Papierindustrie : Austropapier-Präsident Zahlbruckner fordert von Politik stabile Rahmenbedingungen für CO2-Abbau

BILD zu OTS - Austropapier Pr?sident Martin Zahlbruckner, Austropapier-Gesch?ftsf?hrerin Sigrid Eckhardt, Austropapier-Nachhaltigkeitssprecher Sebastian Heinzel und AIT Senior Research Engineer Veronika Wilk im Rahmen der Jahrespressekonferenz der ?sterreichischen Papierindustrie.

Austropapier Präsident Martin Zahlbruckner, Austropapier-Geschäftsführerin Sigrid Eckhardt, Austropapier-Nachhaltigkeitssprecher Sebastian Heinzel und AIT Senior Research Engineer Veronika Wilk im Rahmen der Jahrespressekonferenz der österreichischen Papierindustrie.

- © Austropapier/Daniel Schaler

Die heimische Papierindustrie blickt auf ein schwieriges Jahr 2023 zurück. Sowohl der Umsatz als auch die Verkaufsmenge waren stark rückläufig, aber die Investitionen in Höhe von gut 300 Millionen Euro waren ein Rekord. Dennoch wurde mit gut 300 Millionen Euro ein Rekordwert investiert, 70 Prozent davon in die Reduzierung des CO2-Ausstoßes. Denn die Kunden bestellen immer öfter dort, wo das Papier CO2-neutral hergestellt werden kann. Das sagt die Spitze des Fachverbandes Austropapier. Zur Erhaltung der Wettbewerbsfähigkeit sei die Industrie auf stabile und verlässliche Rahmenbedingungen angewiesen.

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Die Branche habe großes Interesse an einer Umstellung auf CO2-neutrale Produktion. Denn viele Kundinnen und Kunden machen ihre Kaufentscheidung neben dem Preis mittlerweile auch von der Umweltneutralität des Produktes abhängig. Noch schlägt der Preis die Sauberkeit der Produktion. "Aber in zwei Jahren ist das vorbei", sagte Austropapier-Präsident Martin Zahlbruckner am Montag in Wien bei der Präsentation der Jahreszahlen der Branche.

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- © Industriemagazin

Wärme aus Papier-Produktion versorgt 100.000 Haushalte in AT

Die österreichische Papierindustrie setzt bereits zu zwei Dritteln auf erneuerbare Energie, in Skandinavien und Finnland ist die Stromversorgung mit Wasser- und Kernkraft zu 100 Prozent emissionsfrei. In wenigen Jahren könnte die Papierindustrie in den Ländern des Nordens völlig emissionsfrei produzieren. Während die meisten europäischen Länder energieintensiven Industrien langfristige Förderungen gewähren, gibt es diese in Österreich nur einmalig bis 2022. "In der Union kämpfen wir gegen Unternehmen, die dreistelligen Euro-Millionen-Beträge bekommen", so Zahlbruckner. In den Nachbarländern Deutschland oder Tschechien seien die Strompreise um 10 bis 15 Prozent niedriger, in Skandinavien koste der Strom nur die Hälfte, so Zahlbruckner weiter.

„Es ist völlig unverständlich, warum die Bundesregierung die Strompreiskompensation noch nicht bis 2030 verlängert hat und den heimischen Industrieunternehmen die Möglichkeit gibt, mit den gleichen Spielregeln am europäischen Binnenmarkt wirtschaften zu dürfen“, erklärt Austropapier-Präsident Martin Zahlbruckner und fügt hinzu: „Dann würde anstelle Abgaben doppelt zu zahlen die hervorragende Qualität der Produkte Made in Austria und unserer führende Innovationskraft etwas Rückendwind erhalten.“ Sogar die Europäische Kommission schlägt die Strompreiskompensation vor.

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68,1 Prozent der in der Produktion eingesetzten Energie stammen bereits aus erneuerbaren Quellen. Die CO2-Emissionen konnten gegenüber 2022 um weitere 11,9 Prozent gesenkt werden. 550.000 Tonnen direkte CO2-Emissionen wurden in den letzten fünf Jahren an den 23 Standorten eingespart. „Das ist ein ganz klares Bekenntnis der Österreichischen Papierindustrie zu den Klimazielen der EU und macht unsere Branche immer energieeffizienter und fossilärmer", so Sebastian Heinzel, Nachhaltigkeitssprecher bei Austropapier.Die Papierindustrie produziere mehr Energie als sie verbrauche - vor allem in Form von Wärme. Damit würden in Österreich 100.000 Haushalte mit Fernwärme versorgt, so Heinzel weiter.

Altpapier ist der wichtigste Rohstoff der Papierindustrie, noch vor Durchforstungsholz und Sägenebenprodukten. Allein im letzten Jahr sind 2,2 Millionen Tonnen Altpapier eingesetzt worden. Der Primärrohstoff besteht mittlerweile zu 56 Prozent aus Altpapier. Weniger als ein Prozent des Materialeinsatzes fällt als Abfall an. Beeindruckende 86 Prozent beträgt mittlerweile die Recyclingquote in Österreich. Das ist der höchste Wert Europas und macht Österreich zum Recyclingeuropameister. Allerdings seien noch massive Investitionen notwendig, um das Ziel der Netto-Null-Emissionen bis 2050 zu erreichen.

