Öl und Gas in Russland : Russland: Putin beschlagnahmt OMV-Beteiligungen

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Putin beschlagnahmt OMV-Beteiligungen in Russland

- © OMV/Wikipedia

Die österreichische OMV und die deutsche Wintershall Dea werden nach einem Dekret des russischen Präsidenten ihre Anteile an Gasprojekten in der russischen Arktis offiziell verlieren. Alle Aktivitäten mit russischer Beteiligung, darunter die Wintershall-Dea-Beteiligung an der Nord-Stream-Pipeline sowie Gemeinschaftsunternehmen mit Gazprom, sollen bis Mitte 2024 rechtlich getrennt werden, wie ein am Dienstag von Kremlchef Wladimir Putin unterzeichneter Erlass vorsieht.

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Demnach sollen die Beteiligungen von OMV und Wintershall Dea an den Feldern Yushno Russkoje und Achimov, beide in der nordrussischen Region Jamal-Nenets, in neu zu gründende russische Gesellschaften übergehen. Auf die neuen russischen Gesellschaften sollen alle Anteile übertragen werden, die ausländische Unternehmen an Joint Ventures mit dem Gasriesen Gazprom halten. Die Verkaufserlöse sollen auf Sonderkonten der bisherigen ausländischen Eigentümer überwiesen werden. Mit der Unterzeichnung des Erlasses verlieren alle bisher gültigen Gesellschaftsverträge ihre Gültigkeit.

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BASF: Aus den Medien davon erfahren

Beobachter werten den Schritt als Reaktion auf das am Wochenende von der EU geschnürte Sanktionspaket, das unter anderem ein Einkaufsverbot für Diamanten aus Russland vorsieht. Für die OMV ändert sich vorerst nichts. Die OMV hatte sich bereits im vergangenen Jahr nach dem Ausbruch des Konflikts in der Ukraine aus dem russischen Markt zurückgezogen. Kurz vor dem Rückzug aus Russland steht Wintershall Dea, ein Gemeinschaftsunternehmen von BASF und der Investmentgesellschaft LetterOne des russischen Milliardärs Michail Fridman.

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Putins Dekrete formalisieren einen Kontrollverlust, den BASF und Wintershall Dea seit Januar 2023 angekündigt hatten. In den Dekreten heißt es, der Schritt diene dem Schutz nationaler Interessen angesichts illegaler und unfreundlicher Handlungen des Westens in Bezug auf russische Vermögenswerte. Russisches Staatsvermögen in Höhe von Hunderten Milliarden Dollar wurde im Westen eingefroren. Auch das Vermögen russischer Geschäftsleute und Investoren wurde eingefroren.

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BASF teilte am Mittwoch mit, das Unternehmen habe von den Informationen aus den Medien erfahren. Die Situation werde derzeit eingehend analysiert. Das Unternehmen kündigte für das Geschäftsjahr 2022 einen Nettoverlust an, der durch eine Wertminderung in Höhe von 7,3 Milliarden Euro verursacht wurde, die zu einem großen Teil auf die Entkonsolidierung der Wintershall Dea AG in Russland zurückzuführen ist.

OMV-Engagement in Russland

Der Öl-, Gas- und Chemiekonzern erwarb 2017 einen Anteil von 24,99 Prozent am westsibirischen Gasfeld Juschno Russkoje um damals 1,75 Milliarden Euro. 2022, nach dem Einmarsch Russlands in die Ukraine, wurde dieser um eine Milliarde Euro wertberichtigt. Für die nie in Betrieb genommene Ostseepipeline Nord Stream 2, an deren Finanzierung die OMV mit 729 Millionen Euro beteiligt war, wurde eine weitere Wertberichtigung in Höhe von einer Milliarde Euro vorgenommen. Nicht zustande kam auch der geplante Einstieg in das ebenfalls in Westsibirien gelegene Gasfeld Achimov.

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Die OMV hat bei der Abschreibung im Frühjahr 2022 davon gesprochen, dass alle Optionen für Yushno Russkoje geprüft werden, auch ein Verkauf und ein Ausstieg. Dazu ist es nicht gekommen, es gab in der angespannten Situation schlicht keine Interessenten. Ende März 2023 hatte OMV-Chef Alfred Stern betont, er wolle sich vollständig aus der Beteiligung am Gasfeld Juschno Russkoje zurückziehen. Diese Beteiligung sei bereits fast zur Gänze abgeschrieben. Allerdings sagte er zu diesem Zeitpunkt auch: „Aber um etwas verkaufen zu können, müssen Sie einmal jemanden finden, der das auch kaufen will und es auch kaufen darf.“ Dafür brauche man in Russland auch die entsprechenden Genehmigungen. „Das ist zurzeit aufgrund der Rechtslage extrem schwierig.“

Unklar ist, wie hoch die Bewertung des OMV-Anteils durch Russland sein wird und wie viel Geld damit auf dem "Sonderkonto", das eigens für diesen Zweck eingerichtet werden soll, landet. Nach Ansicht von Experten ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass die Bewertung nicht allzu hoch sein wird. Da Geldtransfers in den Westen verboten sind, wird die OMV aber ohnehin nicht an das Geld kommen.

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Zum Zeitpunkt des Erwerbs der Anteile am russischen Gasfeld Juschno Russkoje durch die OMV, unter der Leitung des damaligen CEO Rainer Seele, herrschte große Begeisterung. Die Übernahme der Anteile erfolgte von Uniper, einer Tochtergesellschaft des deutschen Energiekonzerns Eon. Das Gasfeld, eines der größten in Russland, verfügte über eine geschätzte Produktionskapazität von 25 Milliarden Kubikmetern Gas pro Jahr, was im Vergleich zum jährlichen Gasbedarf Österreichs, der bei etwa acht Milliarden Kubikmetern liegt, beachtlich ist. Besonders hervorgehoben wurden die damals geringen Produktionskosten, die auf etwa zwei Dollar je Fass Erdöläquivalent geschätzt wurden.

Raffinerie der OMV

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