Zehn harte Jahre für VW : Volkswagen-Krise: "VW ist ein Mitarbeiterbeschäftigungsverein zu unüblichen Konditionen“
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Wenn es jetzt heißt, die Party bei VW & Co ist vorbei, dann kann Bernhard Pulferer, CEO des Elektronikfertigers Melecs EWS, nur den Kopf schütteln: „Wir waren zu dieser Party nie eingeladen.“ Seine Industrie gilt seit jeher als margenschwach. Das schlägt sich jetzt doppelt nieder, denn Volumen fehlen ganz oder gehen zurück. „Bei den meisten Programmen fahren wir nicht an der Kapazitätsgrenze, sondern deutlich unter der Auslastung, die beim Zeitpunkt der Nominierung vereinbart war“, sagt Pulferer. Kurios insofern, als die Zulieferwerke bei Vertragsabschluss strenge Screenings durchmachen, ob die Maximalkapazitäten installiert seien. Und ein massives Problem, wenn die Supply Chain erst einmal angetriggert ist und das Material hereinrollt.
„Fixkosten in Form von Anlagen, die man industrialisiert hat, sind dann nicht mehr gedeckt“, sagt der Manager. Eine Sprunghaftigkeit im Abruf, die so weit führt, „dass wir gewisse Programme nicht mehr in Österreich abbilden können“, sagt Pulferer. Elektroniken von Wasserpumpen, die über Tier One in Volkswagen-Fahrzeuge finden, fertigte das Unternehmen vor wenigen Jahren noch in Siegendorf und heute in der nur 108 Kilometer entfernten westungarischen Stadt Győr. Auch mehrere Lichttechnik- Programme wurden heuer nach Ungarn transferiert. „Das ist leider notwendig, um die Aufträge nicht zu verlieren“, sagt Pulferer. Dass der Elektronikfertiger im Frühjahr Automotive-Produktionsprogramme aus dem Burgenland in nennenswertem Umfang nach Győr verlagert hat, ist „als Konsequenz des neuen Kostendrucks“ zu sehen, sagt der CEO.
Gesamtgebäude Zulieferindustrie bedroht
Noch im Sommer, erzählt der Manager des Automobil-Clusters Florian Danmayr, habe die Stimmung in der Zulieferindustrie eigentlich nicht so übel ausgesehen. Von einer stabilen Seitwärtsbewegung war bei der Beiratssitzung die Rede, auch von einem „stabilen Schwebezustand“. Die Planungsqualität im ersten Halbjahr war ganz gut, die Abrufe im Herbst hätten auch nicht außertourlich auf die Stimmung gedrückt. „Wir sind weit weg von Rekordergebnissen, aber im Plan“, sagt Danmayr. Und er übt sich in Zweckoptimismus: „Werden in deutschen VW-Werken Überkapazitäten abgebaut, wird von Österreichs Zulieferern nicht ein Bauteil weniger abgerufen“, sagt Danmayr.
Nachsatz: Natürlich gebe es Einzelbetroffenheiten. Er erwartet, dass die Clusterveranstaltung „Preisverhandlungen in turbulenten Zeiten – Preiserhöhung, Preisverteidigung, Mehr-/Mindermengen und Abbruch-Claims“ Mitte Dezember im Marchtrenker Gasthof Fischer gut gebucht sein wird. Der Automobilberater Engelbert Wimmer sieht dramatischere Auswirkungen infolge des VWCrashs auf Zulieferer zukommen. „Das Gesamtgebäude Zulieferindustrie ist bedroht“, sagt er.
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Anschluss verloren
Die Sparmaßnahmen bei VW gelten als die härtesten seit dem Dieselskandal. Zehn Milliarden Euro muss der Automobilbauer aus Deutschland bis 2026 an Ergebnisoptimierung erreichen, damit eine Rendite von 6,5 Prozent herausschaut. VW hat die Jobgarantie bis 2029 gekippt und will – zum historisch ersten Mal – mindestens ein deutsches Werk schließen. 50 Milliarden Euro Personalkosten fielen 2023 an. In China verliert VW den Anschluss.
Hinzu kommt die Mobilitätswende, mit E-Autos verdienen die Hersteller häufig weniger als an Verbrennern. Zugleich sind Rekordinvestitionen zu stemmen: Das VW-Werk Zwickau wurde ausgehend von 2018 für 1,2 Milliarden Euro von einer lupenreinen Verbrenner- zur Elektroauto-Fabrik umgebaut. Oliver Blume, der im September 2022 als Vorstandschef der Volkswagen AG Herbert Diess gefolgt war, baut nun das 2023 beschlossene Sparprogramm aus.
