Öl und Gas aus Russland : Wegen Gas-Verträgen: Gazprom und OMV vor Schiedsgericht in Paris
Die russische Gazprom will der OMV gerichtlich verbieten lassen, ein bisher nicht öffentlich bekanntes Verfahren vor dem Internationalen Schiedsgerichtshof in Paris fortzusetzen. Das geht aus einer Veröffentlichung des St. Petersburger Handelsgerichts hervor, das für den 16. April eine erste Anhörung in der Causa anberaumt hat. Bei der OMV war man am Mittwoch auf Anfrage der APA zu einer Stellungnahme nicht bereit.
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In dem am Wochenende veröffentlichten Gerichtsbeschluss heißt es, dass das St. Petersburger Handelsgericht am 29. März begonnen habe, die eine Woche zuvor von Gazprom gegen die OMV Exploration & Production GmbH mit Sitz in Wien eingebrachte Klage zu verhandeln. Die Klage beziehe sich im Wesentlichen auf das von Gazprom beantragte "Verbot, ein Verfahren vor dem Internationalen Schiedsgerichtshof der Internationalen Handelskammer fortzuführen, und die Verurteilung zu einer Geldstrafe, so die Gerichtsentscheidung zum Verbot nicht beachtet würde".
Ausstieg aus langfristigen Gaslieferverträgen
Energieministerin Leonore Gewessler (Grüne) bereitet aktuell den Ausstieg aus den Gaslieferverträgen zwischen dem teilstaatlichen Öl- und Gaskonzern OMV und der russischen Gazprom vor. Die Verträge zwischen OMV und Gazprom haben eine Laufzeit bis 2040 und sehen laut Gewessler eine feste Abnahmeverpflichtung ("take or pay") für große Mengen Erdgas vor. Auch für den Fall, dass das russische Erdgas nicht abgerufen werde, müsse also bezahlt werden. Dies führe zu einem höheren Anteil an russischem Erdgas, obwohl der Gasverbrauch insgesamt rückläufig sei und die Importmengen konstant blieben. Die Abhängigkeit Österreichs von russischem Erdgas wurde durch diese Gaslieferverträge "zementiert".
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Bis heute ist unklar, ob und auf welcher Basis ein Ausstieg aus den Verträgen überhaupt möglich ist. Im November des Vorjahres war von Wolfgang Urbantschitsch, Chef der E-Control, zu hören: "Solange sie (Gazprom, Anm.) liefern und der Vertrag aufrecht ist, muss die OMV wahrscheinlich auch diesen Vertrag erfüllen." Auf die Frage, ob Gewessler notfalls auch einen Vertragsbruch gegenüber Gazprom in Kauf nehmen würde, ging sie nicht direkt ein - man müsse "alle Handlungsmöglichkeiten ausloten", so die Ministerin. Sollte die OMV - wie bei internationalen Verträgen üblich - vom Vertrag zurücktreten oder die Zahlungen einseitig einstellen, könnte Gazprom ein Schiedsgericht anrufen. Vor Gericht würde dann geklärt werden, ob die von der OMV angeführten Gründe für die außerordentliche Kündigung gerechtfertigt sind.
St. Petersburg oder Paris?
Die erste mündliche Verhandlung ist für den 16. April angesetzt. Beide Parteien haben nun bis zum 12. April Zeit, Dokumente und Erklärungen beim Gericht einzureichen. Von dem Rechtsstreit betroffen ist die niederländische Gazprom Sakhalin Holdings B.V., die als Tochter des russischen Gaskonzerns gilt. Was dieses Unternehmen mit dem genannten Verfahren vor dem Pariser Schiedsgericht zu tun hat, ist unklar. "Wir kommentieren grundsätzlich keine laufenden Rechtsverfahren", erklärte ein Sprecher des österreichischen Konzerns am Mittwoch gegenüber der APA. Die Pressestelle von Gazprom ließ wiederholte Anfragen der APA unbeantwortet.
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Seit Beginn des russischen Angriffskrieges wird von verschiedenen Beobachtern und politischen Akteuren ein Ausstieg der OMV aus den russischen Gaslieferungen gefordert. Ein Ausstieg aus den Verträgen mit dem Staatskonzern Gazprom wäre aber nur vor einem internationalen Schiedsgericht möglich. Nun wurde bekannt, dass der österreichische Konzern zumindest ein solches Schlichtungsverfahren in Gang gesetzt hat, wobei nicht bekannt ist, ob es sich dabei um den Gasliefervertrag handelt.
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Gazprom ist in eine Reihe von Rechtsstreitigkeiten mit europäischen Käufern und Lieferanten von russischem Gas verwickelt. In jüngster Zeit hat Gazprom versucht, seine Streitigkeiten mit internationalen Partnern vor lokalen Gerichten auszutragen, was einige europäische Unternehmen für illegal halten. Gazprom ist vor das Schiedsgericht der Region St. Petersburg und Leningrad gezogen und hat europäischen Unternehmen mit Geldstrafen gedroht, sollten sie ihre Rechtsstreitigkeiten außerhalb Russlands fortsetzen.