Beste Fabriken : Wer holt sich den Titel Fabrik des Jahres?

Montage bei Hilti in Thüringen

Montage bei Hilti in Thüringen, einem von fünf Anwärtern auf den Titel Fabrik des Jahres

- © Hilti

Fabrik2022, der härteste Produktionswettbewerb Europas, ist geschlagen! Hier geht es zu allen Siegern und den herausragenden Fabriken!

Rudolf Vogl ist für alle Eventualitäten gerüstet. Photovoltaikpaneele auf den Hallendächern decken hier, im Mödlinger Montagewerk für Wertpapiermaschinen, das Vogl mit Robert Galik leitet, ein Fünftel des Strombedarfs. Demnächst schon könnte man die Leistung der PV-Anlage mit zusätzlichen 1.200 Kilowatt verdreifachen. Ölaggregate zum Heizen sind bestellt, sollten Gasengpässe über den Winter drohen. Zwei Notstromaggregate gewährleisten die Stromversorgung bei Stromausfall. Maßnahmen wie der Umstieg auf LED-Beleuchtung rechnen sich: Sie halten die Energieverbrauche in der Koenig & Bauer-Straße 2 in Maria Enzersdorf niedrig.

Zugleich schlägt ein radikaler Umbau des Werks, der in die Zielgerade geht, positiv auf die Energiebilanz durch: Elf Prozent Effizienzplus soll eine zentrale Vormontage der drei Taktstraßen, die in einem von Grund auf neu konzipierten Hallenschiff an die Stelle der bisher in mehreren Hallen verteilten Vormontageinseln rückt, dem Maschinenbauer bringen. Mitte Juli evaluierte ein Team von Fraunhofer Austria das Werk des Teilnehmers von Fabrik2022, Österreichs härtestem Produktionswettbewerb.

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Nach einem kleinen baulichen Verzug laufen die letzten Vorbereitungen vor der großen Übersiedelung und Zusammenfassung von Prozessen hierher. Der Hallenboden glänzt, drei in den Boden eingelassene Schienensysteme, darunter eine kürzere Linie für den rund dreiwöchigen Zusammenbau kleinerer Aggregate, werden an ein- und derselben Linie größtmögliche Flexibilität bei der Montage von Druckwerken, Lackwerken und Aggregaten bieten. Fast über eine ganze Wandlänge der Halle zieht sich ein automatisiertes Umlauflager, das nach dem Paternoster-Prinzip anliefert und kaum Stellfläche belegt. Taktweise wird von hier aus dann jeweils für sechs Uhr morgens über Plateauwagen an die Endmontage angeliefert", schildert Vogl. Das sei, weiß Vogl, im Anlagenbau "innovativ".


Auf Kunden zugeschnitten


Diese Veränderungsdynamik fügt sich gut in ein Unternehmen, das die Einschnitte 2014 - die Verlagerung der Montage der Bogenoffsetaggregate Unterbau und Anleger ins sächsische Radebeul – überwand und als Kompetenzzentrum Operation in der Business Unit Banknote Solutions Wertpapier gilt. Acht von zehn Banknoten, die weltweit in Umlauf sind, werden auf Maschinen von Koenig & Bauer - einem Unternehmen mit über 200 Jahren Tradition - gedruckt. Mit 320 Mitarbeitern, rund 130 in der Montage, fertigt man in einem stabilen Kernmarkt - das Banknotengeschäft erweist sich als konstant - zwischen 20 und 30 Maschinen pro Jahr, von Einzelmaschinen bis hin zu verketteten Anlagen, wie sie einige Schlüsselmärkte gerade deutlich Zulauf erfahren. Wenngleich fast jede Maschine speziell auf Kunden zugeschnitten wird, wie es sich für den Sondermaschinenbau gehört, legt man bei der Effizienz Jahr für Jahr eine Schippe drauf.

