Bau-Industrie : Wienerberger spürt Bauflaute: Gewinneinbruch für Ziegelhersteller

Wienerberger Ziegel Terreal

Wienerberger hat erneut einen deutlichen Gewinneinbruch hinnehmen müssen

- © Wienerberger

Mit deutlich weniger Gewinn als im Vorjahr muss sich der börsennotierte Baustoffriese Wienerberger begnügen. Wie der weltgrößte Ziegelhersteller am Mittwoch mitteilte, sank das operative Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (EBITDA) von gut einer Milliarde Euro auf 811 Millionen Euro. Der Umsatz ging von rund 5 Milliarden Euro auf 4,2 Milliarden Euro zurück. Das Unternehmen habe sich "in rückläufigen Baumärkten behauptet". "Besonders herausfordernd" sei das Marktumfeld gewesen.

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Das Unternehmen habe "sehr rasch in den gesamten Kostenmanagementprozess eingegriffen, was zu den guten Ergebnissen beigetragen hat", teilte Wienerberger mit. In einem schwachen Marktumfeld sei es gelungen, Marktanteile zu gewinnen; durch aktives Kosten- und Preismanagement sei es gelungen, die operative EBITDA-Marge von 23,6 auf 25,5 Prozent zu steigern. Langfristig bleibe der Bedarf an Wohnraum hoch. Vor allem im Neubausegment sei die Nachfrage im abgelaufenen Geschäftsjahr jedoch durch das hohe Zinsniveau gedämpft worden. Im Infrastrukturbereich hingegen zog die Nachfrage in der zweiten Jahreshälfte deutlich an.

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Nordamerika als widerstandsfähiger Markt

Unter den beiden Annahmen, dass sich die im vierten Quartal 2023 beobachtete Marktentwicklung 2024 - insbesondere im ersten Halbjahr - fortsetzt und der neu akquirierte Dachanbieter Terreal ab dem zweiten Quartal 2024 positive Ergebnisbeiträge liefert, erwartet Wienerberger für das Gesamtjahr 2024 ein operatives EBITDA zwischen 860 und 890 Mio. EUR. Trotz des Ergebnisrückgangs soll die Dividende mit 90 Cent je Aktie auf Vorjahresniveau gehalten werden. Den vollständigen Jahresabschluss veröffentlicht Wienerberger am 25. März 2024.

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Das Ergebnis des abgelaufenen Geschäftsjahres wurde vor allem durch verstärkte Aktivitäten im Infrastrukturbereich, im Rohrsegment für Anwendungen im Energie- und Wassermanagement sowie im Renovierungssegment erzielt. Infolge deutlich gestiegener Zins- und Inflationsraten verzeichnete das Neubausegment insbesondere in Europa teilweise deutliche Rückgänge. Im Gegensatz dazu hat sich Nordamerika als widerstandsfähiger erwiesen und einen soliden Beitrag zum Ergebnis geleistet. Der heimische Baustoffkonzern beschäftigt weltweit mehr als 19.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter an rund 200 Produktionsstandorten.

Terreal-Übernahme noch im ersten Quartal

Die Übernahme von Terreal, einem europäischen Anbieter von Dach- und Solarlösungen, soll im ersten Quartal 2024 abgeschlossen werden. Mit der Übernahme werde Wienerberger seine "Präsenz im wachsenden Renovierungssegment signifikant ausbauen und zum führenden europäischen Experten für das Steildach werden", wird Wienerberger zitiert. Von der Transaktion sind rund 3.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, 28 Produktionsstätten und ein erwarteter Jahresumsatz von rund 740 Mio. Euro betroffen. Wie das Unternehmen mitteilte, will Wienerberger auch 2024 in den Bereichen Renovierung, Infrastruktur und Neubau "signifikant stärker wachsen als die jeweiligen Endmärkte insgesamt". Dies werde durch weiterhin proaktives Kostenmanagement und Preisanpassungen unterstützt.

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Das seit Jahren laufende Programm "Self Help" zur Steigerung der Ertragskraft und Verbesserung der Effizienz habe einen zusätzlichen Ergebnisbeitrag von 46 Mio. Euro geleistet. Darüber hinaus seien weitere technologische Optimierungen umgesetzt worden, die den Energieverbrauch senken und damit Kosten und CO2-Emissionen reduzieren.

