Wer den diplomierten Chemieingenieur Stephan Sielaff in Mischfaserhemd und Polyesterkrawatte zum Interview trifft, dem ist nicht zu helfen. Munter beginnt der Lenzing-CEO die Recyclingfähigkeit der Kleidung seines Gegenübers zu analysieren. "Bei der Farbe, der Zusammensetzung der Materialien und den Hemdknöpfen könnten wir in punkto Recycling womöglich an Grenzen stoßen", schmunzelt er.
Jedoch: Haute Couture hat viele Gesichter. Und Sielaffs Bonmot soll nicht darüber hinwegtäuschen, dass beim textilen Recycling - von der Baumwoll- bis zur Viskosefaser - zuletzt beachtliche Fortschritte erzielt wurden. So setzt der Faserhersteller auf eine Kooperation mit dem schwedischen Zellstoffproduzenten Södra.
Die Partnerschaft soll die Oberösterreicher in die Lage versetzen, bis 2025 25.000 Tonnen Textilabfälle pro Jahr wiederzuverwerten. Zum Jahreswechsel legte das 8000-Mitarbeiter-Unternehmen aus dem Hausruckviertel nach: In einer Partnerschaft mit Renewcell - die Stockholmer liefern dem Textilhändler H&M tonnenweise einer Circulosefaser - sichert sich Lenzing die Lieferung von bis zu 100.000 Tonnen des "vollrecycelten" Textilzellstoffs. Damit soll der Rezyklatanteil bei den Spezialtextilfasern Tencel und Ecovero auf bis zu 50 Prozent im Unternehmen steigen.
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Mittelfristig plane Lenzing sogar den Bau eigener Recyclinganlagen. Damit würde die Kreislaufführung von Produkten - Lyocellfasern (Tencel) sind biologisch abbaubar und kompostierbar - noch einmal verkürzt. Und energetisch um einiges attraktiver.