Konjunktur : China: Außenhandel verliert an Schwung

Der chinesische Außenhandel ist dieses Jahr deutlich geringer gewaschen, als erwartet.

Der chinesische Außenhandel ist im August deutlich geringer gewachsen, als erwartet.

- © Jens Büttner / dpa / picturedesk.com

Chinas Außenhandel hat überraschend an Schwung verloren. Die Ausfuhren legten im August in US-Dollar berechnet nur noch mit einem Plus von 7,1 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum zu, wie der chinesische Zoll am Mittwoch in Peking berichtete. Experten hatten ein zweistelliges Wachstum erwartet, nachdem die Exporte im Juli noch um 18 Prozent gestiegen waren.

Als Gründe wurde auf die nachlassende globale Nachfrage wegen des Anstiegs der Inflation und der Energiepreise verwiesen. Genannt wurden auch die Störungen der Produktion in China durch Lockdowns infolge der Null-Covid-Strategie sowie Energieengpässe durch Hitze.

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Die Importe der zweitgrößten Volkswirtschaft entwickelten sich mit einem minimalen Zuwachs von nur 0,3 Prozent auch schlechter als vorhergesagt. Im Juli war noch ein Anstieg von 2,3 Prozent verzeichnet worden. Hintergrund sind nach Angaben von Experten die schlechte Konsumlaune der chinesischen Verbraucher sowie die Krise am Immobilienmarkt in China. Der Handelsüberschuss lag mit 79 Milliarden US-Dollar (79,6 Mrd. Euro) ebenfalls unter den Erwartungen.

China und Russland

Trotz der insgesamt schwachen Importentwicklung für China gab es erfreuliche Nachrichten für deutsche Exporteure: Die deutschen Ausfuhren nach China konnten trotz allem ein seltenes Plus von 4,9 Prozent verbuchen. Die deutschen Einfuhren aus China stiegen um 9,6 Prozent, wie der Zoll berichtete.

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"Der unerwartet starke Rückgang im chinesischen Exportwachstum ist ein weiteres Zeichen, dass die Erholung an Schwung verliert - und mehr politische Unterstützung braucht", sagte David Qu, Chefökonom bei der Finanzagentur Bloomberg. "Wir rechnen damit, dass der Handel für den Rest des Jahres unter Druck bleiben wird.

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"Stark entwickelte sich weiter Chinas Handelsaustausch mit Russland, gegen das wegen seines Einmarsches in die Ukraine internationale Wirtschaftssanktionen verhängt worden waren. China, das politisch hinter Russlands Präsident Wladimir Putin steht, importierte 59,3 Prozent mehr aus Russland - vor allem Energie. Umgekehrt lieferten chinesische Exporteure um 26,5 Prozent mehr Güter an das Nachbarland.

Chinesische Wirtschaft unter Druck

Die Europäische Union konnte auch ihre Ausfuhren nach China um 3,1 Prozent steigern. Umgekehrt exportierte China aber um 11,1 Prozent mehr in die EU. Im Handel mit den USA gingen hingegen sowohl Chinas Einfuhren als auch Ausfuhren zurück. Die chinesischen Exporte verringerten sich um 3,8 Prozent, während die Importe aus den USA sogar um 7,4 Prozent rückläufig waren."Nach zwei Jahren außergewöhnlichen Anstiegs geht Chinas Exportwachstum wieder auf normale Höhen zurück", meinte Lu Ting, Chefökonom von Nomura Holdings, laut Bloomberg. Die schlechte Importentwicklung gehe auf eine schwache heimische Nachfrage zurück. Das Volumen der Einfuhren sowohl von Öl als auch Eisenerz, Kohle, Erdgas und auch Sojabohnen war nach diesen Angaben in den ersten acht Monaten des Jahres rückläufig.

Ohnehin steht die chinesische Wirtschaft unter Druck. Im zweiten Quartal hatte das Wachstum in China nur noch 0,4 Prozent erreicht. Die Regierung hatte für heuer eigentlich 5,5 Prozent als Ziel vorgegeben. Doch rechnet der Internationale Währungsfonds (IWF) nur noch mit 3,3 Prozent.

Nur ein Ausreißer?

Noch im Juli haben Chinas Exporte unerwartet stark zugelegt und der von der Corona-Pandemie belasteten Wirtschaft einen Schub verliehen. Die Ausfuhren waren im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 18,0 Prozent geklettert. Das ist der bisher steilste Anstieg in diesem Jahr. Im Juni betrug das Plus 17,9 Prozent.

Experten hatten einen Exportanstieg von 15,0 Prozent erwartet. Viele Analysten erwarteten allerdings, dass die Ausfuhren angesichts der sich abkühlenden weltweiten Nachfrage nachlassen werden.