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"Im Geschäftsjahr 2023 hat Wienerberger ein weiteres Mal seine Märkte übertroffen und die eigene Position erfolgreich behauptet. Das operative EBITDA von 811 Mio. Euro entspricht unseren Erwartungen", so Konzernchef Heimo Scheuch in der heutigen Presseaussendung. Der Konzern konzentriere sich auf den Ausbau der Bereiche Renovierung und Infrastruktur, um die Widerstandsfähigkeit des Unternehmens zu stärken. Bis Ende 2026 will Wienerberger 75 Prozent des Umsatzes mit Bausystemen und Lösungen erwirtschaften, die zu klimaneutralen und emissionsfreien Gebäuden beitragen. Dazu gehörten integrierte Lösungen für Dach, Wand und Fassade ebenso wie für das Heizen, Kühlen und die solare Stromerzeugung.

Wienerberger Vorstandsvorsitzender Heimo Scheuch
Heimo Scheuch, CEO bei Wienerberger - © Wienerberger

Senkung der Mehrwertsteuer um Bauwirtschaft anzukurbeln

Mit Einzelvorschlägen wie der jüngst von den Sozialpartnern lancierten Eigenheimprämie bis 100.000 Euro kann sich der Chef des weltgrößten Ziegelherstellers Wienerberger, Heimo Scheuch, nicht anfreunden. Stattdessen schlug er am Mittwoch im Ö1-"Mittagsjournal" des ORF eine Senkung der Mehrwertsteuer auf Produkte und Arbeit im Sanierungsbereich auf 5 Prozent vor. Um die Baukonjunktur anzukurbeln, gehe es einerseits um die Sanierung, andererseits um den Neubau, sagte er. "Wenn wir kurz über die Sanierung sprechen, dann wäre und ist der beste Weg und der kostengünstigste Weg für alle Beteiligten der, dass ich die Mehrwertsteuer senke - auf die Produkte und die Arbeit", ist der Konzernchef überzeugt.

Zwei wesentliche Effekte wären zu sehen, würde die Mehrwertsteuer gesenkt: Zum einen würde dann sehr viel privates Geld in diesen Bereich fließen, zum anderen würde die graue Wirtschaft, der"Pfusch", etwas zurückgedrängt und der Staat hätte letztlich auch mehr Einnahmen. "Die Mehrwertsteuer ist natürlich geringer, aber in der Summe der Aktivitäten werden die Einnahmen des Staates noch höher, also eine Win-win-win-Situation", meinte Scheuch. In anderen europäischen Staaten sei dies bereits Praxis.

Das würde ich dem Herrn Finanzminister nahelegen, dass er für die Sanierung diesen Weg beschreitet. Das wäre ein sinnvoller Weg. Der ist auch mit der Europäischen Kommission abgestimmt.
Heimo Scheuch

"Ich bin nicht jemand, der es gerne hat, dass teuer erarbeitetes Steuergeld eben weggeschenkt wird, mit Bonifikationen und Förderungen - ich muss erst einmal die Wirtschaft an sich beleben und die Möglichkeit geben, das Geld sinnvoll einzusetzen", betonte der Wienerberger-Chef. "Wenn Sie jetzt über Förderungen sprechen, das heißt Wohnbauförderung für den Neubau, finde ich das sehr wichtig und die muss wiederum zweckgebunden sein, das heißt sehr stark in den sozialen Wohnbau, in den leistbaren Wohnbau gehen", sagte der Manager mit Blick auf staatliche Hilfen im Baubereich.

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Für grundsätzlich einmal wichtiger als eine Lockerung der Kreditvergabe hält Scheuch es, darüber nachzudenken, "wie ich das Bauen an sich und die Immobilienpreise wieder leistbarer gestalte". "Und das hat sehr viel mit den Themen Widmung zu tun, in Österreich, und Verfügbarkeit von Grund und Boden zum Bauen von eben mehrgeschoßigem Wohnbau, aber auch für Eigenheime."