Österreich : Stimmungsbarometer: "Darf nicht nur um Schadensbegrenzung gehen"
Das Beratungsunternehmen Deloitte gibt mit seinem Stimmungsbarometer wieder die Verfassung in der österreichischen Wirtschaft wider. Von September bis Anfang Oktober 2022 wurde die Stimmungslage von rund 300 österreichischen Führungskräften analysiert. Wie zu erwarten: In der heimischen Wirtschaft macht sich Pessimismus breit.
Während vor rund einem Jahr noch 86 % der Befragten die Stimmung innerhalb des Managements positiv einschätzten, ist das aktuell nur mehr bei 42 % der Fall. Damit ist die Führungsebene noch relativ gut gestimmt: In der Belegschaft herrscht hingegen nur mehr bei einem Viertel eine positive Stimmung – so zumindest die Wahrnehmung der befragten Führungskräfte.
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„Inflation und geopolitische Spannungen gehen nicht spurlos an den Unternehmen vorbei. Das zeigt sich auch beim Blick in die Zukunft. Acht von zehn Betrieben rechnen in den kommenden Monaten mit einem gesamtwirtschaftlichen Abschwung", erklärt Harald Breit, CEO von Deloitte Österreich.
Spielt hier auch die Corona-Pandemie noch mit hinein? Kaum. Die sei "nur mehr für 16 % eine größere Herausforderung“, so Breit.
Wie reagieren Unternehmen auf die Krise?
Trotz aller Herausforderungen zeigen sich die Führungskräfte pragmatisch und reagieren mit einer Anpassung ihrer Geschäftsstrategien. Laut Umfrage konzentrieren sich zwei Drittel derzeit vor allem auf das Abfedern der negativen Auswirkungen aktueller Krisen. Das Finden geeigneter Mitarbeiter steht für jedes zweite Unternehmen im Fokus. Strategische Hebel wie Innovation und Zukunftsinvestitionen verlieren angesichts der aktuellen Situation an Bedeutung.
„Trotz der angespannten Situation darf es aber nicht nur um Schadensbegrenzung gehen, die Unternehmen müssen schon jetzt Vorkehrungen für die Zeit nach der Krise treffen. Innovationsthemen und die Stimmung in der Belegschaft sind dabei zentral und dürfen daher keinesfalls aus den Augen verloren werden“, rät Breit.
Die derzeitigen Stimmungsdämpfer in konkreten Zahlen:
Ukrainekrieg: fast alle Unternehmen betroffen
Vor allem die unmittelbaren Folgen des Krieges in der Ukraine machen den Betrieben zu schaffen: Für die Mehrheit der Befragten gestalten sich die Teuerungen in Form steigender Inflationsraten (91 %) und die gesamtwirtschaftliche Entwicklung (89 %) als besonders herausfordernd. Die Verfügbarkeit und Kosten von Energie (80 %) sowie zunehmende Lieferkettenprobleme (58 %) sorgen ebenfalls für Kopfzerbrechen.
„Die Prioritäten der Führungskräfte haben sich in den vergangenen Monaten deutlich verschoben. Während beispielsweise Energiesparen auch aus Kostengründen jetzt eine klare Top-Priorität für das Management ist, sind bisherige Top-Themen und Motive wie Digitalisierung und Klimawandel tendenziell in den Hintergrund gerückt", so Breit.
Energiekrise ohne Ende?
Laut 72 % der befragten Manager beeinflussen die hohen Energiepreise die aktuelle Geschäftsentwicklung enorm. Hinzu kommt: Viele Betriebe bleiben auf den Kosten sitzen. 21 % können die Preissteigerungen gar nicht an die Konsumenten weitergeben, bei 54 % ist eine Weitergabe nur zu einem kleinen Teil möglich.
Mit einem zeitnahen Ende der Energiekrise rechnen aktuell die wenigsten: Die Hälfte stellt sich auf größere Energieengpässen in den kommenden Monaten ein, fast drei Viertel setzen besondere Maßnahmen hinsichtlich Energiesparen.
"Ein neues System zur Energiepreisfindung sowie gezielte Förderungen ohne Gießkannenprinzip könnten die Unternehmen spürbar entlasten“, meint Breit.
Arbeitskräftemangel hält sich hartnäckig
Ganze 71 % der Betriebe sind vom Arbeitskräftemangel betroffen, in praktisch allen relevanten Unternehmensbereichen herrscht Personalbedarf. Um die Arbeitgeberattraktivität zu erhöhen, setzen die Führungskräfte vor allem auf Maßnahmen im Bereich Arbeitszeitflexibilisierung (77 %) sowie auf ein gutes Arbeitsklima (63 %).
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Mit zusätzlichen Boni oder Gutscheinen versuchen die Unternehmen außerdem, den Teuerungen entgegenzuwirken. Des Weiteren plant fast ein Drittel laut eigenen Angaben über den Kollektivvertrag hinausgehende Gehaltserhöhungen.