Karton- und Verpackungsindustrie : Mayr-Melnhof erhält Entschädigung für Unwetterschäden in Italien

Soll geschlossen werden: Mayr-Melnhof-Standort im italienischen Cervia

Mayr-Melnhof will sein Werk in Italien verkaufen

- © Mayr-Melnhof

Der österreichische Kartonhersteller Mayr-Melnhof, der im Oktober 2022 ein Werk in Cervia in der Nähe des Adria-Hafens Ravenna erworben hat, soll von den italienischen Behörden eine Entschädigung für eine Serie von Unwettern erhalten, die das Werk im vergangenen Mai schwer beschädigt haben. Mayr-Melnhof hatte das traditionsreiche Pharma-Verpackungswerk Ex Farmografica Cervia wegen der Flut-Schäden geschlossen. Nun wird ein Verkauf des Werks in Erwägung gezogen.

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Nach Angaben der Gewerkschaften wollen die italienischen Behörden die Entschädigungen auch dann zahlen, wenn Mayr-Melnhof das Werk verkauft. 92 Arbeitsplätze stehen auf dem Spiel.

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- © Industriemagazin

Auch in Polen droht ein Stellenabbau

Mayr-Melnhof übernahm das traditionsreiche Pharmaverpackungswerk Ex Farmografica Cervia im Oktober 2022 im Zuge der Übernahme der Verpackungssparte der britischen Essentra. Aufgrund der Hochwasserkatastrophe im Mai stand die Produktion in den letzten Monaten still. Nach langem Tauziehen mit den Gewerkschaften kündigten die Eigentümer im Januar an, das Werk in Cervia endgültig zu schließen und die 92 dortigen Beschäftigten zu entlassen. Die Gewerkschaften setzen sich gegen die endgültige Schließung des Werks zur Wehr.

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Die italienischen Gewerkschaften beklagen, dass Mayr-Melnhof das einzige Industrieunternehmen sei, das eine Schließung wegen der Unwetter in der Emilia Romagna angekündigt habe. Sie bemängelten auch, dass Mayr-Melnhof bisher keine ausreichenden Informationen über die Zukunft des Standortes zur Verfügung gestellt habe. Die Arbeitnehmerorganisationen kritisierten auch, dass Mayr-Melnhof die Unwetterkatastrophe ausnutze, "um in Italien zu desinvestieren und die Produktion dorthin zu verlagern, wo sie glauben, den größten Profit machen zu können".

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Mayr-Melnhof bestätigte, dass es für den Standort Cervia Gespräche gebe, die auch zu einer Schließung führen könnten. Es gebe Gespräche mit einem möglichen Interessenten, der das Werk übernehmen könnte. "Ein Prozess ist in Gang gesetzt worden. Die Gespräche sind erst am Anfang", erklärte ein Konzernsprecher im Januar. Auch in Polen werden Arbeitsplätze abgebaut. Mit einem Investitionsvolumen von 660 Millionen Euro sollte das Papier- und Kartonwerk in Kwidzyn modernisiert werden. Aufgrund der gesunkenen Nachfrage und der nicht mehr wettbewerbsfähigen Preise für das Holz aus den polnischen Staatsforsten hat sich Mayr-Melnhof entschlossen, die geplanten Investitionen zu reduzieren. Dadurch sind rund 110 Arbeitsplätze in Gefahr. Über eine mögliche Schließung der 'Kleinen Papiermaschine (PM 3)' für Verpackungskraftpapiere - ein Teilbereich des Werkes - und eine Restrukturierung wurden Gespräche mit der Belegschaftsvertretung aufgenommen.

Mayr-Melnhof: Bis zu 110 Stellen sollen hier abgebaut werden
Auch in Polen will der Kartonhersteller Stellen streichen - © Mayr-Melnhof

Gewinneinbruch um 74 Prozent

Der Umsatz von Mayr-Melnhof Karton lag im abgelaufenen Geschäftsjahr deutlich unter dem Rekordwert des Vorjahres, die Ergebnisse verzeichneten einen starken Rückgang. Der Jahresgewinn sank um 74 Prozent auf 89,1 Millionen EUR, das Ergebnis vor Steuern um 71 Prozent auf 136,7 Millionen EUR und das Adjusted EBITDA um 42 Prozent auf 450,2 Millionen EUR. Der Umsatz ging um elf Prozent auf 4,16 Mrd. Euro zurück. Der Kartonhersteller führt dies auf einen Nachfragerückgang sowie Stillstände bei Board & Paper zurück.

Firmenchef Peter Oswald beschrieb das Jahr 2023 so: "Die MM Gruppe stand in 2023 nach dem Rekordergebnis im Vorjahr einer deutlich reduzierten Nachfrage in der Papier- und Kartonindustrie sowie zunehmendem Preisdruck gegenüber. Neben dem Lagerabbau in der Supply Chain waren inflationsbedingte Änderungen im Konsumentenverhalten, welche zu niedrigerem Verbrauch bei Gütern des täglichen Bedarfes führten, sowie die gesamtwirtschaftliche Abschwächung auf unseren europäischen Hauptmärkten wesentliche Ursachen." Das unternehmenseigene "Profit & Cash Protection Programm" werde im laufenden Jahr fortgesetzt und durch gezielte strukturelle Anpassungsmaßnahmen ergänzt. Die zuletzt gestiegenen Produktionskosten sollen über entsprechende Preisanpassungen weitergegeben werden.

Mayr-Melnhof Peter Oswald CEO
Peter Oswald - © Mayr-Melnhof