Augenfällig wird das für die Experten von Fraunhofer Austria an diesem Julitag gleich an der ersten Station des Rundgangs - der Lehrwerkstätte. Ein Lehrlings-KVP führte zur Optimierung von Werkzeugwägen. Shadowboards - auch für Montageteile - "hielten im Werk Einzug", schildert Christian Kapper, der hiesige Montageleiter, seit 33 Jahren im Unternehmen tätig. Die Idee, nicht nur aus einer Ordnungsliebe heraus geboren, sondern auch wirtschaftlich - Stichwort Werkzeugfluktuation - sinnvoll, macht Schule. Die praktischen Schaumstoffeinlagen sollen standardisiert auch an anderen Konzernstandorten Einsatz finden, erzählt Ernst Gram, Leiter Auftragszentrum und Logistik, mit 32 Jahren Unternehmenszugehörigkeit dicht an Kapper´s Fersen.

Automatisierungshilfen


Fortschritte visualisieren - wie hier in der Montagehalle Wertpapier 1 (WP1) - Tafeln auf Basis des Gemba-Walk-Prinzips. Zudem geben die SCRUM-Boards steckbriefartig Orientierung, welche Maßnahmen und Aktionen Mitarbeiter in einer Woche "hinsichtlich der Prozessverbesserung setzen", schildert Christoph Schefberger, Leiter der Montageplanung und Montagedisposition, der sich im Unternehmen des Lean-Themas angenommen hat.

Mitte Juli läuft in WP1 gerade für einen Kunden - virtuell gestützt - die Abnahme einer Offset-Druckmaschine des Typs Super Simultan IV. Diese bedruckt mit einer Seitengenauigkeit von rund zehn Mikrometern in zehn Farben simultan Vorder- und Hinterseiten einer Banknote. Eine weitere Maschine desselben Typs geht zu einen anderen Kunden. Auch das Retrofit-Geschäft läuft in Mödling rege: Eine jahrzehntealte Tiefdruckmaschine des Typs Super Orlof Intaglio, die bisher bei einem internationalen Kunden im Einsatz war und längst die Eisreinigung hinter sich gebracht hat, steht vor Abschluss ihrer Generalüberholung, schildert Roland Gerdenitsch, Senior Manager Field and Support Services im Customer Service.

Eine zweite - nagelneue - Super Orlof Intaglio - dagegen zeigt, wie Automatisierung sich ihren Weg in die Produktwelt bahnt: Ein Montageroboter wird an dieser Maschine mit dem Griff in einen 100 Bögen fassenden Magazinspeicher Papier nachlegen.

Maschinenverkettung


Ein paar Schritte weiter - in der Montagehalle WP2 - fertigt Koenig & Bauer die kleineren Maschinentypen, namentlich die OptiNota-H zur Folierung und Aufbringung des Silberstreifens sowie die Siebdruckmaschine NotaScreen und Super Numerota zur Nummerierung. Mittels Nachtkühlung will man hier - in der wärmsten Halle am Standort - im Sommer die Temperaturen reduzieren. Mit der Neuausrichtung des Montagelayouts kann der Routenzug dort "nun tagesaktuell anliefern", schildert Montageleiter Christian Kapper. Den Einsatz von FTSs habe man - so CEO Rudolf Vogl - übrigens evaluiert.

Ergebnis: Zeitversetztes Fahren mit klassischen Wägen sei in Sachen Fahrökonomie vorerst schwer zu toppen. In der Montagehalle WP3 - der letzten Station, bevor es in die vertiefenden Nachmittags-Evaluierungsgespräche mit Fraunhofer Austria geht - wird montiert, wonach vor allem für Übersee-Kunden der Bedarf steht: Eine 38 Meter lange, bis zur Folienverpackung verkettete "customized" Super Numerota/CutPak steht vor der Auslieferung.

