Wie kam es, dass die indische Bajaj-Familie jetzt das Steuer bei KTM übernimmt? Die Antwort liegt im dramatischen Absturz des einstigen österreichischen Motorrad-Überfliegers.
Anfang 2024 schien noch alles rund zu laufen: starke Verkaufszahlen, globale Präsenz, ein Ruf als Innovationsführer. Doch hinter der Fassade kriselte es bereits. Teure Expansionen und F&E-Projekte trafen auf einen schrumpfenden Motorradmarkt, vor allem in Europa. Konsumflaute, Inflation, Lieferengpässe und steigende Kosten fraßen an den Margen, während die Schulden explodierten.
Im Herbst platzte die Blase: Über zwei Milliarden Euro Verbindlichkeiten, offene Rechnungen, fehlende Liquidität. Ende November 2024 meldete KTM Insolvenz an und beantragte ein Sanierungsverfahren mit Eigenverwaltung. Rund 1.250 Lieferanten, Banken und 2.600 Mitarbeiter meldeten Forderungen in Höhe von etwa 2,2 Milliarden Euro an. Der Rücktritt von Langzeit-CEO Stefan Pierer besiegelte das Ende einer Ära – und leitete einen radikalen Umbau ein.
Ein im Februar von den Gläubigern mehrheitlich angenommener Sanierungsplan sieht eine Barquote von 30 Prozent vor – knapp 600 Millionen Euro, die bis spätestens 23. Mai bei Sanierungsverwalter Peter Vogl eingegangen sein müssen. Andernfalls droht der Konkurs. Um diese Summe aufzubringen, war ein starker Investor nötig. Bereits im Dezember hatte die KTM-Mutter Pierer Mobility die US-Investmentbank Citigroup mit der Suche beauftragt. Die indische Bajaj galt dabei stets als Hauptkandidat.
Das Familienunternehmen unterstützte KTM nach der Insolvenz mehrfach mit frischem Kapital, um den Neustart und die Fortführung des Werks zu sichern, das zwischen dem 13. Dezember und 17. März stillstand. Anfang Mai musste die Produktion erneut gedrosselt werden, da die Lieferketten durch die Insolvenz massiv gestört waren und Bauteile fehlten.
Die Insolvenz erschütterte nicht nur Belegschaft und Zulieferer, sondern auch das Selbstverständnis einer österreichischen Industrieikone.
KTM steht am Wendepunkt: Unter der neuen Führung von Bajaj könnte sich das traditionsreiche Unternehmen neu erfinden – doch die Frage bleibt, wie viel der Produktion und Identität in Mattighofen erhalten bleibt.