Automanager : Siegfried Wolf bestreitet Militärproduktion – doch GAZ-Militärfahrzeuge gibt es

Siegfried Wolf MAN Steyr

Siegfried Wolf: GAZ-Gruppe hatte keine militärischen Lizenzen

- © FOTOKERSCHI.AT / KERSCHBAUMMAYR

Die im Vorjahr von Siegfried Wolf übernommene MAN-LKW-Fabrik in Steyr, die jetzt als Steyr Automotive firmierende Nutzfahrzeugeproduktion wird die Kooperation mit dem Automobilproduzenten GAZ in Nischni Nowgorod auf Eis legen. Der Grund: Die "derzeit herrschenden Sanktionen gegen Russland": "So lange gemeinsame europäische Maßnahmen einen Warenaustausch mit Russland sanktionieren, wird die Kooperation mit GAZ nicht wie geplant fortgesetzt." Geplant war, ab 2023 in Steyr Kleintransporter auf Basis von Modellen des russischen Automobilkonzern GAZ zu entwickeln, wozu ein Austausch von Komponenten in beide Richtungen vorgesehen wäre.

In einer Pressemitteilung hält Siegfried Wolf Mittwoch fest, dass „die GAZ-Gruppe weder im Zeitpunkt meines Einstiegs bei der GAZ-Gruppe noch danach in der Produktion militärischer Produkte tätig war“ und er auch sonst „niemals an der Produktion irgendwelcher militärischen Produkte beteiligt gewesen“ sei. Hinsichtlich der GAZ-Gruppe legte Wolf dazu ein Schreiben des zuständigen Mitglieds des GAZ Verwaltungsrates Alexander Gorlow vor. Gorlow ist im GAZ-Verwaltungsrat für Rechtsangelegenheiten und die Beziehungen zum „US office of foreign Assets – OFAC“ zuständig. In dem Schreiben heißt es: „Ich schreibe Ihnen, um zu bestätigen, dass die GAZ-Gruppe keine militärischen Fahrzeuge, Maschinen oder andere Arten von militärischen Produkten herstellt. Es war die Strategie der GAZ-Gruppe beginnend mit dem Ende der Sowjetzeit zu Beginn der 1990er Jahre, sich von der Erzeugung militärischer Produkte und damit der sowjetischen Vergangenheit zu trennen. Die GAZ-Gruppe schloss diesen Prozess Anfang der 2000er Jahre ab.“

Das Fachmagazin Traktuell hat sich ausführlich mit der Causa beschäftigt. Lesen Sie hier mehr zu den GAZ-Militärfahrzeugen, die es wohl eben doch gibt.

Wolf in der Aussendung weiter: „Seit 2018 arbeitet die GAZ-Gruppe eng mit dem US Office of Foreign Assets Control (nachstehend OFAC) zusammen, das die US-Sanktionspolitik verwaltet. Die GAZ-Gruppe und das OFAC stehen in engem Austausch, um die GAZ-Gruppe von den US-Sanktionen auszunehmen. Auf Ersuchen des OFAC hat die GAZ-Gruppe ein offizielles Weißbuch erstellt, in dem die GAZ-Gruppe ihre ausschließlich zivile Produktpalette sowie die Tatsache erläutert, dass die GAZ-Gruppe nicht einmal über militärische Lizenzen und/oder Zertifizierungen verfügt, die es ihr ermöglichen würden, militärische Produkte herzustellen.“

Zu beachten sei auch, dass die GAZ-Gruppe eine große Anzahl ausländischer Aktionäre und Investoren habe. Darüber hinaus beschäftige die GAZ-Gruppe viele hochqualifizierte ausländische Manager und Fachleute. Nach den russischen Regeln und Vorschriften zur Wahrung der Vertraulichkeit und des Staatsgeheimnisses ist eine ausländische Beteiligung und/oder Mitwirkung an einer militärischen Produktion nicht zulässig. Diese Tatsache werde von den russischen Behörden genau überwacht und kontrolliert und ist dies bereits alleine Bestätigung dafür, dass die GAZ-Gruppe keine militärischen Produkte herstellt.

Wolf und GAZ.

Der russische Automobilproduzenten GAZ in Nischni Nowgorod steht im Eigentum des russischen Oligarchen Oleg Deripaska. Der Automanager Siegfried Wolf war lange Jahre im Konzern tätig - 2010 holte Deripaska Wolf nach Russland. Er leitete für den russischen Milliardär die Geschicke der GAZ-Mutter Russian Machines. Schon davor wollten Wolf und Deripaska mit ihrem Rettungskonzept für den deutschen Autobauer Opel gemeinsame Sache machen. Magna wollte mit Deripaskas Autobauer GAZ und der staatlichen russischen Sparkasse Sberbank bei Opel einsteigen und hatte im September 2009 bereits die Zusage der damaligen Opel-Mutter General Motors.

Nach eigenen Angaben hat Wolf seine Funktionen in dem Konzern Russian Machines jedoch vor einigen Jahren zurückgelegt. Sowohl GAZ als auch Oleg Deripaska persönlich sind derzeit von Sanktionen der USA und Großbritanniens betroffen. Um das Verschwinden Deripaskas von einer Sanktionsliste der EU ist zuletzt ein innenpolitischer Streit entbrannt. Zuletzt hat Hans Peter Haselsteiner seine Verbindungen zu Deripaska gekappt. Haselsteiner hat den Syndikatsvertrag mit der russischen Rasperia Trading aufgekündigt und zieht sich aus Russland zurück.

Sehen Sie hier ein Fundstück aus dem Produktionsportfolio des russischen Automobilherstellers GAZ: Ein gepanzertes Mehrzweckgeländefahrzeug der Variante GAZ Tigr.

Siegfried Wolf hat im Sommer 2021 das ehemalige MAN Werk in Steyr - das vor der Schliessung stand - übernommen. Bis Mitte 2023 werden am Standort noch Lkw und Komponenten für MAN gefertigt. Ab dann zieht MAN die Produktion ab und verlagert sie in ein Werk in Krakau in Polen. Deshalb werden derzeit in Steyr parallel neue Fertigungen aufgebaut. Die MAN-Kunststofflackiererei wird unbefristet weitergeführt. Ab 2022 sollen erste Kleinserien unter der Marke Steyr vom Band rollen. Insgesamt plant Wolf eine Produktpalette aus sieben Fahrzeugen. Die Produktion soll schrittweise auf ein Volumen von 16.000 Fahrzeugen hochgefahren werden.

Siegfried Wolf MAN Steyr GAZ Gazelle
Siegfried Wolf mit einer GAZ Gazelle - © FOTOKERSCHI.AT / KERSCHBAUMMAYR

Automobilbranche in Kritik

Wolfs Erklärung zu GAZ fällt auch vor dem Hintergrund von Vorwürfen an den Autozulieferer Bosch, der von der Ukraine beschuldigt wird, an das russische Militär geliefert zu haben. Ukraine stützt die Vorwürfe darauf, dass die ukrainische Armee vor einigen Tagen russische Infanteriefahrzeuge aufgetan habe. Teile der Hauptkomponenten, die diese Fahrzeuge mit antreiben, stammten nach Kulebas Aussage von Bosch.

Bosch bestreitet die Vorwürfe: „Das ukrainische Ministerium hat uns dazu direkt kontaktiert, und wir konnten zur genannten Komponente nachvollziehen, dass diese nicht von Bosch an den Fahrzeughersteller geliefert wurde – wenn es sich auch um ein Teil aus unserer Produktion handelt.“