Koenig & Bauer (AT)
Evaluierung bei Koenig & Bauer (AT), von li. n. re.: Christian Kapper, Leiter Montage Koenig & Bauer (AT); Alessandro Sala, Projektleiter Fabrikplanung und Produktionsdesign Fraunhofer Austria; Maximilian Novak, wissenschaftlicher Mitarbeiter Fabrikplanung und Produktionsdesign Fraunhofer Austria; Rudolf Vogl, CEO Koenig & Bauer (AT), Christoph Schefberger, Leiter der Montageplanung und Montagedisposition Koenig & Bauer (AT); Ernst Gram, Leiter Auftragszentrum und Logistik Koenig & Bauer (AT); Roland Gerdenitsch, Senior Manager Field and Support Services im Customer Service Koenig & Bauer (AT), Alexander Gaal, Gruppenleiter - Produktionsplanung und Auftragsmanagement, Fraunhofer Austria - © Koenig & Bauer (AT)

Europlast: Große Maschinen, große Pläne.

Zur Gänze klimaneutral produziert der Kunststoffbehälterhersteller Europlast, in Dellach im Drautal domiziliert und ebenfalls Finalist von Fabrik2022. Die Oberkärntner, deren 150 Mitarbeiter als Teil der italienischen Jcoplastic-Gruppe im Vorjahr 46 Millionen Euro Umsatz erwirtschafteten, fertigen für die Abfallindustrie, Landwirtschaft und Logistik Dünnwand-Sammelbehälter aus Polyethylen hoher Dichte (HDPE). Genutzt wird dafür Ökostrom, zum Teil aus der eigenen Fotovoltaikanlage. Reststoffe aus der ISO-50001-zertifizierten Produktion - man fertigt auf 15 Spritzgießmaschinen, die größten mit 4500 Tonnen Schließkraft versehen und damit schon dimensioniert wie Turnhallen - werden in den Prozess rückgeführt.

Zusätzlich treibt das Unternehmen Kreislaufwirtschaftsprojekte voran: Kunden und Partner - einer ist der steirische Entsorger Saubermacher - animiere man, "ausgediente Behälter an uns zu übergeben", um daraus mit der hauseigenen, elaborierten Recyclinganlage durch Aufbereitung neue Behälter - Öko-Bins genannt - "zu fertigen", schildert Arthur Primus, CEO von Europlast. Die Teilnahme bei der Fabrik2022 solle dem Unternehmen wertvolle Impulse bringen, und ja: natürlich sei man ziemlich stolz darauf, wie der Standort, für den es noch viele weitere Ideen für Optimierung und Effizienzsteigerung gibt, heute dasteht.

Von Groß- bis Kleinstserie

So fertige man nach den Lean-Prinzipien Lose bis zu 50.000 Stück, versehe diese jedoch in nachfolgenden Prozesschritten nicht selten auftragsbezogen für Kommunen in Kleinstserie nach besonderen Ausstattungs- oder Designvorgaben. Darunter das Rennerprodukt, den zwei- oder vierrädrigen Wertstoffsammelbehälter. Exportiert wird in 28 Länder, vor allem stark nach Osteuropa, wo die Strukturen für geschlossene Entsorgungskreise "nachziehen", sagt Primus. Im Jahr produziert Europlast rund anderthalb Millionen Kunststoffteile. Ein potenzielles neues Geschäftsfeld haben die Kärntner auch schon identifiziert: Künftig wird man auch Wasserstofftank In-Liner aus PA für Lkw und Schiffe produzieren. Dies im wachsenden Geschäftsfeld Auftragsfertigung.

Produktion beim Kusntstoffverarbeiter Europlast
Lose bis zu 50.000 Stück: Europlast-Produktion in Dellach im Drautal - © Europlast

Hilti: Leitwerk für Digitalisierung.

