Papierindustrie : Austropapier Präsident Maier: "Können nicht über Nacht sagen, wir brauchen kein Erdgas mehr."

große Papierrolle in Papierfabrik
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In Österreich wird wieder mehr Papier produziert. Nach dem Corona-bedingten Einbruch 2020 wurde 2021 wieder verstärkt nachgefragt. Der Wermutstropfen: „Der wirtschaftliche Aufschwung im letzten Jahr wurde durch höhere Kosten bei Rohstoffen und Energie gedämpft“, so Austropapier-Präsident Kurt Maier.

20 % der Gesamtkosten einer Papierfabrik entfallen auf Energie, somit zählt die Industrie zu den energieintensiven Branchen. Schon 2021 musste sie für Gas, Strom sowie CO2-Zertifikate tiefer in die Tasche greifen, auch die Altpapier- und Zellstoffpreise stiegen deutlich. Mit dem Ukrainekrieg hat sich die Situation bei Energie derart verschärft, dass erste Unternehmen ihre Produktion kurzfristig stilllegen mussten.

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Die Branche sei mit einer Verfünffachung der Gaspreise konfrontiert - das sei, wie wenn Benzin an der Tankstelle plötzlich 7 oder 8 Euro kosten würde, verglich Max Oberhumer, Energiesprecher von Austropapier. Er räumte ein, dass er vor einem Jahr wohl gesagt hätte, dass die Branche mit einem solchen Gaspreis nicht wirtschaften könne - "und jetzt leben wir in dieser Situation" und die Produktion läuft weiter. Solange alle Vorprodukte lieferbar sind, werde auch weiter produziert. Ein Teil der Kostensteigerungen sei weitergegeben worden, ein Teil nicht. Welche Preisanstiege die Branche noch an Kunden verrechnen muss sei nicht absehbar, so Maier. Weder könne man die Preise, noch die Lieferbarkeit von Vorprodukten vorhersehen.

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Austropapier Präsident Kurt Maier: „Gas ist eine Brückentechnologie, die uns noch einige Zeit lange begleiten wird."

Zwar ist die Papierindustrie mit einem Anteil von 60 % an erneuerbarer Energie Vorreiter bei der Ökoenergieerzeugung, dennoch ist sie noch zu 35 % auf Gas angewiesen. Austropapier Präsident Maier erklärt das so: „Gas ist eine Brückentechnologie, die uns noch einige Zeit lange begleiten wird. Wir investieren aber kontinuierlich in Klimaschutzmaßnahmen, um die Klimaziele zu erreichen“.

Im Falle eines Gasembargos könnte laut Maier nicht mehr weiterproduziert werden. Verpackungen für Lebensmittel und Medikamente, aber auch Hygienepapiere, wären innerhalb kurzer Zeit nicht mehr verfügbar. Auch Lieferungen von Fernwärme und Strom, mit denen die Papierindustrie derzeit über 100.000 Haushalte versorgt, könnten nicht mehr stattfinden. Die Papierindustrie fordert deshalb die verstärkte Förderung von Dekarbonisierungsmaßnahmen und unbürokratische Genehmigungsverfahren, um den Gasbedarf sukzessive zu reduzieren.

Niemand wisse derzeit, wie es mit den Gaslieferungen weitergeht und welche Betriebe, im Fall eines Engpasses, weiter Gas beziehen würden, sagt auch Oberhumer am Dienstag in einem Pressegespräch in Wien.

Da die Papierindustrie in den vergangenen Jahren bereits den Ausstieg aus fossilen Energieträgern vorangetrieben hat, sind auch die CO2-Emissionen seit dem Jahr 2000 um ein Viertel gesenkt worden. "Wir haben nur kein Rezept, dass wir hier einen Hebel umlegen und über Nacht sagen können, wir brauchen kein Erdgas mehr", so Maier. Selbstverständlich könne man bei einem Mangel zunächst Teile der Produktion stilllegen, aber "in letzter Konsequenz, wenn die Gasflüsse völlig zum Erliegen kommen, müssten wir alle Papierfabriken abstellen".

Selbst in den Zellstofffabriken, wo der Großteil der Energie selber erzeugt werde, werde "ein Minimum an Gas" gebraucht. Die Werke der 150 Jahre alten Interessensvertretung würden außerdem 10 Prozent der in Österreich hergestellten Erneuerbaren Energie beisteuern, auch das würde dann fehlen.

Was sind nun die Lösungen? Auf Vorrat Gas einzuspeichern ist bei den Mengen, die die Branche braucht, nicht so einfach. Im Vorjahr waren es 680 Mio. Kubikmeter. Außerdem zögert die Industrie, Gas auf eigene Kosten zu lagern, solange das Energielenkungsgesetz vorschreibt, dass der Staat im Notfall auf das ganze in Österreich lagernde Gas zugreifen und es nach Dringlichkeit verteilen muss. Das allermindeste wäre, dass der Industrie in so einem Fall alle Kosten - vom Ankauf bis zur Lagerung - ersetzt werden. Dann hätte man immerhin keinen Schaden - aber auch kein Gas, so Oberhumer.

„Die Dekarbonisierung ist keine Frage des Obs, sondern des Wanns. Wir sind als Papierindustrie auf einem guten Weg und stehen zu den Klima-Zielen“, ist Oberhumer überzeugt. Trotz des Produktionswachstums um 7,3 % konnte die Papierindustrie 2021 ihren CO2-Ausstoß stabilisieren. Ein Großteil der Investitionen in den Papierfabriken dient dem Ziel der CO2-Einsparung, 2021 lagen sie bei 218 Millionen Euro.

Das Ziel der Branche lautet Bioökonomie, eine Wirtschaftsform, die auf erneuerbaren Rohstoffen aufbaut und diese möglichst nachhaltig nutzt. Der Fokus muss auf der optimalen Nutzung aller Holzbestandteile liegen. „Der Rohstoff Holz bietet viele Möglichkeiten, fossile Produkte zu ersetzen. Wir arbeiten intensiv daran, die Bioökonomie Wirklichkeit werden zu lassen“, so Oberhumer. (apa/red)