Flächige Depression
„In Wahrheit gibt es zu Blumes Sparkurs keine Alternative“, sagt der Automobilberater Wimmer. Und nein, es handle sich in Wolfsburg nicht nur um ein Sommergewitter, sondern um „flächige Depression“. Der Absatz werde perspektivisch nicht zu einer erhöhten Auslastung führen können. Er erwartet zehn harte Jahre. VW sei ein „Mitarbeiterbeschäftigungsverein zu unüblichen Konditionen“, sagt der e&Co.-Chef. Die Gehälter lägen branchenunüblich exorbitant hoch, ebenso die Fehlzeiten am Band: Mittlerweile verursache der Produktivitätsverlust Kosten von einer Milliarde Euro pro Jahr. Bei Hyundai fertigt man das vierfache Fahrzeugvolumen pro Mitarbeiter.
Schon zu Winterkorns Zeiten war bei den indirekten Kosten Marktbegleiter Toyota außer Reichweite. Aber: „Gab es früher mit Audi oder Porsche immer irgendjemanden, der die Rechnung beglichen hat, ist das Erfolgsmodell Markenspreizung, mit dem man sich dieses sehr üppige Modell Wolfsburg leisten konnte, jetzt massiv herausgefordert“, sagt Wimmer. Denn auch aus China rücktransferierbare Auslandsgewinne, die für einen Jo-Jo-Optimismus sorgten, sprudeln nicht mehr. Wo VW jahrzehntelang die Nummer eins war und 2018 noch 4,6 Milliarden Euro Gewinn einfuhr, ist die Marke ins Hintertreffen geraten. VW kommt mit seiner Kernmarke nur noch auf einen Marktanteil von 1,9 Prozent im chinesischen Elektrosegment, BYD verkauft 21 Mal so viel.
Redesigns mit China-Teilen für VW
Druck, der gekommen ist, um zu bleiben. So lief das Unternehmen Melecs EWS für ein Modell eines namhaften EV-Herstellers, für das die Burgenländer ein Programm gewonnen hatten und das zuletzt nicht mehr weiterverfolgt wurde, aufwendige leere Meter. „Wenn die Ankündigung von VW, stärker sparen zu müssen, in die Umsetzung gelangt, wird auch unser Unternehmen das spüren“, ist Pulferer überzeugt. Die wenigen Antworten, die man darauf hat: Durch Eindesignen von alternativen elektronischen Bauteilen, oft chinesischer Herkunft – vom Widerstand bis zum Transistor – in die Baugruppen an der Kostenschraube zu drehen.
„VW ist einer der OEMs, der den Preisdruck verschärft, aber nicht der einzige“, sagt Pulferer. Und es geht auch darum, die Produktivitäten in den eigenen Werken kontinuierlich zu steigern. „Wiewohl die Faktorkosten in Österreich derart in die Höhe schossen, dass diese durch Produktivitätssteigerungen allein nicht mehr kompensierbar sind“, sagt der Manager.
Nicht unverwundbar
2015 rechnete der Stahlhersteller Voestalpine im Zuge des Abgasskandals nicht mit ernsthaften Bedrohungen. Und das, obwohl mit Volkswagen die Voest-Division Metal Forming mehr Umsatz machte als in ganz Nordamerika. Das Worst- Case-Szenario, falls Volkswagen gar nichts mehr bestellt? In diesem Fall würde der betreffende Bereich der Voestalpine schon „ein, zwei Jahre kämpfen, um die Produktionsmenge wieder bei anderen aufzubauen“, meinte damals der Vorstand. Doch die Metal Forming Division würde deshalb nicht untergehen. Allerdings sei dieses Szenario kaum vorstellbar, so Peter Schwab – denn „VW ein unsinkbares Schiff“.
Rund ein Viertel seiner abgesetzten Tonnage liefert der Aluminiumhalbzeughersteller AMAG an Automotive. „Anders als oft vermutet sind wir bei weitem nicht so abhängig von der Automobilbranche“, sagt CEO Helmut Kaufmann. Man sei natürlich nicht unverwundbar, doch insgesamt sei die Situation in der Automobilindustrie für das Unternehmen aktuell alles andere als schlecht. So liefert man im Rahmen eines Großauftrags Aluminium in Bändern, welches bei Audi Győr für die Herstellung der Außenhautbauteile sowie Innenstrukturbauteile zum Einsatz kommt.
