Interview : OeKB-Vorstand Bernkopf: "Unternehmen werden in Zulieferstruktur investieren"

OeKB Vorstand Helmut Bernkopf

OeKB Vorstand Helmut Bernkopf: "Unternehmen werden jetzt noch stärker in die Diversifizierung ihrer Zulieferstruktur investieren."

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Helmut Bernkopf ist seit 2016 im Vorstand der Oesterreichischen Kontrollbank. Das INDUSTRIEMAGAZIN hat ihn gefragt, wie es mit Investitionen heimischer Betriebe derzeit aussieht – speziell im Zusammenhang mit dem Krieg gegen die Ukraine.

INDUSTRIEMAGAZIN: Herr Bernkopf, welcher Dynamik erfreuen sich grüne Instrumente Ihres Portfolios aktuell?

Helmut Bernkopf:
Unser Produkt "Exportinvest Green" wird auch aufgrund der bevorstehenden ESG-Anforderungen an Firmen immer stärker nachgefragt, das Obligo hat sich auf über 550 Mio. Euro entwickelt. Seit letztem Herbst können wir zudem nachhaltige Projekte viel längerfristig finanzieren und dabei auch höhere Risikoübernahmen anbieten, was ebenfalls stark in Anspruch genommen wird. So gibt es etwa Projekte in der Papierindustrie für eine grüne und leistbare Energieversorgung der Werke. Ebenso sind wir im Recyclingbereich und beim Ersatz energieintensiver Maschinen durch umweltschonendere Anlagen aktiv.

Welche Investitionsvorhaben brennen Unternehmen derzeit unter den Nägeln?


Bernkopf:
Wir sehen viele Investitionen insbesondere in die Produktionsanlagen. Dabei geht es vielfach um Verbesserungen des Energieverbrauchs, aber auch um verstärkte Automatisation, nicht zuletzt wegen desPersonalmangels.

Wie ressourcenschonend produziert die heimische Industrie im internationalen Vergleich? Warnt man zurecht vor Golden Plating?

Bernkopf: Es wird schon jetzt im Allgemeinen sehr ressourcenschonend produziert. Jede verbrauchte Ressource kostet Geld und gerade in einem Hochlohnland muss so effizient wie möglich produziert werden. Dieser Trend wird sich bei den aktuellen Rohstoffpreisen noch verstärken.

Welche Folgen wird der Feldzug Russlands für die Investitionsbereitschaft der Industrie in Nachhaltigkeitsthemen haben?


Bernkopf:
Jede Unsicherheit bremst natürlich die Investitionsbereitschaft, aber gerade im Energiebereich sollte sich hieraus ein Impuls ergeben, um die Abhängigkeit zu reduzieren. Zudem zeigt sich wie bereits während der Corona-Pandemie, dass eine funktionierende Lieferkette eine, wenn nicht die entscheidende Voraussetzung für die Aufrechterhaltung der Produktion ist. Wir gehen davon aus, dass die Unternehmen nun noch stärker in die Diversifizierung ihrer Zulieferstruktur investieren werden, um die Resilienz weiter zu erhöhen. Investitionen in österreichische Standorte werden ein Teil davon sein.

Welche Exportimpulse kann die OekB in dieser Zeit der Verunsicherung setzen?


Bernkopf:
Generell ist zu sagen, dass Bundeshaftungen und die Exportförderung schon in der Vergangenheit stabilisierende Faktoren in Krisenzeiten waren. Unsere Exportimpulse, die wir 2021gemeinsam mit dem Bundesministerium für Finanzen (BMF) für die Phase des wirtschaftlichen Aufschwungs erarbeitet haben, sind gerade auch in der jetzigen Phase eine wichtige Unterstützung für Unternehmen. So erleichtert die Verlängerung der Laufzeiten für Wechselbürgschaften auf bis zu 18 Jahre beispielsweise die Finanzierung von Investitionen im Energiebereich. Mit der Öffnung von Wechselbürgschaften auch für Zulieferer von Exporteuren in Österreich stärken wir zudem lokaleWertschöpfungsketten. Und wir sind in Abstimmung mit dem BMF über weitere Maßnahmen.

Welche europapolitischen Weichenstellungen wünschen Sie sich mit Blick auf die Nachhaltigkeit?


Bernkopf:
Wichtig ist, dass die europäische Nachhaltigkeitspolitik nicht von kurzfristigem Aktionismus, sondern von einer langfristigen Strategie geprägt ist, die wirtschafts- und sozialpolitische Interessen berücksichtigt. Die Regelungsdichte im Bereich Nachhaltigkeit nimmt ständig zu, was für die europäischen Unternehmen mehr Verwaltungsaufwand bedeutet. Wenn europäische Produkte dadurch zu teuer werden, verlieren wir Geschäft an Schwellenländer, die es mit dem Umweltschutz oft nicht so genau nehmen. Es gilt daher, auch die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Wirtschaft nachhaltig zu sichern.

Dieses Interview wurde erstmals April 2022 veröffentlicht.

ZUR PERSON

Helmut Bernkopf ist seit 2016 im Vorstand der OeKB. Der gebürtige Wiener schloss zunächst das Studium der Handelswissenschaften ab, 2004 ein General-Management-Programm mit Vertriebsschwerpunkt. Nach mehreren nationalen und internationalen Management- und Vorstandspositionen in der Bank Austria war Bernkopf als Global Head of Private Banking und Mitglied des Business Executive Committee der UniCredit S.p.A. in Mailand tätig. Danach verantwortete er als Vorstandsmitglied der UniCredit Bank Austria AG das Privat- und Firmenkundengeschäft. Bernkopf ist Mitglied des Aufsichtsrates der Lenzing AG, der Acredia Versicherung AG und der OeKB EH Beteiligungs- und Management AG und Vorsitzender des Aufsichtsrates in der Oesterreichischen Entwicklungsbank AG, der OeKB CSD GmbH und der ÖHT Österreichische Hotel-und Tourismusbank GmbH.