Die Ausfuhren sind in diesem Jahr einer der wenigen Lichtblicke für die weltweit zweitgrößte Volkswirtschaft. Lockdowns inmitten der Corona-Pandemie treffen die Bevölkerung und die Unternehmen hart. Der einst überaus starke Immobilienmarkt taumelt von einer Krise zur nächsten.

Auf eine weiterhin schwächelnde Binnennachfrage verweisen die Juli-Daten zu den Einfuhren. So stiegen die Importe im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 2,3 Prozent und verfehlten die Prognose von 3,7 Prozent deutlich. Im Juni betrug das Import-Plus 1,0 Prozent.

Fehlstart ins zweite Halbjahr

Für die chinesische Wirtschaft hat die zweite Jahreshälfte mit einem Fehlstart begonnen. Der Einkaufsmanagerindex für die Industrie fiel im Juli unerwartet deutlich um 1,3 auf 50,4 Punkte, wie aus der am Montag veröffentlichten Umfrage von Caixin/Markit unter vorwiegend exportorientierten privaten Unternehmen hervorgeht. Das Barometer hält sich damit nur knapp über der Marke von 50, ab der es Wachstum signalisiert. Ökonomen hatten lediglich einen leichten Rückgang auf 51,5 Zähler erwartet. Zuvor war der offizielle Einkaufsmanagerindex, der vor allem große staatseigene Industriebetriebe abdeckt, überraschend um 1,2 auf 49,0 Punkte gefallen.

"Die Hoffnung, dass sich die Industrie nach dem Ende drastischer Lockdown-Maßnahmen - die im April wichtige Wirtschaftsregionen stillgelegt haben - wieder deutlich belebt, haben durch die Daten einen Dämpfer bekommen", kommentierte Commerzbank-Ökonom Bernd Weidensteiner die Entwicklung. Auf der einen Seite belaste die weltwirtschaftliche Schwäche den Exportweltmeister. Auf der anderen Seite stottere aber auch die Binnenwirtschaft. "Denn die Regierung hat ihren harten Coronakurs erst kürzlich wieder bekräftigt", sagte Weidensteiger. Dadurch bestehe immer wieder das Risiko von Produktionsstörungen durch Lockdownmaßnahmen.

Das dürfte auch die europäische Wirtschaft zu spüren bekommen. Schließlich ist China ihr mit Abstand wichtigster Handelspartner. In der Volksrepublik schürt auch eine Immobilienkrise die Konjunktursorgen. Eine Umfrage der China Index Academy zufolge, eines der größten unabhängigen Immobilienforschungsunternehmen des Landes, brachen die Immobilienverkäufe nach Fläche in 17 erfassten Städten im Juli um ein Drittel zum Vormonat ein. Damit droht der Immobiliensektor als Wachstumsmotor auszufallen.

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Spitzenpolitiker haben angesichts des Gegenwinds bereits signalisiert, dass die Regierung von ihrem für heuer ausgegebenen Wachstumsziel von rund 5,5 Prozent abrücken könnte. Im zweiten Quartal war das Bruttoinlandsprodukt (BIP) lediglich um 0,4 Prozent zum Vorjahreszeitraum gewachsen. "Jeder macht sich Sorgen um eine Stagnation", sagte Nie Wen, ein in Shanghai ansässiger Ökonom bei Hwabao Trust. "In der zweiten Jahreshälfte wird es wirtschaftlich wichtiger sein, die Erholung des Konsums zu beschleunigen."Es gibt aber auch kleine Lichtblicke. Die Einzelhandelsumsätze stiegen im Juni um 3,1 Prozent zum Vorjahresmonat, nachdem die Coronalockdowns in einigen Städten wie Shanghai aufgehoben wurden. Auch die Arbeitslosenquote ging zurück, und zwar von 5,9 Prozent im Mai auf 5,5 Prozent.

Während der Rest der Welt versucht, mit dem Coronavirus zu leben, verfolgt China unverändert eine Null-Toleranz-Strategie. Doch leidet die wirtschaftliche Erholung unter den strikten Maßnahmen, die gegen die hochansteckende Omikron-Variante auch weniger wirksam sind. Im zweiten Quartal wuchs die zweitgrößte Volkswirtschaft im Vergleich zum entsprechenden Zeitraum des Vorjahres nur noch um 0,4 Prozent. Das war der schwächste Wert seit Beginn der Pandemie vor mehr als zwei Jahren. Eigentlich wollte die Regierung in diesem Jahr ein Wachstum von 5,5 Prozent erreichen, was aber immer weniger realistisch erscheint. Experten rechnen wegen der Covid-Restriktionen und der laufenden Immobilienkrise in China nur noch mit einem Zuwachs um rund vier Prozent. Der Internationale Währungsfonds (IWF) sagte jüngst nur noch 3,3 Prozent Wachstum für China voraus.