Während von der Politik stabile Rahmenbedingungen gefordert werden, ist die Industrie eine Kooperation mit dem AIT (Austrian Institute Of Technology) eingegangen. Wie AIT-Expertin Veronika Wilk erläuterte, erarbeitet das AIT ein Modell zur kostenoptimalen Dekarbonisierung der Produktion in der Papierindustrie, das flexibel auf Unternehmensebene angewendet werden kann. „Die Österreichische Papierindustrie hat einen konsequenten Weg der Dekarbonisierung eingeschlagen und macht auf ihrem Weg zur Klimaneutralität große Fortschritte. Durch unser gemeinsames Forschungsprojekt DekarPIO wird die Branche in der Lage sein, zusätzliche Potentiale zu identifizieren und die Emissionen weiter zu minimieren,“ erklärt Veronika Wilk.

Damoklesschwert: Das russische Gas

"Eine gute Idee" sei auch das österreichische Erneuerbare-Energien-Gesetz. "Aber wie es heute vorliegt führt es zu extremen inflationären Effekten für Konsumenten und Industrie und muss dringend saniert werden", kritisiert Zahlbruckner. Dabei ist die Forderung nach mehr Förderungen ausdrücklich nicht im Sinne von Austropapier. Die Regierung solle aber darlegen, wie sie den Umstieg auf saubere Energie gestalten will - etwa wie der Strom erzeugt und über welche Leitungen er verteilt wird. Wie ein Damoklesschwert schwebe zudem die Gefahr, dass ab Jahreswechsel kein russisches Gas mehr über die Ukraine geliefert werde. Langfristig stabile Rahmenbedingungen seien notwendig, wenn man bedenke, dass eine neue Papiermaschine eine dreijährige Ausbildung der Facharbeiter erfordere und dann 20 bis 30 Jahre laufen werde.

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2023 sank der Branchenumsatz um gut ein Fünftel auf 4,3 Mrd. Euro, die Absatzmengen gingen um 12 (Zellstoff) bis 16 Prozent (Papier) zurück. Dabei war der Absatzrückgang in Österreich deutlich stärker als im übrigen Europa. Austropapier-Geschäftsführerin Sigrid Eckhardt betonte aber, dass der Frauenanteil bei den Beschäftigten auf 11,3 Prozent und bei den Lehrlingen sogar auf 15,2 Prozent gestiegen sei. Dies zeige, dass die Papierindustrie für Frauen immer attraktiver werde.

Österreichs Papier-Industrie in Zahlen

Die Rezession in Europa in Verbindung mit hohen Energiekosten hat im vergangenen Jahr deutliche Spuren in der heimischen Papierindustrie mit einer Exportquote von fast 90 Prozent hinterlassen. Um 22,3 Prozent auf 4,32 Milliarden Euro sank der Gesamtumsatz der Branche im Vergleich zum Vorjahr. Bei der Papierproduktion gab es einen Rückgang um 15,8 Prozent auf 3,9 Millionen Tonnen. Davon entfielen 2,4 Millionen Tonnen auf Verpackungspapiere. Auf grafische Papiere entfielen 1,3 Millionen Tonnen und auf Spezialpapiere 0,3 Millionen Tonnen. Der Rückgang bei den graphischen Papieren um 32,5 Prozent ist eine Bestätigung des Trends der Sortenverschiebung in Richtung Verpackungspapiere. Weiters wurden im vergangenen Jahr in Österreich 1,7 Mio. Tonnen Zellstoff erzeugt. Dies entspricht einem Minus von 12,2 Prozent gegenüber dem Vergleichszeitraum des Vorjahres.

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Während die Beschäftigtenzahl mit minus 1,8 Prozent auf 7.600 nahezu gleich geblieben ist, verschiebt sich die Verteilung zugunsten der weiblichen Beschäftigten, deren Zahl um 1,6 Prozent zunahm. Noch erfreulicher ist die Entwicklung bei den jungen Mitarbeitern. Der Anteil der weiblichen Auszubildenden liegt mit 15,2 Prozent bereits deutlich über dem Anteil der Frauen an der Gesamtbelegschaft von 11,3 Prozent.

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Die energieintensive österreichische Papierindustrie ist alarmiert: Mit dem Auslaufen der im Sommer für das Vorjahr beschlossenen Strompreiskompensation kommt 2024 eine massive Wettbewerbsverschlechterung für heimische Industrieunternehmen: Vor allem im Vergleich mit Deutschland - dem wichtigsten Absatzmarkt… aber auch dem Standort der wichtigsten Wettbewerber der heimischen Industrie - soll die Benachteiligung völlig neue Dimensionen erreicht haben. Im Interview zu Gast: Delfort CEO und Präsident von Austropapier Martin Zahlbrucker.