Autoproduktion in Italien : Stellantis stoppt Produktion in Italien: Werksschließungen wegen Nachfragerückgang

In Italien wächst die Sorge um die Zukunft der Produktionswerke des Autobauers Stellantis.

In Italien wächst die Sorge um die Zukunft der Produktionswerke des Autobauers Stellantis.

- © Stellantis Media

In Italien wachsen die Bedenken um die Zukunft der Produktionsstätten des Automobilherstellers Stellantis. Nach einem deutlichen Nachfragerückgang im September wird die Fertigung des elektrischen Fiat 500 und der Maserati-Modelle im Werk Mirafiori für den gesamten Oktober eingestellt. Zudem bleibt das Werk in Termoli, Süditalien, vom 14. bis zum 27. Oktober geschlossen. Diese Maßnahmen betreffen rund 2.000 Beschäftigte, wie die Gewerkschaften mitteilten.

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Im September verkaufte Stellantis auf dem italienischen Heimatmarkt 29.375 Fahrzeuge – ein Rückgang von 34 Prozent im Vergleich zum Vorjahresmonat. Der Marktanteil fiel dabei von 32,6 Prozent auf 24,1 Prozent. In den ersten neun Monaten des Jahres 2024 wurden insgesamt 365.286 Stellantis-Fahrzeuge zugelassen, was einem Rückgang von 5,8 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum entspricht.

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Stellantis-Chef schließt Werksschließungen nicht aus

Der CEO des Opel-Mutterkonzerns Stellantis, Carlos Tavares, schließt aufgrund der aktuellen Absatzkrise in der Automobilindustrie sowie des wachsenden Konkurrenzdrucks aus China mögliche Werksschließungen nicht aus. "Man darf nichts ausschließen", erklärte Tavares gegenüber der französischen Zeitung Les Échos.

Sollten chinesische Automobilhersteller am Ende ihrer Marktoffensive einen Anteil von zehn Prozent in Europa erreichen, entspräche dies einem Volumen von etwa 1,5 Millionen Fahrzeugen. "Das entspricht sieben Montagewerken. Die europäischen Hersteller müssten diese entweder schließen oder an die Chinesen übergeben", so Tavares weiter.

Zu den geplanten Strafzöllen der EU auf chinesische Elektrofahrzeuge äußerte Tavares, dass China diese Hindernisse umgehen könnte, indem es in den Bau von Produktionsstätten in Europa investiere. "Wenn das geschehen ist, darf man sich nicht wundern, wenn Standorte geschlossen werden müssen, um Überkapazitäten abzubauen."

Im September senkte Stellantis, der Mutterkonzern von Marken wie Peugeot, Citroën, Opel, Fiat, Chrysler und Jeep, seine Gewinnerwartungen für das laufende Jahr aufgrund von Schwierigkeiten auf dem nordamerikanischen Markt und der angespannten Branchensituation. Tavares, dessen Vertrag noch bis Anfang 2026 läuft, plant, im Anschluss in den Ruhestand zu gehen. Der Konzern sucht bereits nach einem Nachfolger.

Chef des Opel-Mutterkonzerns Stellantis, Carlos Tavares
Chef des Opel-Mutterkonzerns Stellantis, Carlos Tavares - © Wikipedia

10,7 Prozent weniger Autos in Italien gebaut

Im September wurden in Italien insgesamt 121.666 Autos zugelassen, was einem Rückgang von 10,7 Prozent gegenüber dem September 2023 entspricht. Dennoch verzeichneten die ersten neun Monate des Jahres 2024 laut Angaben des italienischen Verkehrsministeriums einen leichten Anstieg der Zulassungen auf 1,2 Millionen Fahrzeuge – ein Plus von 2,1 Prozent im Vergleich zum gleichen Zeitraum des Vorjahres.

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Am 11. Oktober wird Carlos Tavares, der CEO von Stellantis, vor dem Parlament in Rom zur aktuellen Lage des Unternehmens Stellung nehmen. "Wir hoffen, dass er ein möglichst umfassendes Bild der Situation des Konzerns in Italien geben wird", erklärte Michele De Palma, Chef der Metallgewerkschaft Fiom-Cgil. Die Gewerkschaften fordern ein Eingreifen der Regierung in die Belange von Stellantis und die gesamte Automobilindustrie. Um dieser Forderung Nachdruck zu verleihen, ist für den 18. Oktober ein Streik geplant.

Produktionsstopp in Turin wegen Auftragsmangel

Nach Angaben der Gewerkschaft FIM-CISL droht die italienische Autoproduktion aufgrund der schwachen Nachfrage nach Neuwagen um ein Drittel zurückzugehen. Für 2024 wird erwartet, dass Stellantis weniger als 500.000 Fahrzeuge herstellen wird, was einen deutlichen Rückgang im Vergleich zu den 751.000 Fahrzeugen des Vorjahres darstellt, wie die Gewerkschaft am Mittwoch mitteilte. Damit wird das Ziel der italienischen Regierung, bis Ende des Jahrzehnts eine jährliche Produktion von 1 Million Autos zu erreichen, immer unwahrscheinlicher.

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Stellantis informierte die Gewerkschaften darüber, dass der Produktionsstopp in Turin auf einen Auftragsmangel zurückzuführen sei, der im Zusammenhang mit der Entwicklung des Elektrofahrzeugmarktes in Europa stehe. Das Unternehmen betonte, man arbeite mit Nachdruck daran, "die Kontinuität aller Werke und Aktivitäten zu gewährleisten."

Im traditionsreichen Mirafiori-Werk in Turin verzeichnete man in den ersten neun Monaten einen Produktionsrückgang von 68 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Ein wesentlicher Faktor ist dabei, dass die Herstellung des elektrischen Fiat 500 mehrfach aufgrund mangelnder Nachfrage unterbrochen werden musste. Trotz des vorübergehenden Produktionsstopps hält Stellantis an seinem Plan fest, 100 Millionen Euro in die Entwicklung des Fiat 500e mit Hochleistungsbatterie zu investieren. Ab Anfang 2026 soll zudem die Produktion des neuen 500er Hybrid beginnen.

25.000 Jobs auf der Kippe

Laut Gewerkschaft sind in Italien schätzungsweise 25.000 Arbeitsplätze bei Stellantis sowie in der Zulieferindustrie bedroht. "Im Laufe des Jahres 2025 werden sowohl Stellantis als auch mit dem Konzern verbundene Unternehmen Jobs kürzen. Ohne rechtzeitiges Eingreifen wird es zu Massenentlassungen kommen", erklärte Ferdinando Uliano, Vorsitzender der italienischen Metallergewerkschaft Fim Cisl laut Medienberichten.

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Der Vorsitzende der Gewerkschaft schätzte, dass ohne entsprechende Maßnahmen mindestens 12.000 Arbeitsplätze allein in den Stellantis-Werken auf dem Spiel stünden, und dass ebenso viele oder sogar mehr Arbeitsplätze in den Zulieferbetrieben betroffen sein könnten.

Giuseppe Manca, Leiter der Personalabteilung von Stellantis Italia, betonte jedoch in einem Interview mit dem italienischen Privatsender La7, dass der Automobilhersteller "den Gewerkschaften seinen Geschäftsplan für Italien mitgeteilt habe. Jedem Stellantis-Werk in Italien sei eine Aufgabe bis zum Ende des Jahrzehnts zugewiesen worden. Die Jobs seien nicht gefährdet."