Krieg Russlands gegen die Ukraine : Wienerberger verkauft Fabriken in Russland

Wienerberger-Standort in Uttendorf, Oberösterreich

Wienerberger zieht sich aus dem Russland-Geschäft zurück.

- © Wienerberger

Der weltgrößte Ziegelproduzent Wienerberger verkauft seine Werke in Russland und steigt damit aus dem Markt aus. Das berichtete die russische Wirtschaftszeitung "RBC" am Donnerstag und berief sich auf russische Unternehmensunterlagen, wie die Nachrichtenagentur Reuters meldete. Käufer der Werke in den Regionen Wladimir und Tatarstan sei das russische Bauunternehmen Stroymiks. Dies gehe aus dem staatlichen Register juristischer Personen hervor, berichtete die Zeitung. Über den Kaufpreis wurde Stillschweigen vereinbart. In der Konzernzentrale wurde der Bericht bislang nicht bestätigt. Wienerberger war für die APA vorerst nicht für eine Stellungnahme erreichbar.

>>> Übernahme von Terreal: Wienerbergers 600 Mio. Euro Deal abgeschlossen

Angesichts des russischen Angriffskrieges auf die Ukraine hatte der Baustoffkonzern bereits im Juni 2022 angekündigt, sich aus dem russischen Markt zurückziehen zu wollen. Das Geschäft sollte im Rahmen eines Management-Buy-outs vom lokalen Management übernommen werden. In den Wochen zuvor war an einer Lösung zur Sicherung der Arbeitsplätze gearbeitet worden. Mit dem Management-Buy-out sollte "eine optimale Lösung gefunden, die Kontinuität für alle gewährleistet" so CEO Heimo Scheuch damals in einer Aussendung. Das Hintermauerziegelgeschäft trug mit rund 40 Mio. Euro weniger als 1 Prozent zum Konzernumsatz bei. Wienerberger ist seit 2005 in Russland aktiv.

Nie mehr die wichtigsten News aus Österreichs Industrie verpassen? Abonnieren Sie unser Daily Briefing: Was in der Industrie wichtig wird. Täglich um 7 Uhr in Ihrer Inbox. Hier geht’s zur Anmeldung!

Transformation zum Systemanbieter

In den letzten Jahren hat Wienerberger sein Geschäftsfeld durch die Übernahme mehrerer Unternehmen weiter ausgebaut. Neben der Übernahme der Fertigteil-Ziegelwand-Sparte des niederösterreichischen Bauunternehmens Walzer 2022 erfolgte erst kürzlich der Kauf des französischen Dach- und Solaranbieters Terreal mit einem Volumen von 600 Mio. Euro. Die Akquisition bringt Wienerberger einen erwarteten zusätzlichen Jahresumsatz von rund 725 Mio. Euro. Wienerberger geht damit den nächsten Schritt hin zum Anbieter von Systemlösungen und baut die Führungsrolle in den Kernsegmenten Neubau und Renovierung weiter aus.

>>> Das sind Österreichs 10 grünste Fabriken

Bei Walzer in Kirchberg am Wagram werden mit modernster Produktionstechnologie vollautomatisch Fertigteilwände aus Wienerberger Ziegeln hergestellt. Mit dieser Akquisition verfolgt Wienerberger das Ziel, das Angebotsspektrum zu erweitern und zum Systemanbieter zu avancieren. Die derzeitige Produktion von Fertigteilwänden für rund 200 Einfamilienhäuser pro Jahr soll mittelfristig verdoppelt werden. Für Bauvorhaben in Massivbauweise, die in kurzer Zeit errichtet werden sollen, eignen sich vorgefertigte Wandelemente aus Ziegel. Sie werden individuell geplant und im Werk vollautomatisch vorgefertigt. Dabei werden hochwertige Planziegel miteinander verklebt. Die Montage auf der Baustelle erfolgt mit geringem Personalaufwand und hoher Versetzleistung, was zu einer Verkürzung der Bauzeit und damit zu geringeren Projektkosten führt.

>>> Wienerberger startet CO2-freie Ziegelproduktion

Zur Stärkung seiner Marktposition in Nordeuropa als Anbieter von Komplettlösungen für das Wassermanagement hat der weltgrößte Ziegelhersteller ebenfalls 2022 das Pumpen- und Rohrsystemunternehmen QPS AS übernommen. QPS wurde 2012 gegründet. Das Unternehmen ist den Angaben zufolge auf Infrastrukturpumpstationen spezialisiert und bietet kundenspezifisches Design, Engineering und Montage aus einer Hand. Mit dem norwegischen Unternehmen erschließe Wienerberger auch ein neues Geschäftsfeld in Verbindung mit der Energiewende: Meerwasserheizungs- und -kühlsysteme, die erneuerbare Energie für ein nachhaltiges Leben bereitstellen.

Baukrise macht sich bemerkbar

Mit deutlich weniger Gewinn als im Vorjahr musste sich Wienerberger 2023 begnügen. Wie der weltgrößte Ziegelhersteller im Februar mitteilte, sank das operative Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (EBITDA) von gut einer Milliarde Euro auf 811 Millionen Euro. Der Umsatz ging von rund 5 Milliarden Euro auf 4,2 Milliarden Euro zurück. Das Unternehmen habe sich"in rückläufigen Baumärkten behauptet". Das Marktumfeld sei "besonders herausfordernd" gewesen.

>>> Wienerberger spürt Bauflaute: Gewinneinbruch für Ziegelhersteller

Das Unternehmen habe "sehr rasch in den gesamten Kostenmanagementprozess eingegriffen, was zu den guten Ergebnissen beigetragen hat", teilte Wienerberger mit. In einem stagnierenden Marktumfeld habe der Konzern durch proaktives Kosten- und Preismanagement seine Marktanteile ausgebaut und die operative EBITDA-Marge von 23,6 auf 25,5 Prozent gesteigert. Langfristig bleibe der Bedarf an Wohnraum hoch. Allerdings habe das hohe Zinsniveau die Nachfrage im abgelaufenen Geschäftsjahr vor allem im Neubausegment gedämpft. Im Infrastrukturbereich hingegen zog die Nachfrage in der zweiten Jahreshälfte deutlich an.

Unter den beiden Annahmen, dass sich die im vierten Quartal 2023 beobachtete Marktentwicklung 2024 - insbesondere im ersten Halbjahr - fortsetzt und der neu akquirierte Dachanbieter Terreal ab dem zweiten Quartal 2024 positive Ergebnisbeiträge liefert, erwartet Wienerberger für das Gesamtjahr 2024 ein operatives EBITDA zwischen 860 und 890 Mio. EUR.