Hilti´s größter Standort für Montage, Zerspanung und Wärmebehandlung für die Produktion von Bohr- und Meisselhämmern, Direktbefestigungs- und Diamantgeräten als auch halbautonomen Bohrrobotern. Aber auch Leitwerk für Digitalisierung: Prozessexzellenz fand das Evaluierungsteam von Fraunhofer Austria auch in der 2.300-Einwohner-Gemeinde Thüringen im Vorarlberger Bezirk Bludenz nicht zu knapp. Energetisch ist die erste außerhalb der Landesgrenzen von Liechtenstein gegründete Produktionsstätte, welche 1970 in Betrieb ging, ebenfalls hochinteressant. PV-Anlagen, die das gesamte Hallendach bedecken, erzielen rund ein Zehntel des gesamten Energiebedarfs im Werk durch Eigenproduktion. Zudem wird - dank zukunftsgerichteter Standortentwicklung – Erdwärme für die Gebäudetemperierung genutzt. Aktuell sind die Gebäudeheizung und die Wärmebehandlung die versorgungskritischsten Prozesse, weshalb zusätzlich begonnen wurde Erdgas einzuspeichern. Darüber hinaus werden einige der Öfen in der Wärmebehandlung, beileibe nicht die letzten, bereits "auf Strombetrieb umgerüstet", erzählt Christoph Holzer, der hiesige Leiter Operations. Von Erdgas wechsele man zur Überbrückung derzeitiger Lieferengpässe zudem auf Propan und Butan.

38 unterschiedliche Linien

Die Teilnahme an Fabrik2022 möchte die Werksleitung auch zur Standortbestimmung nutzen, auf welchem Level man branchenübergreifend agiere. "Das ist eine der Hauptintentionen", sagt Holzer. Und natürlich: Operative Exzellenz kann nur durch Kombination optimal abgestimmter Lean- und Digitalisierungsprozesse erreicht werden. Pro Jahr werden rund 500.000 Geräte aus 55 unterschiedlichen Produktfamilien bei Hilti in Thüringen gefertigt. Alle erdenklichen Zerspanungsprozesse werden - auf über 100 Maschinen - beherrscht. Auf einer Fläche von 42.000 Quadratmetern seien 38 unterschiedliche Montagelinien installiert, sie werden "dort mehrfach belegt, wo ähnliche Gerätetypen entstehen würden", sagt Holzer. Sämtliche Montagelinien seien an ein MES-System angebunden, der Rollout dieser Software gelang in Rekordzeit, "unter einem Jahr", erzählt Paul Scholz, Head of Digital Transformation im Hilti-Werk in Thüringen. Visuelle Assistenzsysteme und Dashboards unterstützen Werker an ihren Arbeitsplätzen und sogar Machine Learning wird in ersten Anwendungen genutzt. Werkstück-, Werkzeug- und Maschinendaten "analysieren wir für die Prozess- und Produktoptimierung", sagt er.

Zudem stehen Mitarbeitergesundheit, ausgewogene Ernährung und Sportangebote am Standort hoch im Kurs.

Mitarbeiterin bei Hilti in Thüringen: Sämtliche Montagelinien sind an ein MES-System angebunden - © www.christianschneider.photography

Siemens: An der Lean-Schraube gedreht

Co2-Neutralität bis 2030, eine Totalabkehr von Gas in Stufen bis kommendes Frühjahr: Am Siemens-Mobility-Standort in der Leberstraße 34, einem Werk mit 175-jähriger Tradition, macht man Nägel mit Köpfen. Heizen durch Warmwasser rückt in den Fokus, es dient in der Hauptsache dazu, den Primärenergieträger durch Luftwärmepumpen oder Biogas "zu substituieren", schildert Sven-Oliver Fischer, der kaufmännische Leiter des Standorts. Auch sonst ist das Geschäft der Siemensianer dynamisch. Nightjet-Züge, ein wachsenden Segment und unlängst von der ÖBB für die Strecke Brüssel - Wien bestellt, sorgen hier in Simmering für Auslastung. Hochgeschwindigkeitszüge kommen aus dem Siemens-Werk Krefeld, Loks aus München, Drehgestelle aus Graz - Reisezugwägen und U-Bahnen, etwa für die Metro in London, dagegen aus Wien-11.

