Nicht alle Gebäude werden für eine Lebensdauer von 150 Jahren konzipiert. Vor allem die Gebäudenutzung der Verbrauchermärkte wird oft für nur 10 Jahre geplant, erklärt Mario Kubista, Leiter Produktmanagement Wand und Fassade beim Ziegelhersteller Wienerberger. Ziegel haben daher oft eine viel längere Lebensdauer als die meisten Gebäude. Dieser Aspekt ist die Grundlage für die Entwicklung eines nachhaltigen Gebäudessystems und die Erschließung neuer Geschäftsmodelle, die von der Ressourcenschonung profitieren können. Im Rahmen eines zweijährigen, von der Österreichischen Forschungsförderungsgesellschaft (FFG) unterstützten Projekts arbeitet ein Team unter der Leitung der Wienerberger AG, gemeinsam mit Partnern der TU-Graz und Wienerberger Österreich GmbH zusammen. Ziel ist, die Verschwendung funktionsfähiger Bauteile zu reduzieren und die Wiederverwertung in den Vordergrund zu stellen. „Wir wollen die Lebensdauer der Ziegel von der Lebensdauer des Gebäudes unabhängig machen“, so Kubista.
Die erste Herausforderung, die Erstellung von Fertigteilwänden, ist bereits gemeistert. Sie werden im eigenen Werk individuell geplant, vollautomatisiert vorgefertigt und können Geschosshoch aufgezogen werden. Die Montage auf der Baustelle bedarf dadurch weniger Personal, so verkürzt sich die Projektdauer, die Kosten sind niedriger und es entsteht weniger Bauschutt. Um diese Wände aber wieder verwenden zu können, bedarf es der Entwicklung von zerstörungsfrei lösbaren Verbindungen der Wände. Die Vorgabe ist, mechanische Befestigungen zu entwickeln, die einfach wieder lösbar sind. Tragwerk und Statik spielen in dabei eine Rolle, ebenso die Bauphysik, denn die Fugen zwischen den Elementen müssen luftdicht sein.
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Weitere Überlegungen gibt es zur Beschaffenheit und der Dicke des Verputzes, der auf dem Ziegelmauerwerk aufgetragen wird und einen einfachen Rückbau ermöglichen soll. Die Fertigteilwände sollen mindestens fünfmal wieder verwendbar sein. Der CO₂-Fußabdruck lässt sich somit drastisch reduzieren. Um diese Mehrfachnutzung zu gewährleisten, arbeitet das Forschungsteam außerdem an einer nicht invasiven Prüfmethode, die die Qualität dieser Weiternutzung gewährleisten kann.