Textilindustrie : Faserhersteller Lenzing schreibt fast eine halbe Milliarde Euro ab

Lenzing

Der börsennotierte Faserhersteller Lenzing kämpft weiter mit dem wirtschaftlichen Umfeld und schreibt fast eine halbe Milliarde Euro ab.

- © FRANZ NEUMAYR

Mit einer Abschreibung von fast einer halben Milliarde Euro kämpft der börsenotierte Faserhersteller Lenzing weiter mit dem wirtschaftlichen Umfeld. Wie das Unternehmen am Dienstagabend nach Börsenschluss mitteilte, ergab die jährliche Überprüfung der Werthaltigkeit von Vermögenswerten nach den internationalen Rechnungslegungsvorschriften (IFRS) einen Abwertungsbedarf von bis zu 480 Mio. Euro für das Geschäftsjahr 2023.

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Gründe für die außerplanmäßigen Abschreibungen seien zum einen die nach wie vor bestehenden Unsicherheiten im wirtschaftlichen Umfeld und zum anderen die nach wie vor hohen Kosten für Rohstoffe und Energie sowie die durch das veränderte Zinsumfeld gestiegenen Diskontierungssätze.

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Die außerplanmäßigen Abschreibungen sind nicht zahlungswirksam und haben laut Mitteilung keine Auswirkungen auf das EBITDA des Gesamtjahres 2023, wohl aber auf das EBIT des Geschäftsjahres 2023, wie Lenzing erklärte. Der Lenzing Vorstand konkretisierte in der Aussendung auch die bisherige Ergebnisprognose. Demnach wird das Unternehmen 2023 ein EBITDA von rund 300 Millionen Euro ausweisen. Bisher war ein EBITDA zwischen 270 und 330 Millionen Euro in Aussicht gestellt worden.

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Lenzing war im Jahr 2022 in die Verlustzone gerutscht und schreibt seit diesem Zeitpunkt rote Zahlen. Im Vorjahr hatte sich der Konzern über eine Kapitalerhöhung frisches Geld in Höhe von 400 Millionen Euro besorgt. Außerdem wurde der Abbau von weltweit 500 Stellen beschlossen.

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Das "Performance-Programm" - gemeint ist der Sparkurs - verlaufe nach Plan, erklärte Lenzing-Finanzchef Nico Reiner. "Hier wird künftig allein aus Kostenmaßnahmen ein Ergebnisbeitrag von jährlich mehr als 100 Millionen Euro erwartet, davon werden bereits mehr als 50 Millionen Euro für das Geschäftsjahr 2024 wirksam", so Reiner. Die Neubewertung der Vermögenswerte sei der richtige Schritt für die zukünftige Ausrichtung. Lenzing Vorstandsvorsitzender Stephan Sielaff betonte, dass die Wertberichtigungen nichts an der strategischen Ausrichtung der Lenzing Gruppe ändern.

Nico Reiner wird neuer CFO der Lenzing AG
Lenzing-Finanzchef Nico Reiner - © Lukas Hofstaetter

Kostensenkung um 100 Millionen Euro

Im Einzelnen sind Einsparungen in Höhe von 100 Mio. € vorgesehen. Durch den Abbau von 500 Vollzeitstellen werden 30 Millionen Euro Personalkosten eingespart. Die Personalreduktion soll durch Nichtnachbesetzung von Pensionierungen und natürliche Fluktuation sowie durch Personalabbau erreicht werden. Für die österreichischen Standorte Lenzing und Heiligenkreuz wird derzeit mit dem Betriebsrat ein Sozialplan ausgehandelt, dessen Umsetzung ab dem ersten Quartal 2024 geplant ist.

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"Wir haben bereits Ende 2022 ein ambitioniertes Kostensenkungsprogramm gestartet, das früher als geplant die erwarteten Ergebnisse geliefert hat", sagte Lenzing Vorstandsvorsitzender Stephan Sielaff. Das bisherige Sparprogramm hat die Kosten bereits um über 70 Millionen Euro gesenkt. Im dritten Quartal 2023 konnte ein positiver Free Cash Flow in Höhe von 27,3 Millionen Euro erwirtschaftet werden. Konkret wollte sich Sielaff nicht zur Sicherheit der Arbeitsplätze an den einzelnen Standorten äußern. "Wir werden die Personalsituation immer der Nachfragesituation und der Anlagenauslastung anpassen." Das gelte für alle Standorte.

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Wann das Textilunternehmen unter dem Strich wieder schwarze Zahlen schreibt, ist nicht absehbar."Die Visibilität ist extrem gering", sagt Sielaff. "Wir hoffen, dass wir das Schwierigste hinter uns haben und blicken mit Zuversicht in die Zukunft der Lenzing." In struktureller Hinsicht geht die Gruppe nach eigenen Angaben von einer weiterhin steigenden Nachfrage nach nachhaltigen Fasern für die Textil-, Bekleidungs-, Hygiene- und Medizinindustrie aus. Lenzing will das Wachstum mit Spezialfasern und die Umsetzung der Nachhaltigkeitsziele, insbesondere im Hinblick auf die Transformation vom linearen zum zirkulären Wirtschaftsmodell, vorantreiben.

Sielaff Lenzing CEO Lächelt in die Kamera
Lenzing-CEO Stephan Sielaff - © Sielaff LinkedIn