Machine Learning in der Industrie : Machine Vision - die bunten Pläne der Industrie

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AutoML: Industrieexperten diskutieren die Zukunft des maschinellen Lernens

Vor einigen Monaten traf sich eine kleine, exklusive Runde von Industrievertretern im Schwarzwald beim Spritzguss-Maschinenbauer Arburg. Mit dabei waren unter anderem Hawe Hydraulik, WITRON, Beckhoff, Siemens, Herrenknecht, Trumpf und KSB. Das Thema der Runde: AutoML. Der Begriff steht für Automated Machine Learning und stellt Methoden und Prozesse zur Verfügung, um maschinelles Lernen auch für Nicht-ML-Experten zugänglich zu machen, die Effizienz des maschinellen Lernens zu verbessern und die Forschung zum maschinellen Lernen zu beschleunigen.

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Oder: Wie kann der Produktionsleiter als Domänenexperte befähigt werden, Machine Learning-Modelle zu erstellen, zu deployen und schließlich im laufenden Betrieb nutzen. Gast der Runde war Frank Hutter von der Universität Freiburg. Er schrieb vor einigen Jahren das Standardwerk zu AutoML und gilt weltweit als Vordenker im Bereich automatisiertes Machine Learning. Zweiter Gastredner war Marco Huber vom Fraunhofer IPA, der ebenfalls zum Thema forscht, und vor allem die Industrieperspektive vertrat. Hutter, Huber und die Teilnehmer diskutieren über neue Ansätze wie die Kombination von Zeitreihendaten und AutoML-Tools – der heilige Gral der Forschung. Und einer der Teilnehmer hörte besonders interessiert zu.

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Beckhoffs AutoML-Tool

Fabian Bause von Beckhoff war Teil der Runde, schrieb fleißig mit, stellte Thesen in den Raum, heizte die Diskussion in den Kleingruppen damit an und lernte. Was keiner der Teilnehmer ahnte: Bause und sein Team in Verl arbeiteten seit einigen Monaten schon an einem AutoML-Tool. „Da kam die Runde ´AI in the Forest´ gerade recht“, lacht Bause heute. Genug Inspirationen nahm er sicherlich mit. Kaum jemand aus der Runde hätte jedoch damit gerechnet, denn Bause schien eher AutoML-kritisch zu sein. Um so größer war die Überraschung als Beckhoff auf der Hannover Messe sein erstes AutoML-Tool präsentierte. „Das täuscht. Ich sehe AutoML als Enabler für den Domänen-Experten und weniger als Beschleuniger für die Expertinnen und Experten. Vielleicht stammt daher der Eindruck“, erklärt Bause heute.

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Hans beckhoff foyer
„Wir versuchen die Grenzen der Technologie zu verschieben." Unternehmer Hans Beckhoff - © Beckhoff

Der Fokus von Beckhoff liegt im ersten Schritt auf Vision-Modellen. Die Ostwestfalen haben sich über die zurückliegenden Jahre zu einem Vision-Anbieter mit eigener Hardware entwickelt. „Wir sehen den Bedarf für Zeitreihendaten und sind dort auch dran“, verspricht Bause „Wir versuchen mit den Kunden zusammen die Grenzen der Technologie zu verschieben. Das macht Beckhoff aus“, erklärte Hans Beckhoff zum Start der Hannover Messe. Das AutoML Tool und der nächste Schritt mit den Zeitreihen wäre so eine Verschiebung.

TwinCAT 3 Machine Learning Creator: Automatisierte ML-Modelle für Industrie

Der TwinCAT 3 Machine Learning Creator erstellt auf Basis von Datensätzen (gelabelte Daten) automatisiert ML-Modelle. „Auf Knopfdruck“, ergänzt Bause. Diese Modelle lassen sich hinsichtlich der Genauigkeit und Latenz optimieren und sind so optimal auf die Ausführung auf Beckhoff Industrie-PCs mit TwinCAT-Produkten abgestimmt. Die generierten Modelle können dennoch auch als standardisierte ONNX-Modelle (ONNX ist ein KI-Modellstandard, der unter anderem von AWS, Siemens, Nvidia, Microsoft, Qualcomm, AMD, arm, Mathworks, Huggingface und vielen weiteren unterstützt wird) außerhalb der Beckhoff Produkte eingesetzt werden. Das ist ein Novum. Beckhoff betritt damit ein neues Feld – ein Beckhoff Software-Produkt, das für sich alleine steht. Der User kann die ONNX-Modelle direkt nutzen oder sie in seine PyTorch oder Tensorflow-Umgebung laden und weiterbearbeiten. „Das ist dann für die fortgeschrittenen Anwender. So können auch Experten ihre Modelle weiter feintunen oder ein erstes Baseline-Modell erstellen, an dem sie weiterarbeiten können“, erklärt Bause.

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Fabian Bause
Fabian Bause präsentierte die ML Ansätze von Beckhoff schon Anfang Januar bei einem Event der Hannover Messe in Frankfurt. - © Hannover Messe

Für die Anwendung mit TwinCAT-Produkten wird neben der ONNX-Datei zusätzlich eine PLCopen XML mit IEC 61131-3-Code erstellt, welche die komplette ML-Pipeline beschreibt und nahtlos in TwinCAT importiert werden kann, berichtet Bause.Die No-Code-Entwicklungsplattform versetzt Nicht-KI-Experten in die Lage, qualitativ hochwertige ML-Anwendungen effizient zu entwickeln. Der Creator automatisiert, auch für Data Scientists, zeitaufwendige Prozesse der KI-Entwicklung, standardisiert die Erstellung von Modellen im Unternehmen und nutzt dabei State-of-the-Art-KI-Methoden aus dem Bereich AutoML.

Beckhoff bringt Transparenz in KI-Entwicklung

Das Entwicklungswerkzeug für KI-Anwendungen stellt weitreichende Methoden bereit, um das Verhalten der erstellten KI-Modelle transparent darzustellen und KI-Modelle miteinander zu vergleichen. Eine automatisierte Report-Generierung unterstützt Auditierungsprozesse für die KI-Modellerstellung, versichert Beckhoff.

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Die Zielgruppe für das AutoML-Tool sieht Bause vor allem bei den vielen mittelständischen Maschinenbauern. Er und sein Team widmen sich jetzt im nächsten Schritt den Zeitreihen. Und da kommt Prof. Dr. Marco Huber aus dem Schwarzwald-Treffen wieder ins Spiel. Er veröffentlichte vor einigen Tagen sein Paper: Automated Time Series Forecasting. Das Github Repository wurde in Verl sicher schon gesichtet.