Digital gespiegelt


Die Fertigungstiefe am Standort mit seinen rund 1.400 Mitarbeitern und nicht weniger als 40 Hallen - lediglich montiert wird in einer gemeinsamen 40.000 Quadratmeter-Halle im Fünfer-U-Zellen-Layout - ist hoch. Vom Rohau des Wagenkastens über das Schweißen und Oberflächenlackieren bis zur Montage - etwa dem Einsetzen von Fenstern und Haltestangen, aber auch der Elektrik sind hier alle Prozesse - inklusive Inbetriebsetzung - gebündelt. In der getakteten Fließfertigung - sechs Linien für den Rohbau, fünf Linien für die Montage - folgt man den Gesetzmäßigkeiten der Lean-Philosophie.

Erst kürzlich nahm man sich die Prozesse nochmals, neu betrachtet, zur Brust. "Wir krempelten so manches um, integrierten etwa weitere Prozessschritte wie Kleben oder das ISO-Prüfen", schildert Michasel Leisgang, der technischer Leiter. Natürlich jagt man auch Use-Cases aus dem Konzern in die eigenen Linienwelt. Was genau? Etwa das Auslastungsmanagement, die Feinterminplanung, Robotik oder Tools wie den Digitalen Produktzwilling. "Unser ganzes physisches Maschinennetzwerk ist mittlerweile im IT-Netz gespiegelt", sagt Leisgang.

Mitarbeiterin bei Siemens Mobility in Wien-Simmering
Mitarbeiterin im Siemens-Mobility-Werk in Wien-Simmering: "Weitere Prozessschritte wie Kleben oder das ISO-Prüfen integriert" - © MARKUS SCHIEDER CREATIVEMARC.EU

NBG Fiber: Hochgradig automatisiert.

Mitte Juli stellte sich auch Europas einziges Glasfaser-Rohlingswerk der Evaluierung durch Fraunhofer Austria. Was das Evaluierungsteam von Fraunhofer Austria hoch oben im nördlichen Waldviertel Mitte Juli vorfand, umschreibt Christian Zwettler grob vereinfacht so: "Wir sind ein klassischer Industriemischling, irgendwo zwischen Halbleiter- und Pharmaindustrie angesiedelt", erzählt der CTO von NBG Fiber. Tatsächlich findet sich vieles, was Big Player wie die Villacher Infineon auszeichnet, auch am NBG-Standort in Gmünd: Modernste Reinraumtechnologie etwa, aber auch hochgradig automatisierte Prozesse. Das kommt nicht von ungefähr. Einerseits hat sich NBG, in der Fiberoptik seit mehr als 25 Jahren tätig, einen tadellosen Ruf erarbeitet. Zum anderen ist das Werk, das die Niederösterreicher bei Österreichs härtestem Produktionswettbewerb ins Rennen schicken, hochmoderner Prägung: 2018 ließ das Team um Eigentümer Karl Bauer der Idee, über eine eigenständige GmbH europaexklusiv in die Produktion von Glasfaser-Preforms einzusteigen, rasch Taten folgen. Am Firmenareal in Gmünd wurde ein allen Ansprüchen gerecht werdendes Produktionswerk errichtet, das "Anfang heurigen Jahres in den Regelbetrieb geschaltet worden ist", berichtet Zwettler.

Markt floriert

Selbst angesichts der labilen Weltlage und überdehnter Lieferketten sind die Umstände, nun auf europäischem Boden Preforms zu produzieren, gut: Der Breitbandausbau in Europa legt an Dringlichkeit und Tempo zu, zugleich sind Glasfaser-Preforms Mangelware. Bisher dominieren im Wesentlichen vier Big Player wie Furukawa aus Japan oder Corning aus den USA, nicht selten mit eigenen Kabelwerken ausgestattet, den Markt. Nun mischt ein europäischer Produzent mit. In Ausbaustufe Eins können Preforms für 5,2 Millionen Faserkilometer erzeugt werden. Zwei weitere Maschinen würde die Leistung - ohne Adaptionen im Werk - auf mehr als 7 Millionen Kilometer erhöhen. Damit wären gerade einmal 0,5 Prozent des weltweiten Jahresbedarfs abgedeckt.