Ein Teil der im Audi-Werk Győr anfallenden Produktionsabfälle wird außerdem sortenrein in Form von Aluminium- Blechschrotten an die AMAG nach Ranshofen zurückgeliefert, wodurch ein geschlossener Materialkreislauf entsteht. „Qualität und unser breites Produktportfolio sorgen dafür, dass wir uns bis dato gut schlagen“, so Kaufmann. Diversifikation sei seit Jahren die Strategie des Unternehmens. Das bedeute, keine zu großen Abhängigkeiten einzugehen. So gehen die Flachwalzprodukte sehr breit in unterschiedliche Branchen. Und man sieht sich als Spezialitätenlieferant, der Entwicklungsziele wie höhere Festigkeit, spezielle Blechdicken oder hohe Umformbarkeit umzusetzen vermag.
Wegweisend: 2012 entschied man sich im Rahmen des Werksausbau nicht nur ein zusätzliches Warm- und ein neues Kaltwalzwerk zu bauen, sondern auch eine Passivierungsanlage umzusetzen, mit der spezielle Oberflächen für die Automobilindustrie hergestellt werden. Beim Werksausbau wurde auch darauf geachtet, die neuen Walzkapazitäten so auszulegen, dass den Anforderungen der Automobilindustrie nach breiteren Produkten, wie beispielsweise Motorhauben, Rechnung getragen werden kann. „Mit 2300 Millimetern sind wir gewappnet“, sagt Kaufmann.
Preise rückwirkend nachverhandelt
Sehr diversifiziert aufgestellt ist der Hochstraßer Elektronikdienstleister Becom Electronics – vom PoC über die Entwicklung bis hin zur Valdierung, Industrialisierung und Fertigung an drei Produktionsstandorten weltweit erhalten Kunden alles aus einer Hand. Lediglich 45 Prozent des Umsatzes entfallen auf Automotive, der Rest auf Industrie- oder Medizintechnikanwendungen sowie komplexe Embedded- und Sensoriksystemlösungen. Ein Schlüssel, mit dem das Unternehmen laut Geschäftsführer Roman Bock gut leben kann. Denn die Härten des automobilen Zuliefergeschäfts kennt er zur Genüge. Aktuell ziehen sich die Preisverhandlungen schon seit Monaten und enden teilweise in ungewollten Pattsituationen. Und als Zulieferer fungiere man als Bandscheibe zwischen „riesengroßen Kunden und oft noch größereren Suppliern auf der Komponentenseite – mit allen Härten“, sagt Bock.
Wer in der Mitte sitzt, muss ziemliches Risiko in der Supply Chain nehmen, laufend die Risikopositionen evalieren und womöglich eine Multi-Sourcing- Stragie fahren, so der Manager. Auftraggeber würden jährliche Cost Savings fordern, auch unter den ungewissen, volatilen Rahmenbedingungen, denen man noch vor Projektvergabe zustimmen muss. Diese Jahr für Jahr in der stark gestiegenen Kostenstruktur darzustellen, sei ein „Gewaltakt und lasse sich durch Automatisierung nur bedingt kompensieren“, sagt Bock. So werden etwa „KV-Erhöhungen, welche seit 2019 rund 34 Prozent ausmachen“, bei automotiven Kunden in den Preisverhandlungen kategorisch ausgeschlossen. Auch deshalb stehen weitere Produktverlagerungen nach Osteuropa an.
Hexenjagd
In niedersächsischen Werken hat VW bereits Ende des Vorjahres einen Einstellungsstopp verhängt. Doch die Maßnahmen sind nicht genug. Die Überkapazitäten steigen. Konzern-Finanzchef Arno Antlitz machte vor mehr als 10.000 Beschäftigten in Wolfsburg klar: „Wir haben noch ein Jahr, vielleicht zwei Jahre Zeit, das Ruder herumzureißen. Aber diese Zeit müssen wir nutzen.“ Die Marke würde seit längerer Zeit mehr Geld ausgeben als sie einnimmt: „Das geht nicht gut auf die Dauer“, so der Manager. Mische man der Debatte Realismus bei, müsse man erkennen, dass nicht einmal Indien „so überaus dringend unsere deutschen Fahrzeuge braucht“, sagt der Autoberater Engelbert Wimmer.
