Karton- und Verpackungsindustrie : Mayr-Melnhof schließt Werk in Italien

Mayr Melnhof Karton

92 Jobs sind am Standort im italienischen Cervia von einer möglichen Schließung des Mayr-Melnhof-Standortes betroffen

- © APA

Von seinem Standort in der italienischen Stadt Cervia (Provinz Ravenna) will sich der österreichische Kartonhersteller Mayr-Melnhof trennen. Das Werk wurde im Oktober 2022 erworben. Es könnte verkauft oder geschlossen werden. Ein Unternehmenssprecher bestätigte gegenüber der APA, dass 92 Arbeitsplätze gefährdet seien.

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Mayr-Melnhof hatte nach der Übernahme der Verpackungssparte der britischen Essentra das traditionsreiche Pharma-Verpackungswerk Ex Farmografica Cervia übernommen. Wegen der Hochwasserkatastrophe in der norditalienischen Region Emilia Romagna im Mai stand die Produktion in den vergangenen Monaten still. Nach langem Tauziehen mit den Gewerkschaften haben die Eigentümer den Standort Cervia nun endgültig geschlossen und die Entlassung der 92 Beschäftigten angekündigt, teilten die Gewerkschaften mit.

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Umweltkatastrophe als Anlass zur Verlagerung der Produktion?

Die italienischen Gewerkschaften kritisieren, dass Mayr-Melnhof als einziges Unternehmen eine Schließung nach den Unwettern in der Emilia Romagna angekündigt hat. Zudem bemängeln sie, dass das Unternehmen bisher keine ausreichenden Informationen über die Zukunft des Standortes gegeben hat. Die Arbeitnehmerorganisationen kritisieren, dass Mayr-Melnhof die Unwetterkatastrophe zum Anlass für Desinvestitionen in Italien und zur Verlagerung der Produktion dorthin nehme, wo sie die höchsten Profite erzielen könne.

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Inzwischen hat das Unternehmen nicht nur staatliche Hilfen in Anspruch genommen, sondern auch Entschädigungen von einer Betriebsversicherung erhalten, die nach Gewerkschaftsangaben die Erstattung der erlittenen Schäden und Umsatzeinbußen garantiert. "In der Zwischenzeit hat das Unternehmen nicht nur die vom Staat und den italienischen Steuerzahlern zur Verfügung gestellten sozialen Stoßdämpfer in Anspruch genommen, sondern auch Entschädigungen von einer Unternehmensversicherung erhalten, die Erstattungen für die erlittenen Schäden und Umsatzeinbußen garantierte", so die Gewerkschaften.

Die an der Wiener Börse notierende Mayr-Melnhof Karton verzeichnete in den ersten neun Monaten des letzten Jahres einen Ergebnisrückgang im Vergleich zum Vorjahr: Der Periodenüberschuss ging um 71 Prozent auf 91,2 Mio. Euro zurück. Das Ergebnis vor Steuern sank um 72 Prozent auf 118,9 Mio. Euro und das Betriebsergebnis um 65 Prozent auf 159,8 Mio. Euro. Der Umsatz sank um 7,4 Prozent auf 3,197 Milliarden Euro.

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Im August hat das Unternehmen ein Programm mit umfassenden Kosteneinsparungen und Zurückhaltung bei Neuinvestitionen angekündigt, um seine Rentabilität und Liquidität zu sichern. Der Schwerpunkt liegt auf der schnellstmöglichen Wiederherstellung der Margen, um die Nettoverschuldung zu reduzieren und die Wettbewerbsfähigkeit zu stärken.

Soll geschlossen werden: Mayr-Melnhof-Standort im italienischen Cervia

- © Mayr-Melnhof

Gespräche mit Interessenten für die Übernahme laufen

Mayr-Melnof bestätigte, dass bezüglich des Standorts Cervia Konsultationsverhandlungen im Gange seien, die möglicherweise zur Schließung des Standorts führen könnten. "Ein Prozess ist in Gang gesetzt worden. Die Gespräche sind erst am Anfang", erklärte ein Konzernsprecher. Nach einer längeren Pause mit reduziertem Betrieb ist die Anlage nun wieder in Betrieb genommen worden. Derzeit laufen Gespräche mit einem möglichen Interessenten für die Übernahme der Anlage.

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Vor einem Stellenabbau steht das Unternehmen unterdessen auch in Polen. Das Papier- und Kartonwerk in Kwidzyn sollte mit einem Investitionsvolumen von 660 Mio. Euro modernisiert werden. Mayr-Melnhof wird die geplanten Investitionen aufgrund der gesunkenen Nachfrage und der nicht konkurrenzfähigen Holzpreise aus den polnischen Staatsforsten reduzieren. Damit sind rund 110 Arbeitsplätze gefährdet. Mit der Arbeitnehmervertretung wurden Gespräche über eine mögliche Schließung der 'Kleinen Papiermaschine (PM 3)' für Verpackungskraftpapiere - einem Teilbereich des Werkes - sowie über eine Restrukturierung aufgenommen.

Mayr-Melnhof-Standort in Polen: Abbau von bis zu 110 Stellen geplant

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