6 Preformen pro Tag

Die Beherrschung des chemischen Prozesses, bei dem Maschinentechnologie der zur Knill Gruppe gehörenden finnischen Rosendahl Nextrom Einsatz findet, ist dabei alles andere als trivial. Die Rohlinge, rund 80 Kilo schwere, hochreine Glaskolben, wachsen bis 2.000 Grad und unter dem Einsatz chemischer Gase heran. Die Durchlaufzeit liegt bei 120 Stunden. In der 24 Meter hohen Produktionshalle bildet sich ein Kolben, aus dem später mehr als 2.500 Kilometer Glasfaser für den Datentransport gezogen werden können. Ziel und 100-prozentige Produktionskapazität ist die Fertigstellung von sechs fertigen Preformen pro Tag. "Wir sind aktuell im Ramp Up des Werkes und produzieren zwei fertige Preformen pro Tag", schildert Zwettler. 2019 erfolgten die behördliche Genehmigung, Planung sowie Baustart. Von 2020 bis 2021 wurde der Bau finalisiert und es erfolgten der Aufbau aller Infrastruktur- und Produktionsanlagen, Funktionstest, Probe- und Testbetrieb aller Anlagen sowie Personalfindung und Einschulung/Einarbeitung, da es dieses Berufsbild nicht gibt. Die Fasertypen - etwa "G.657A1 und G.652D" für die klassische Breitbandtechnologie - werden bereits in der Preform festgelegt.

Digitaler Backbone

Die erforderlichen Prozessgase wie Helium, Sauerstoff aber auch Wasserstoff bezieht man von Air Liquide aus Schwechat. Den Betrieb der Gas- und Chemikalienversorgung verantwortet die Villacher Kinetics. Größtes Augenmerk liegt auf der Prozessparameterlandschaft, vom Einzelgewerk bis zur Abluft, die über Siemens-Technologie komplett digital abgebildet ist. Für das Sintern und Brennen braucht es Temperaturen bis 2.000 Grad, die Reinraumtemperatur muss bei konstant 22 Grad liegen. "Bei der geringsten Verunreinigung der Preform würde die 125 Mikrometer große Faser reißen", schildert der CTO. Der weiß, dass das Werk auch für künftige Zeiten gut gerüstet ist. Man könnte das Gebäude - mit einem weiteren Investment - nämlich auch für das Ziehen von Glasfasern adaptieren. "Das wäre unser Zukunftsplan", sagt Zwettler.

Reinraum NBG Fiber
Reinraum bei NBG Fiber: Die Rohlinge, rund 80 Kilo schwere, hochreine Glaskolben, wachsen bei Temperaturen bis 2.000 Grad und unter dem Einsatz chemischer Gase heran. - © NBG Fiber

Fabrik2022 - Der Preis für die effizienteste Produktion

Zum 12. Mal schreiben Fraunhofer Austria und das INDUSTRIEMAGAZIN die renommierte Auszeichnung für Produktionsunternehmen in Österreich aus.

Fünf Unternehmen - Europlast in Dellach im Drautal, Hilti in Thüringen, Koenig & Bauer (AT) in Maria Enzersdorf, NBG Fiber in Gmünd sowie Siemens Mobility in Wien zogen nach der Vor-Ort-Evaluierung durch Experten von Fraunhofer Austria ins Finale ein.

Das Finale samt anschließender Siegerkür findet am 22. September im Palmenhaus Gmünd statt, zuvor wird es eine Werksführung beim Vorjahressieger Pollmann Austria im niederösterreichischen Vitis geben.

Bis Ende Juli bewarben sich Unternehmen durch Einreichung eines schriftlich ausgefüllten Fragebogens für die Wettbewerbsteilnahme.

Bis Ende August liefen auf Basis dieser ersten Vorselektion in den Fabriken der Teilnehmer Vor-Ort-Evaluierungen durch ein Expertenteam von Fraunhofer Austria.

Am 22. September stellen sich die fünf Finalisten der hochkarätig besetzten Hearing-Jury. Dabei werden Gesamtsieger der „Fabrik2022“ sowie die Gewinner der drei Wettbewerbskategorien „Efficient Factory“, „Smart Factory“ und „Green Factory“ prämiert.

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