War Ihnen immer klar, dass Sie zu Ihrem Vater ins Unternehmen stoßen werden?
Sticht: Ich bin nach dem Studium relativ direkt in das Unternehmen eingestiegen für den Vertrieb im Anlagenbau. Das hat Spaß gemacht, da durfte ich vieles kennen lernen. Vor allem habe ich dort meine Marktorientierung gewonnen. Ende der 90er bin ich dann ins Projektmanagement gewechselt. Das war extrem lehrreich für die weiteren Jahre.
Wie prägte die Firmenwelt Ihre Kindheit?
Sticht: Da gibt es nette Anekdoten. Unsere Eltern haben uns immer früh gefordert und gefördert. Schon im Gymnasium mit 13 Jahren durfte ich in den Ferien in der Firma arbeiten. Ganz am Anfang lernte ich vier Wochen feilen. In späteren Jahren durfte ich einmal mit den ersten Maschinen einer neuen Baureihe produzieren. Da war gerade Betriebsurlaub, ich war also illegalerweise ganz alleine im Unternehmen. Der einzige Begleiter war unser Hund, der mir Gesellschaft leistete. (lacht)
Tipp der Redaktion: Stiwa-Advanced-Products-Geschäftsführer Josef Brandmayr im Podcast-Gespräch
Sie haben die Wandlungsfähigkeit angesprochen. Hat Stiwa die Beharrungskaft in der DNA?
Sticht: Ein Mitarbeiter meinte einmal, die Stiwa ist sehr gut darin, den Karren in den Dreck zu fahren. Aber noch viel besser darin, den Karren aus dem Dreck herauszuziehen. Mit anderen Worten: Man muss sich schon visionäre Ziele setzen. Wir sind hartnäckig und bringen die Dinge auch zu Ende. Das prägt unsere Strategie. Wir haben einen Plan, den wir weiterentwickeln. Dass das keine gerade Linie ist, ist uns allen klar. Aber wir wissen, wo wir hinwollen.
Sie stehen an einem spannenden Punkt: In der Eigenwahrnehmung Mittelständler, ist das Unternehmen doch ein Big Player. Sind Verantwortlichkeiten der Mitarbeiter, Zielsetzungen in einen Codex gegossen?
Sticht: Natürlich haben wir in unserem Strategieprozess auch Werte verankert. Am Ende ist jedoch das wichtigste die Kompetenz der Mitarbeiter und dass sich alle verstehen. Bei dieser Unternehmensgröße hat nicht jeder die Chance, die ich hatte, als ich Anfang der Neunziger einstieg. Damals waren wir 350 Mitarbeiter, waren regional auf das deutschsprachige Europa begrenzt. Mittlerweile sind wir eine Unternehmensgruppe mit 2.300 Mitarbeitern und Standorten in USA, China und Deutschland. Die nächste Generation muss mit dem Thema Vertrauen und Verantwortung ganz anders umgehen als ich, der mit dem Unternehmen mitwachsen durfte.
Sie haben die aktuelle Gemengelage in den Lieferketten und Märkten angesprochen. Was heißt das alles für Stiwa?
Sticht: Unsere Standardisierung hilft uns in der Vorschauplanung, ebenso die intensiven Kunden-Lieferanten-Beziehungen, die wir pflegen und die uns in die glückliche Lage versetzen, vom Versorgungsthema noch sehr wenig tangiert worden zu sein. Natürlich haben wir auch begonnen, in erneuerbare Energien zu investieren. Wir versuchen, unabhängiger zu werden, ersetzen Öl durch Fernwärme dort, wo es möglich ist. Wir beschäftigen uns auch gerade mit dem Thema Windenergie, haben hier am Standort Attnang-Puchheim mit Windmessungen begonnen.
Welche Märkte performen gut - Amerika, China?
Sticht: Wir sind nach wie vor am chinesischen Markt gut unterwegs und am amerikanischen Markt gerade am Aufbau. Dem verleihen wir auch symbolisch Wert. Der Kaufprozess für ein Grundstück in Fort Mill, südlich von Charlotte, ist vor dem Abschluss. Einer Location, wo wir auch die Facharbeiter bekommen. Und die von Europa aus vernünftig erreichbar ist. Wir starten nächstes Jahr mit dem Rohbau von Büroräumlichkeiten und einer Produktion, sind am Personalaufbau. Zusätzlich zum Geschäftsbereich Automation, das wir dort vor drei Jahren hochzogen, bauen wir den Geschäftsbereich Machining, die zerspanende Fertigung von Teilen für die Automation aber vor allem auch für externe Kunden auf.
Derzeit sind Sie am Standort Fort Mill lediglich eingemietet....
Sticht: Wir haben jetzt 2.400 Quadratmeter Halle und Bürofläche und aktuell 30 Mitarbeiter. Wir sind dort im Bereich Software und Anlagenbau tätig, machen Service und Typeningetration auf bestehenden Anlagen für die USA und betreuen auch Kunden aus Mexiko mit. Mitte nächsten Jahres wollen wir bei aufgestocktem Personalstand mit dem Bereich Machining starten. Die Produktionsmaschinen dafür sind schon bestellt. Natürlich wollen wir im Bereich Automation - der Herstellung von Automatisierungslösungen für unsere Kunden - mit den neuen Räumlichkeiten dann auch größere Projekte wie den eigenständigen Bau kompletter Montageanlagen abwickeln.