Weil der Krieg und die Russland-Sanktionen eine große Rolle bei der Insolvenz gespielt haben: Waren die Sanktionen ein Fehler?
Christof: Nein, aber man muss sehen, dass die Sanktionen über Drittstaaten umgangen werden. Sie bekommen heute in Russland alles, was sie wollen. Es kostet viel mehr und es kommt nicht auf direktem Weg, aber man bekommt es. Die Sanktionen an sich würde ich dennoch nicht als Fehler sehen, wohl aber die blinde Unterstützung für eine der Konfliktparteien. Das Liefern von Kriegsmaterial, ohne von beiden Seiten eine diplomatische Lösung einzufordern, das ist aus meiner Sicht ein strategischer Fehler.
Als Sie erkannten, dass an einer Insolvenz kein Weg vorbeiführt: Wie war da die Gefühlslage? Früher einmal, habe ich mir erzählen lassen, war für einen Unternehmer eine Insolvenz etwas, was niemals passieren durfte, ein Todesstoß für das unternehmerische Selbstbild.
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Christof: Jeder, der behauptet, er hätte so etwas spurlos verkraftet, belügt sich selbst. Das geht an einem nicht spurlos vorbei. Ich bin 62, ich bin seit 1988 Unternehmer, ich hatte, auch wenn nicht immer alles nach Wunsch lief, viel Erfolg und dann musste ich diesen Gang tun. Du sitzt den Gläubigern gegenüber und musst dich erklären. Das ist eine extrem schwierige Situation. Auch weil man sich natürlich denkt, Geschäftspartner im Stich gelassen zu haben, sie nicht bezahlen konnte. Ich bin da emotional sicher an eine Grenze gelangt.
Sie hatten aber immerhin den Vorteil, nicht existenziell bedroht zu sein.
Christof: Ja, das stimmt, keine Frage, und ich habe eine Frau und eine großartige Familie, die mir gerade in dieser Zeit sehr viel Kraft und Unterstützung gegeben haben. Nur: Du kannst dich in so einer Situation nicht ins Private zurückziehen. Ich habe mich von Anfang an für den proaktiven Weg entschieden. Ich war bei jeder Tagsatzung dabei, ich bin persönlich und mit meinem Team auf Partner und Zulieferer zugegangen, habe das Gespräch gesucht und mich bemüht, eine Basis aufzubauen, um nach einer Sanierung wieder zusammenzuarbeiten. Das war nicht einfach, war aber jedenfalls der richtige Weg. Christof Industries hat die Sanierung geschafft und ist für die Zukunft gut und effizient aufgestellt.
Sie sagen: Im September 2022 haben Sie gemerkt, es geht sich nicht mehr aus. Gab es auch den gegenteiligen Moment, den Punkt, an dem Sie wussten: Die Sanierung wird gelingen?
Christof: Ich war von Anfang an überzeugt, dass sie gelingen wird. Wie schon gesagt: Wir haben ja in den Jahren zuvor massiv in neue Technologien, in Dekarbonisierung, in Zukunftsthemen investiert. Wir sind ja, so absurd das klingen mag, mit vollen Büchern und 40 Prozent Eigenkapitalquote in die Insolvenz gegangen. Wir haben während der Sanierung auch alle Projekte fortgeführt, die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind extrem unterstützend hinter dem Unternehmen gestanden, das Kundenvertrauen war trotz Krisenmodus groß.
Es gab absolut keinen Grund, nicht daran zu glauben, dass die Sanierung glückt. Uns kam aber noch etwas anderes zugute: Heute ist es gerade in den Feldern, in denen wir tätig sind, alles andere als selbstverständlich Unternehmen zu finden, die das Know-how und die Kapazitäten haben, neue Projekte durchzuführen. Wir haben das und deshalb kommen die Kunden auch wieder auf uns zu.
Was wird nach der Sanierung anders bei der Christof Industries? Wird etwas anders?
Christof: Eine Sanierung ist ein Prozess, vieles ist schon anders geworden. Wir haben die Verantwortlichkeiten im Unternehmen anders verteilt, uns fokussierter aufgestellt. Ein Learning ist auch, dass wir in Zukunft stärker auf die Ertragskomponente schauen werden als auf den Umsatz und eben auch auf die Liquidität, denn das macht in einem Krisenfall unabhängiger.
Den bisherigen Geschäftsfeldern bleiben Sie treu?
Christof: Ja, wobei wir auch hier fokussieren. Aus der Christof Industries Austria, die auf Montage und Service spezialisiert ist, haben wir den spezialisierten Anlagenbau für die Baustoffindustrie mit EPCM-Projekten herausgelöst. Wir konzentrieren uns nun noch stärker auf jene Felder, wo es gut läuft und wo wir stark und flexibel aufgestellt sind wie etwa auf die Papier- und Zellstoffindustrie, Kraftwerke und Energie. Das internationale Servicegeschäft speziell für die Eisen- und Stahlindustrie machen wir von der Slowakei und Tschechien aus, das läuft hervorragend. In Rumänien sind wir in der Oil-and-Gas-Industry voll im Nachhaltigkeitsthema involviert.
Wir haben da unter anderem einen mehrjährigen Vertrag, wo wir per Drohnen, die mit Kameras und Geruchssensoren ausgestattet sind, Leckagen aufspüren. Damit sparen wir täglich 40 bis 50 PKWs ein und erhöhen die Arbeitssicherheit immens. Das ist ein gewaltiger positiver ökologischer und sozialer Impact, wir rollen das Projekt gerade von Rumänien in andere Länder aus. Und wir haben das klare Ziel, den Übergang von der fossilen Energieanwendung zu ressourcenschonender Energieplanung zu begleiten. Deshalb engagieren wir uns sehr stark im Bereich Wasserstoff.
Apropos Wasserstoff: eine Idee, die immer wieder auftaucht, ist die Produktion von grünem Wasserstoff im großen Stil im Ausland, dort wo es viel Wind oder Sonne gibt, in Südamerika oder im Mittleren Osten. Was halten Sie davon?
Christof: Das wird wahrscheinlich bis zu einem gewissen Grad nicht anders machbar sein. Grundsätzlich sollten wir uns aber als Europa viel mehr auf unsere Stärken besinnen und so unabhängig zu sein versuchen, wie nur möglich. Das sind wir nicht, weil wir uns selbst im Weg stehen, weil es in Europa wirklich schwer ist für neue Innovationen, Venture-Kapital zu finden.
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Man hört, dass sie, um besser an Finanzierungen zu kommen, auf der Suche nach einem Investor sind. Wird Christof am Ende gar nicht mehr Christof heißen?
Christof: Ich habe nicht die Absicht, Mehrheiten abzugeben oder mich zurückziehen. Ich fühle mich als Unternehmer und Gestalter verpflichtet, die Transformation einer ganzen Industriegeneration voranzutreiben. Christof wird immer Christof bleiben. Wir haben viel vor - gerade im Bereich umwelt- und ressourenschonender Produktion, wo wir hunderte Millionen von Tonnen an CO2 mit unseren Technologien einsparen können.
Diese Projekte will ich maßgeblich umsetzen, weil ich sie für enorm wichtig halte. Dafür brauchen wir die notwendigen Finanzmittel. Deshalb suche ich nach einem Investor, der hier den Weg mit uns gemeinsam gehen will und es gibt großes Interesse am Markt.