Herbert Diess habe zu viel angestoßen, sich dann nicht ums Umsetzen geschert. Er habe sich zum Chinachef gekürt und als es dort schlecht lief, nicht aufgeräumt, zitiert ein deutsches Medium Insider. Ob Blume nun die Suppe von Vorgänger Diess auslöffeln müsse, gehe nach Wimmer an der Substanz des Problems eines Konzerns, in der die Beschäftigungssicherung gemäß Satzung auf einer Ebene mit der Gewinnerzielung stehe, vorbei. „Diese Hexenjagd führt zu nichts“, sagt Wimmer.
Am China-Geschmack vorbei
Fakt sei, dass es VW nicht sonderlich gut gelungen sei, den Geschmack bei Fahrzeugen in China zu treffen. Durch Aufbau von eigenen Entwicklungskapazitäten und Partnerschaften wie mit XPENG und SAIC wollte der Konzern nicht nur sein Produktportfolio bei E-Fahrzeugen erweitern, sondern auch lokale Technologien in „China-Speed“ in seine Modelle bringen. Und auch die nächsten 24 Monate ist Geschwindigkeit für das Überleben von VW genauso wichtig wie Effizienz. Dass Trinity, ein Prestigeprojekt des früheren VW-Konzernchefs Diess, auf frühestens 2030 verschoben wird, sei seiner Ansicht nach dagegen folgerichtig, eine permanente Ankündigungswolke wie Teslas Modell 2 sei nicht erstrebenswert. Die Verstimmung aber bleibt. „Das war nicht der erhoffte Brustlöser wie der Golf nach dem Beetle“, sagt er
Verfehlte Zieleorgie
Höchst radikale Investitionsstopps – Stichwort Lopez und die Schattenseiten hemmungsloser Sparpolitik – seien bei VW kein grundsätzliches Novum, meint der Sondermaschinenbauer Andreas Fill. Das erlebe er seit seiner Übernahme des väterlichen Unternehmens im Jahr 2000. Die Bandbreite an Erlebtem reicht von Versteigerungen von Projekten an Billigstbieter bis zu negativen Investitionswellen, die immer wieder über Zulieferer herniederbrachen. Doch mit der „Zieleorgie 2030“, den Umstieg in die E-Mobilität binnen Jahren zu schaffen, „haben sich einige große Player vermutlich verhoben“, meint Fill. Und der Einkaufspreis wurde für VW zum noch entscheidenderen Kriterium.
„VW setzte in seinen Partnerschaften auf Inhomogenität“, sagt Fill. 10 bis 15 Lieferanten halte man sich für eine Komponente oder Technologie heute warm, während andere OEMs einen Bruchteil davon auf die Shortlist setzen würden. Andere Player seien besser abgestimmt. War für die Gurtener Volkswagen vor einem Jahrzehnt noch unter den wichtigsten Abnehmern, sind die Wolfsburger nicht mehr Top 10. „Wir verspürten wenig Kontinuität“, sagt Fill. Die europäische Automobilindustrie ist aktuell mehr gefordert denn je. „Insbesondere die deutsche Regierung hat gezeigt, wie man aus einem Top-Standort einen Hungerpatienten macht“, sagt Fill. „Die Bürokratie, die Gesetzgebung, das ist ein zweiter Druckfaktor, der langsam langweilig wird“, sagt der Unternehmer.
Zulieferer geknebelt
Unmittelbar werden jetzt, „wo VW die Tugenden Fleiß, technische Neugier und Exzellenz vermissen lässt, die Zulieferer geknebelt“, sagt der Automobilberater Engelbert Wimmer. Diese hätten – häufig fremdfinanziert – Expansionen in neue Technologien und Märkte geschultert und „hohe Konzessionen gemacht, um an Volumensaufträge zu kommen, die jetzt nicht abgerufen werden“. Und das, nachdem VW die klassische Einkaufskette mit Systemlieferanten aufgesprengt und den Einkauf selbst in die Hand genommen hätte. Für viele Zulieferer ist die Mischung aus harten Konditionen und geringen Abrufen nicht zu beherrschen. Zukunftsthemen kompensieren dies nicht. „Batteriesystem oder Software wurden zur Eigenleistung deklariert“, sagt Wimmer.
