Und in diesem Segment wollen Sie mitmischen? Macht Stiwa jetzt auch Low-cost-Automation?
Fuchshuber: Low-cost-Automation ist definitiv nicht unser Ansatz. Wir orientieren uns immer an den Gesamtkosten für das Produkt und somit an den Kosten der gesamten Anlagenlebensdauer. Und wenn diese nur auf ein oder zwei Jahre ausgerichtet ist, weil das Geschäft des Kunden einen schnellen Wandel durchmacht, ist diese Form der Automatisierung eine mögliche Antwort. Dann greifen auch wir teilweise in den Katalog. Allerdings bleiben wir dem High-performance-Bereich auch hier treu. Die Flexibilität kommt über flexibel wiederverwendbare Module eines Baukastens.
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Eine Idee ist, sich punktuell von der Lineartechnik zu verabschieden und einfachere Roboter in die Anlagen zu integrieren.
Fuchshuber: Die Lineartechnik ist ganz klar der Favorit, wenn es um Hochleistungsautomation geht. Roboter bieten eine gewisse Flexibilität. Sie sind weniger schnell, es lassen sich aber wesentliche Funktionen wie die Aufnahme eines Werkstücks, die Ablage dessen in einem Werkstückträger sowie die Ausführung einzelner Montageoperationen umsetzen. Startet das in einer ersten Anlaufstückzahl gefertigte Produkt in der Folge durch, lassen sich diese Roboter in einer größeren Montagelinie - oder für neue Produkte - in abgewandelter Form verwerten. Diese Nachnutzung peilen wir ganz massiv an.
Sind solche Lösungen schon ansatzweise abgebildet?
Fuchshuber: Wir schrauben an einem Prototypenkonzept, das wir 2022 in die Realität umsetzen. Und dabei ist die Stiwa Gruppe selbst erster Auftraggeber. Wir werden die modulare Automatisierungstechnik für die ersten Kleinserien eines haptischen Bedienelements liefern, das unsere Innovationsschwester Stiwa Advanced Products entwickelt hat und im Zulieferwerk Gampern produzieren wird.
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Welche Eingriffe in der Systemtechnik wird es geben?
Fuchshuber: Vieles von der Komplexität der Hardware wollen wir in Software überführen. Software ist flexibel, Hardware ist kostenintensiv. Etwa der Anlagenschutz. Der ist zwingend erforderlich, um den Mitarbeiterschutz zu garantieren, aber er ist nicht wertschöpfend. Es gibt auch Softwarelösungen, die diesen substitutieren können. Wir sind in einer Phase der Recherche und des Abwägens. Unser Anlagenbau wird, wie auch bisher, sicher bleiben und alle Normenvorgaben erfüllen.
Denken Sie bei der Hinwendung zu neuen Automatisierungskonzepten speziell auch an Märkte wie Mitteleuropa?
Fuchshuber: Auch wenn wir mit Niederlassungen in China und USA global tätig sind, unsere Hauptkunden und Systempartner sind in der Tat in Europa tätig. Und dort wollen wir mit neuen Konzepten punkten. Ein Fokus für die kommenden Jahr ist jedoch der nordamerikanische Raum. Mit modulareren Lösungen bieten sich dort spannende Möglichkeiten einer Markteroberung.
Man hört von namhaften Unternehmen, die sich Anlagentechnik mittlerweile global - also auch in China - zusammenkaufen. Wie stark sind die Chinesen im Anlagenbau?
Fuchshuber: Unsere chinesischen Mitbewerber schlagen sich sehr gut. Sie setzen auf einfachere Lösungen, sind gut in der Elektronik, das ist kein Geheimnis. Und, das betrifft uns dann schon eher, sie versuchen, in der Hochleistungsautomation Fuß zu fassen. Unsere Kunden aber signalisieren uns sehr deutlich: Was Anlagenverfügbarkeit, Effizienz und den digitalen Durchdringungsgrad betrifft, spielen wir in einer eigenen Liga. Diese Grundsätze werfen wir nicht über Bord.