschung und Entwicklung.