Als sehr verwoben. So fasst Geschäftsführer Bernd Rübig die Tätigkeiten der Rübig Gruppe für den Volkswagen-Konzern zusammen. In Wels erfolgt die klassische Tier-1-Tätigkeit, etwa die Wärmebehandlung von Getriebe- und Kupplungskomponenten für die VW-Werke Kassel und Baunatal. Im slowakischen Werk Prievidza dagegen findet die Wärmebehandlung von Komponenten im Antriebsstrang für Lohnfertigungsbetriebe, die ebenfalls den VW-Konzern beliefern, statt. Während der slowakische Rübig-Standort – 2013 aufgenommen – stetig ausgebaut werden soll, wird die Erweiterung in Wels nicht mehr forciert. „So schmerzhaft es klingt: Aus Österreich lässt sich das Automotive-Geschäft nicht mehr bedienen“, sagt Rübig. Hier, an den 450-Mitarbeiter-Standorten in Oberösterreich, ist die Flaute voll angekommen. „Wir bauen Urlaube ab, nutzen Gleitzeitmodelle, gehen sogar in Minusstunden“, so Rübig.
Europa als Chinas Werkbank?
Eine Folge aus der VW-Misere samt durchgereichtem Spardruck? Bei VW und anderen OEMs müsse natürlich auf stabile, günstige und wettbewerbsfähige Preise geachtet werden. Angesichts der anhaltenden Energiekrise seien die Kosten aber in Österreich nicht zur Gänze in den Preisen unterzubringen. „Da fehlt nicht mehr viel und wir schicken dem OEM auch noch Geld hinterher“, sagt Rübig. Wohl auch deshalb bringt sich das Welser Unternehmen – wie das Who is who der Zulieferindustrie von AVL bis Mahle – Mitte Juli auf der BYD Austrian Supplier Conference in Stellung.
Der chinesische Autobauer plant ein Werk im südungarischen Szeged. „Die Frage der Fertigungstiefe ist allerdings noch weitgehend ungeklärt“, sagt Rübig. Im Raum steht, dass BYD lediglich endassemblieren will, um sich des lästigen Zollthemas zu entledigen. Ungeachtet der drohenden Importzölle geht der Autobauer jedoch weiter in die Offensive. Soeben hat BYD seinen Deutschlandvertrieb selbst in die Hand genommen.
Klumpenrisiko VW?
„Durch das Fehlen von großen Technologiesprüngen ist eine wesentliche Erneuerungsoption für Zulieferer nicht mehr gegeben“, sagt der Automobilberater Wimmer. Von der VW-Krise relativ unberührt sieht sich der Waldviertler Automobilzulieferer Pollmann International. „Wir sind dem Klumpenrisiko VW kaum ausgesetzt“, sagt Christian Schreiberhuber, CEO des Unternehmens. In den Werken Karlstein und Vitis würden derzeit für Zulieferer anderer OEMs Aufträge abgearbeitet. „Wären unsere Abnehmer am Ende nicht diverse Medium- und Premium- Class-OEMs, würde es wohl anders um unsere Auslastung stehen“, sagt Schreiberhuber. Bei der Umsatzentwicklung erwarte man sich heuer keine wesentlichen negativen Effekte. Man sei auch nicht Teil einer Zwei- oder Mehrlieferantenstrategie, ein entscheidender Vorteil in Sachen Substituierbarkeit: „Knetungsgespräche, in denen man so ohne weiteres zum Preisnachlass gedrängt werden kann, haben hier keine Basis“, sagt Schreiberhuber.
„Planungsunschärfen“
Ganz ungetrübt ist das Bild aber auch bei Pollmann nicht. Im südböhmischen Werk Jindřichův Hradec liefen ältere VW-Programme zur Fertigung von Türschlössern und Schiebedächern. „Da merken wir zum Budget eine Abweichung, wenn auch keine signifikante“, sagt Schreiberhuber. Welche er aber unter „Planungsunschärfe“ verbucht.
Als Zuliefermanager hat er gelernt, der Realität ins Auge zu sehen. So ist er auch für Volkswagen zuversichtlich. „Der VW-Konzern wird sich erfangen und wir sehen langfristig weiterhin großes Potenzial in der Zusammenarbeit“, meint er. Und er wundert sich: Als Luca de Meo bei Renault rund eine Million Fahrzeuge Produktionskapazität herausgenommen hat, „hat man davon vergleichsweise wenig gehört“.